Undankbare Extrameile

Wer loyal ist, wird ausgenutzt



Florian Maier beschäftigt sich mit diversen Themen rund um Technologie und Management.
Eine aktuelle Studie zeigt: Geht es um unbezahlte Mehrarbeit und die berühmte Extrameile, tendieren Manager dazu, loyale Mitarbeiter auszunutzen.
Loyale Mitarbeitende laufen Gefahr, vom Management ausgenutzt zu werden - wie eine aktuelle Studie nahelegt.
Loyale Mitarbeitende laufen Gefahr, vom Management ausgenutzt zu werden - wie eine aktuelle Studie nahelegt.
Foto: ADragan - shutterstock.com

Eine Analyse von Wissenschaftlern der Universitäten von Arizona und West Virginia zeigt, dass Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber ein zweischneidiges Schwert ist. Wer seiner Job besonders engagiert nachgeht, läuft demnach Gefahr, regelmäßig für Überstunden und Sonderaufgaben "auserwählt" zu werden.

"Unternehmen wollen loyale Mitarbeiter, die ihren Arbeitgebern zahlreiche Benefits erschließen", kommentiert Matthew Stanley, Ph.D. und Lead Researcher des Projekts. Er stellt fest: "Allerdings sieht es so aus, als ob genau diese Beschäftigten oft ausgenutzt werden."

"Ein Teufelskreis"

Im Rahmen der Studie wurden 1.400 Manager (online) mit einem fiktiven Mitarbeiter namens John konfrontiert. Das Szenario: Das Unternehmen ist knapp bei Kasse. Um Kosten zu sparen, mussten die Führungskräfte bestimmen, ob und in welchem Umfang sie bereit wären, John mit unbezahlten Überstunden und Mehrarbeit zu belasten.

Dabei zeigte sich, dass die Manager den Mitarbeiter vor allem dann mit Arbeit überhäuften, wenn dieser zuvor als besonders loyal charakterisiert wurde. Und wann gilt ein Mitarbeiter als loyal? Wenn er dafür bekannt ist, bereitwillig die berühmte Extrameile zu gehen. "Es ist also ein Teufelskreis", kommentiert Stanley. "Loyale Mitarbeiter werden gezielt ausgenutzt. Und wenn sie dieses Spiel mitspielen, werden sie als noch loyaler wahrgenommen und sehr wahrscheinlich in Zukunft weiter ausgenutzt."

Das ist den Studienautoren zufolge zum einen deswegen so, weil Manager glauben, persönliche Opfer seien für gute Mitarbeiter selbstverständlich. Doch oft stecke auch schlicht Ignoranz dahinter, wie Stanley ausführt: "Die meisten Manager sind nicht bösartig. Solche Fälle sind oft auf 'Ethical Blindness' zurückzuführen: Menschen erkennen dann einfach nicht, dass ihr Verhalten im Kontrast zu ihren eigenen Grundsätzen und Werten steht."

Aus dem Teufelskreis könnten sich Führungskräfte am ehesten befreien, wenn sie sich ihrer blinden Flecken in Sachen Ethik bewüsst würden. Dass Loyalität ausgenutzt werde, sei ein unglücklicher Effekt, der auch bei anderen positiven Charakterzügen wie etwa Großzügigkeit zu beobachten sei: "Unsere Forschung will nicht nahelegen, dass man Loyalität über Bord werfen sollte. Das würde in ein Desaster führen. loyale Mitarbeiter werden ja hoch geschätzt und oft auch für ihren Einsatz belohnt. Uns ist wichtig, dass auch die negative Seite gesehen wird. Lösungen zu finden, ist komplex."

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