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Vom Filmentwickler zum Fotofinisher

Wie CeWe Color den Filmriss überlebte

Werner Kurzlechner lebt als freier Journalist in Berlin und beschäftigt sich mit Rechtsurteilen, die Einfluss auf die tägliche Arbeit von Finanzentscheidern nehmen. Als Wirtschaftshistoriker ist er auch für Fachmagazine und Tageszeitungen jenseits der IT-Welt tätig.
Insgesamt 85 Prozent des klassischen Geschäfts sind dem Fotoentwickler CeWe Color in nur acht Jahren weggebrochen. Die Oldenburger Unternehmensgruppe hat trotzdem überlebt. Fundament des Bestehens im digitalen Zeitalter ist vor allem die IT.
Joachim Marz, IT-Leiter bei CeWe Color: "Wir machen immer noch 20 Prozent unseres Umsatzes im Analog-bereich."
Joachim Marz, IT-Leiter bei CeWe Color: "Wir machen immer noch 20 Prozent unseres Umsatzes im Analog-bereich."

IT-Leiter Joachim Marz spricht vom digitalen Zeitalter wie von der zweiten Geburt. CeWe Color ist europäischer Marktführer im "Fotofinishing", wie die Branche auf Neudeutsch heißt. Früher verdiente das Unternehmen sein Geld, indem es die Negative der Urlauber zu schönen Fotos entwickelte. Dieser Service büßte allerdings in Rekordgeschwindigkeit seine Tragfähigkeit ein: 191 Millionen Fotofilme gingen laut Photoindustrie-Verband noch im Jahr 2000 über die Verkaufstresen, 2008 waren es nur noch 30 Millionen Stück – ein Einbruch von 85 Prozent. Die Mehrheit knipst heute digital, viele denken nur noch vor dem Bildschirm an ihre Reisen zurück.

Klassische Farbfilme zu entwickeln ist kaum noch ein Markt. Viel größere Nachfrage entsteht gerade nach Fotobüchern.
Klassische Farbfilme zu entwickeln ist kaum noch ein Markt. Viel größere Nachfrage entsteht gerade nach Fotobüchern.

Oder sie lassen doch Abzüge der besten Motive machen, verschenken Kalender mit eigenen Fotos, schlürfen ihren Frühstückskaffee aus Tassen mit ihrem Lieblingsbild und blättern in professionell gemachten Fotobüchern mit Wikipedia-Erklärungen zu den besuchten Sehenswürdigkeiten. Genau diesen Wachstumsmarkt hat sich CeWe Color in den vergangenen Jahren erschlossen und so erfolgreich seine Verluste im Feld der analogen Fotografie abgefedert.

Oma Gerda und Onkel Franz, die ihre lieb gewonnenen Kameras weiterhin benutzen, werden zwar nicht links liegen gelassen. "Wir machen immer noch 20 Prozent unseres Umsatzes im Analogbereich", sagt Joachim Marz. Aber zu den Laboren, in denen nach wie vor Filme im Silber-Halogenit-Verfahren entwickelt werden, sei beispielsweise in der Oldenburger Zentrale Europas größte Digitaldruckerei hingekommen, wie der CIO nicht ohne Stolz berichtet. An elf von 13 Standorten in Europa bedrucken rund 50 Digitaldrucker DIN-A3-Bögen vierfarbig.

Klangvolle Namen wie Agfa sind weg

420 Millionen Euro Umsatz machte CeWe Color nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr. Der Marktanteil in Europa beträgt 40 Prozent. Der unangefochtene Spitzenplatz erklärt sich auch damit, dass andere Wettbewerber den Umbruch nicht bewältigen konnten oder wollten. Ehedem klangvolle Namen wie Agfa sind vom Fotomarkt gänzlich verschwunden, andere wie Kodak gaben ihr Fotofinishing auf. Vor allem aber hat sich CeWe Color selbst gut aufgestellt und zum Beispiel den osteuropäischen Markt erobert. In Ungarn, der Slowakei und Polen liegt der Marktanteil bei 90 Prozent und darüber, in Tschechien bei 75 Prozent.

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