Strategien


DM-Drogeriemärkte

Wenn alle Bescheid wissen

Horst Ellermann ist Herausgeber des CIO-Magazins und Ambassador für CIOmove in Deutschland.



Im Juni hat Filiadata das letzte der mehr als 600 DM-Geschäfte in Deutschland an das Data Warehouse angeschlossen. Werkzeuge zum Extrahieren, Transformieren und Laden von Daten aus den operativen Systemen (ETL-Tools) haben die Mitarbeiter von Filiadata mit der Programmiersprache C++ selbst entwickelt. Als Rolap-Tool kommt der DSS-Agent von Microstrategy zum Einsatz. Was Produktmanager und Marketing-Fachleute schon seit langem nutzen, steht in einfacherer Form jetzt auch den Mitarbeitern aus den Filialen zur Verfügung. Die DM-Geschäftsführer versprechen sich von der Datendemokratisierung, dass "Leichen", also Artikel, die nicht mehr nachgefragt werden, rechtzeitig aus dem Sortiment genommen werden. "Wir können so schneller Platz schaffen und neuen Produkten eine Chance geben", lobt Harsch. "Finanziell ist das ein enormer Vorteil."

Mit dem Software-Anbieter Microstrategy konnte Harsch 1997 zwar ein günstiges Angebot aushandeln, da man eine Art Pilotkunde gewesen sei. Die Kosten der skalierbaren Lösung für Echtzeitanalysen liegen für bislang 1000 Mitarbeiter und rund 300 Zulieferer jedoch immer noch im siebenstelligen Bereich. "Wir sehen das als eine strategische Entscheidung", sagt Harsch. "1979 hat zum Glück auch niemand gefragt, was Scanning bringt."

DM ist daraus ein strategischer Vorteil erwachsen. Die Kassiererinnen freuen sich schon ein paar Jahre länger als Kolleginnen in anderen Einzelhandelsketten darüber, dass sie Waren einfach über einen Scanner ziehen können. Harsch erwähnt dieses Beispiel gern, weil es belege, wie schnell die junge Drogeriekette neue Technik für sich umzusetzen wisse. 1985 habe man auch schon eine relationale Datenbank installiert, die - sehr viel stärker verdichtet - die gleichen Informationen beinhalte wie die heutige Lösung; nur habe das damals noch nicht Data Warehouse geheißen, sagt Harsch: "Bei uns hat das Kind erst seit Einführung von Microstrategy diesen Namen."

Harsch ist es egal, wie die Technik heißt: "Ich kann mit den ganzen Begriffen nichts anfangen. Auch das Schlagwort Business Intelligence halte ich für viel zu abstrakt." Für die DM-Geschäftsführer jedenfalls bedeutet es, dass sie Tag für Tag den Warenfluss samt Bestellungen bis zu jeder Filiale oder jedem Artikel zurückverfolgen können. Bondaten aus 30 repräsentativen Filialen liefern ihnen Einblicke in die Warenkörbe. Mit der Einführung von Payback-Karten im Herbst 2000 reicherte DM seine Business Intelligence noch um zielgruppenspezifische Kundeninformationen an.

IT-Manager Harsch verbindet damit die Hoffnung, Streuverluste in der Werbung zu mindern. Insgesamt führten Kunden-Cluster-Daten zu sehr viel spannenderen Erkenntnissen als die Analyse anonymer Warenkörbe. "Da finden Sie nur Dinge heraus, die Sie sowieso schon wissen", sagt Harsch - zum Beispiel, dass in Läden auf der grünen Wiese immer mehr Mütter kommen. Harsch findet das banal. Oberacker auch. Vielleicht lässt sich daraus aber die einfachste Definition für einen inflationär gebrauchten Begriff ableiten: Business Intelligence ist, wenn es alle wissen.

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