Die wöchentliche CIO-Kolumne

Wer schämt sich fürs Fremdgehen?

Heinrich Seeger arbeitet als IT-Fachjournalist und Medienberater in Hamburg. Er hat über 30 Jahre IT-journalistische Erfahrung, unter anderem als Gründungs-Chefredakteur des CIO Magazins. Er entwickelt und moderiert neben seiner journalistischen Arbeit Programme für Konferenzen und Kongresse in den Themenbereichen Enterprise IT und Mobile Development, darunter IT-Strategietage, Open Source Meets Business, droidcon und VDZ Tech Summit. Zudem gehört er als beratendes Mitglied dem IT Executive Club an, einer Community von IT-Entscheidern in der Metropolregion Hamburg.
Offshore ist auf dem besten Weg, Karriere als Tuschelwort zu machen: Software-Entwicklungskosten, die um 50 Prozent oder mehr unter den hiesigen Preisen liegen, sind eine Verlockung, der sich kaum ein IT-Manager entziehen kann. Gleichzeitig scheinen sich mit dem Billig-Sourcing von Programmierkapazitäten jedoch Befürchtungen zu verbinden.

Wer Software-Entwicklungsaufträge an Dienstleister in Russland, Indien oder Polen vergibt, will hohe Qualität, ohne dafür die im internationalen Vergleich - trotz neuer Bescheidenheit -immer noch hohen Programmierer-Honorare hierzulande zu bezahlen. Dahinter steckt nur das weltmarktwirtschaftliche Prinzip. Gegen das Motto "Wasch mich gründlich, aber mach mich nicht nass" ist in diesem Kontext also nichts einzuwenden, denn es bezeichnet den Zweck des Offshore-Sourcing recht präzise.

IT-Verantwortliche sind normalerweise nicht übertrieben zurückhaltend,wenn es darum geht, Spar- und andere Erfolge vorzuweisen, um ihre Position im Unternehmen zu festigen. Und wenn sie, was oft passiert, im Unternehmen kein direktes Gehör finden, bietet sich der Weg über die Öffentlichkeit an. Geschichten in CIO profitieren oft vom Informationszufluss auf diesem Umweg; insofern ist uns diese Praxis ganz recht.

Aber warum treffen wir auf so viel Zurückhaltung bei IT-Entscheidern, wenn es darum geht, über ihre Erfahrungen mit Programmierleistungen aus Billiglohnländern zu berichten? Wer das erste Projekt noch vor sich hat, könnte wertvolle Hilfen, Anregungen und Warnungen ziehen aus den Erfahrungen derjenigen, die die speziellen Probleme des Offshore-Sourcing in den Griff bekommen haben: internationale Rechtsfragen, ProjektmanagementProjektmanagement über Länder- und Sprachgrenzen hinweg, Opposition vom Betriebsrat etc. Alles zu Projektmanagement auf CIO.de

Der letzte Absatz enthält keine Suggestivfrage; über ein paar schwach fundierte Spekulationen (eine davon: Offshore-Sourcing ist wie Fremdgehen: Man tut es, redet aber höchstens mit den Vertrautesten darüber) hinaus haben wir wirklich keine Antwort - und hoffen deshalb, dass sich unter den Newsletter-Lesern CIOs mit Offshore-Erfahrungen finden, die uns und unsere Leser daran teilhaben lassen möchten. Wie auch immer: Sorge um die geplante Offshore-Geschichte ist in keinem Fall angebracht; die Kollegen werden sich auch von zähen Recherchen in keinem Fall entmutigen lassen. Die Story kommt im Juli-Heft von CIO.

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