Laut Studien kann jeder Siebte betroffen sein

Wenn Aufschieberitis die Karriere bremst

20.08.2008
Von Nicolas Zeitler
Bestimmte Persönlichkeitsmerkmale begünstigen wahrscheinlich die Aufschieberitis, meint der Psychologe Professor Fred Rist. Ausgeprägte Impulsivität könnte einer der Faktoren sein.
Bestimmte Persönlichkeitsmerkmale begünstigen wahrscheinlich die Aufschieberitis, meint der Psychologe Professor Fred Rist. Ausgeprägte Impulsivität könnte einer der Faktoren sein.
Foto: Uni Münster

Auch wenn sich die meisten Arbeiten zum krankhaften Aufschieben mit Studenten befassen - Psychologen beobachten sie unter anderem wegen ihrer relativ einheitlichen Arbeitsanforderungen besonders häufig - ist die Störung nach Einschätzung von Rist in anderen Teilen der Bevölkerung kaum seltener verbreitet. "Dazu könnte man Finanzämter befragen, die auf die Steuererklärungen warten", meint der Psychologe.

Windows-Spiele statt klärender Gespräche

Das typische Verhaltensmuster von Aufschiebern besteht darin, unwichtige Tätigkeiten wichtigen vorzuziehen. Sie surfen im Internet, räumen den Schreibtisch auf oder spielen stundenlang Minesweeper auf dem PC. Die Präsentation bleibt derweil unbearbeitet, auch das dringend notwendige Gespräch mit dem Kollegen, um einen Konflikt beizulegen, wird nicht geführt. Allgemein gesprochen: Der Betroffene nimmt die Aufgaben, die er an und für sich selbst als vorrangig betrachtet, nicht in Angriff.

Eine "paradoxe Erfahrung", schreiben in einem Aufsatz Rist und Margarita Engberding, die Leiterin der Psychotherapie-Ambulanz an der Universität Münster. Aufschiebern ist ihr Verhalten demnach meist vollauf bewusst. Sie können detailliert beschreiben, mit welchen Tätigkeiten sie sich vor dem eigentlich Wichtigen drücken. Viele bezeichnen die vorgezogenen Handlungen dabei selbst als stumpfsinnig und lästig.

Flucht vor englischsprachigen SOA-Fachtexten

Der Grund, warum Prokrastinierer Aufgaben vor sich her schieben, liegt darin, dass sie sie als besonders lästig oder unangenehm bezeichnen - und zwar in höherem Maße als Menschen, die dieselben Aufgaben ohne Verzögerung erledigen. Rist zufolge ist das eine Art "Fluchtverhalten": Mit der Maus die Karten einer Patience auf dem Bildschirm herumzuschieben, bereitet schnell Freude; hundert Seiten englischsprachige Fachliteratur zu SOA in eine Präsentation umzuarbeiten, ist dagegen zunächst vor allem mühsam.

Warum manche Menschen sich vor ihren Pflichten drücken und andere sie ohne zu murren erledigen, ist von den Fachleuten noch nicht eindeutig geklärt. Von der Schwere einer zu erledigenden Aufgaben hängt das Leiden wahrscheinlich nicht ab. Eher befällt das Aufschieben Menschen mit Persönlichkeitsmerkmalen, die das Selbstmanagement beeinträchtigen.

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