Strategien


Gamifikation

Wer spielt, arbeitet motivierter

31.07.2019
Von Jürgen Rees

Magisches Rezept

Etwas gelassener geht es bei dem Klassiker "Geocaching" zu. Bei der digitalen Schnitzeljagd suchen Mitspieler auf der ganzen Welt mit GPS-Geräten nach versteckten Schätzen, die in wasserdichten Behältern irgendwo versteckt sind und die der Finder im Tausch mit einer neuen Gabe behalten darf. Mittlerweile soll es mehr als zwei Millionen solcher versteckten Schätze geben. Ganz offensichtlich helfen solche Spiele, den inneren Schweinehund zu überwinden, der einen sonst auf dem Sofa festhält.

Nicht um eine Schatzsuche, sondern um Ablenkung von Schmerzen geht es bei dem Spiel "Snow World". Das haben Ärzte des Harborview Medical Center in der amerikanischen Stadt Seattle für Brandverletzte während der äußerst schmerzhaften Wundreinigung entwickelt. Erstaunliches Ergebnis: Die Ärzte senken die Schmerzwahrnehmung ihrer empfindlichen Patienten mit dem Spiel deutlich effektiver als mit hochdosierten opiumähnlichen Medikamenten.

In Deutschland zögern Krankenhausärzte meist noch, Spiele einzusetzen, in den USA kommen immer mehr Patienten in den Genuss. Eines der teuersten und aufwendigsten ist das Projekt Re-Mission, das Pam Omidyar angestoßen hat, die Frau des Ebay-Gründers Pierre Omidyar. Spielerisch wird dort der Krebs besiegt, was die Widerstandskraft der Patienten und ihre Bereitschaft stärken soll, bei der oft langwierigen Therapie mitzumachen: So rauscht der Spieler beispielsweise als weißes Blutkörperchen durch den Körper. Deren Lieblingsspeise sind kleine und große Tumorzellen, die überall herumschwirren. Klar, dass der Spieler schnell die Verfolgung aufnimmt und versucht, so viele der schädlichen Krebszellen wie möglich zu verspeisen.

Gesundheit und Kundenbindung kombinieren clevere Angebote wie "Nike+". Ein Armband namens Fuelband des Sportartikelanbieters registriert alle Bewegungen seines Trägers, übersetzt diese in einen Zahlenwert, mit dem sich jeder mit anderen Nutzern auf der ganzen Welt messen kann. Natürlich kann der Träger auch mit der Bestzeit seiner Laufrunde durch den Park prahlen. So stehen alle Jogger dieser Welt plötzlich im Wettbewerb miteinander - zumindest im Netz. Erwünschter Nebeneffekt für Nike: Das Spiel gilt in der Branche als extrem klebrig, weil es seine Nutzer immer wieder auf die Nike-Produktseiten führt.

Es klingt wie ein magisches Rezept: Einfach Kunden und Mitarbeiter ein wenig zocken lassen, Punktetabellen einrichten, virtuelle Orden und Belohnungen verteilen- und schon steigen Spaß, Umsatz und Produktivität.

Doch ganz so einfach ist es nicht, weiß Spieleexperte Walz: Ein nachhaltiges Spiel in einem Unternehmen müsse einen echten Nutzen bieten, die Teilnahme freiwillig sein, immer spannend und nie demotivierend. "Nur Punkte verteilen reicht nicht."

(Quelle: Wirtschaftswoche)

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