Kündigungsgespräche führen

Wie Chefs kündigen sollten

Alexander Pifczyk ist Partner bei der Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Führung, Change- und Projekt-Management.
Mitarbeitern ihre Kündigung mitzuteilen, gehört zu den heikelsten Führungsaufgaben. Entsprechend sorgfältig sollten sich Chefs auf Kündigungsgespräche vorbereiten.

"Als ich abends von der Arbeit nach Hause kam, lag meine Kündigung im Briefkasten. Und als ich am nächsten Morgen ins Büro kam? Da wussten schon alle Kollegen Bescheid und schauten betroffen weg. Der Einzige, der nicht zu sehen war, war mein Chef. Der hatte sich Urlaub genommen."

Achten Sie darauf, dass das Selbstwertgefühl der zu kündigenden Mitarbeiter erhalten bleibt. So werden die verbleibenden Mitarbeiter nicht unnötig demotiviert.
Achten Sie darauf, dass das Selbstwertgefühl der zu kündigenden Mitarbeiter erhalten bleibt. So werden die verbleibenden Mitarbeiter nicht unnötig demotiviert.
Foto: baranq - shutterstock.com

Kündigung - so geht saubere Trennung

Zugegeben, so stil- und taktlos verlaufen Entlassungen selten. Doch viele Führungskräfte scheuen sich, Mitarbeitern deren Kündigung persönlich mitzuteilen. Und ist diese ausgesprochen, gehen sie den Gekündigten aus dem Weg. Das hat Konsequenzen. Der Gekündigte sieht sich und seine Arbeit herabgewürdigt. Er verliert gegenüber seinen Kollegen kein gutes Wort mehr über seinen Arbeitgeber. Und deren Arbeitsmoral sinkt. Unter anderem, weil sie befürchten: "Irgendwann wird mein Arbeitgeber so auch mit mir verfahren."

Unternehmen sollten eine Trennung von Mitarbeitern - die zuweilen unabdingbar ist - möglichst sauber und fair gestalten. Sie sollten dabei darauf achten, dass:

  • das Selbstwertgefühl der zu kündigenden Mitarbeiter gewahrt bleibt,

  • die verbleibenden Mitarbeiter nicht unnötig demotiviert werden und

  • die Firma keinen langfristigen Schaden erleidet.

Mit einer sorgfältigen Vorbereitung geht das Entlassungsgespräch leichter über die Bühne. Folgende Fragen sollten vor jeder Kündigung beantwortet werden können:

  • Nach welchen Kriterien wird entschieden, wer entlassen wird?

  • Zu welchem Zeitpunkt erfolgt die Kündigung?

  • Wann und wie wird die Kündigung ausgesprochen?

  • Wer führt die Kündigungs- und Trennungsgespräche?

  • Wie werden die verbleibenden Mitarbeiter über die Kündigungen informiert?

  • Wie werden sie gegenüber den zu kündigenden und den verbleibenden Mitarbeitern begründet?

  • Wie gestalten wir die Trennung?

Kündigungsgespräch führen - das ist wichtig

In der Regel sollte der unmittelbare Vorgesetzte die betroffenen Mitarbeiter über ihre Kündigung informieren - selbst wenn diese von der Personalabteilung versandt wird. Soll die Kündigung mit dem Trennungsgespräch verknüpft werden oder getrennt stattfinden? Die Entscheidung hierüber sollten Sie von folgenden Faktoren abhängig machen:

  • Wer ist Ihr Gegenüber?

  • Wie wird er/sie vermutlich reagieren?

  • Rechnet der Mitarbeiter bereits mit einer Kündigung oder fällt er aus allen Wolken?

Ist Letzteres der Fall, ist ein Trennen von Kündigungs- und Trennungsgespräch meist die angemessenere Lösung. Das gibt dem Gekündigten die Chance, den Schock zunächst zu verdauen und sich auf das Kündigungs- beziehungsweise Trennungsgespräch vorzubereiten.

Oft wollen Führungskräfte das Kündigungsgespräch möglichst schnell hinter sich bringen. Die Folge: Sie stoßen den Mitarbeiter vor den Kopf, indem sie das Gespräch unvermittelt mit der Nachricht "Sie sind entlassen" beginnen. Manche scheuen sich aber auch, die unangenehme Botschaft auszusprechen und reden um den heißen Brei herum. Beides ist unangebracht.

Überlegen Sie sich eine adäquate Gesprächseröffnung, bei der Sie nicht endlos zum Beispiel über die ungünstige wirtschaftliche Lage oder die nötige Umstrukturierung Ihres Betriebs sprechen. Das erhöht unnötig die Qualen des Mitarbeiters, der meist schnell ahnt, wohin das Gespräch führt. Kommen Sie nach einer kurzen Einleitung zur Sache. Sagen Sie zum Beispiel: "Wie Sie wissen, ist unser Auftragsvolumen um ein Drittel eingebrochen. Deshalb musste die Unternehmensführung einige Sparmaßnahmen beschließen. Dazu zählen vier betriebsbedingte Kündigungen in unserem Bereich. Die betroffenen Mitarbeiter wurden anhand folgender Kriterien ausgewählt .... Sie, Herr/Frau ..., zählen leider zu den Betroffenen. Wir werden das Arbeitsverhältnis mit Ihnen zum 30.6. beenden."

Nach dem Kündigungsgespräch - Emotionen akzeptieren

Auf diese Nachricht reagieren Mitarbeiter unterschiedlich - manche geschockt, manche gelassen, manche wütend. Lassen Sie es zu, dass Ihr Mitarbeiter Emotionen zeigt. Äußern Sie Verständnis. Und geben Sie ihm ausreichend Zeit, die Fassung wiederzugewinnen. Gelingt ihm dies nicht, sollten Sie das Regeln der Trennungsmodalitäten vertagen - zum Beispiel, indem Sie vorschlagen: "Sicher müssen Sie den Schock erst mal verdauen. Was halten Sie davon, wenn wir uns übermorgen noch mal zusammensetzen und darüber reden?".

Zuweilen müssen Führungskräfte Kündigungen aussprechen, von denen Sie nicht überzeugt sind. Zum Beispiel, weil sie selbst am Sinn der beschlossenen Umstrukturierung zweifeln. Oder, weil sie sich lieber von einem anderen Mitarbeiter getrennt hätten, aufgrund der Sozialauswahl jedoch keine andere Entscheidung möglich war. Äußern Sie diese Bedenken jedoch nicht gegenüber dem Gekündigten. Nehmen Sie die Aufgabe stattdessen stellvertretend für die Unternehmensleitung wahr. Anderenfalls geraten Sie in eine schwierige Situation, wenn der Gekündigte Sie auf seiner Seite vermutet.

Nach der Kündigung werfen gekündigte Mitarbeiter oft vor, ihnen wurden andere Pläne versprochen. Dann sollten Sie zu Ihren Worten und Taten stehen. Bedauern Sie Ihren Irrtum. Sagen Sie, dass Sie zum damaligen Zeitpunkt die Situation anders einschätzten, diese sich aber in der Zwischenzeit aufgrund der Faktoren A, B, C geändert hat.

Nicht selten erfahren Führungskräfte in Kündigungs- und Trennungsgesprächen Dinge aus dem Privatleben der Gekündigten, von denen sie zuvor nichts wussten. Die neuen Informationen stellen manchmal sogar die Kriterien der beim Entlassen mehrerer Mitarbeiter vorgeschriebenen Sozialauswahl in Frage.

Auch dann dürfen Sie die Kündigung nicht in Frage stellen. Sonst schaffen Sie einen Präzedenzfall. Und alle anderen Mitarbeiter, denen Sie noch kündigen, werden mit Ihnen einen Kuhhandel beginnen. Und wenn eine Kündigung aufgrund der neuen Infos rechtlich problematisch wird? Dann sollten Sie mit dem Mitarbeiter einen Aufhebungsvertrag anstreben.

Ein monatelanger Arbeitsgerichtsprozess mit ungewissem Ausgang belastet das Betriebsklima sehr. Die zu kündigenden Mitarbeiter werden fragen: "Warum gerade ich?" - geben Sie dem Mitarbeiter eine inhaltlich verständliche Erklärung. Auf keinen Fall sollten Sie sich auf eine Diskussion über die Auswahlkriterien einlassen. Denn wer die Gründe für die Kündigung diskutiert, diskutiert die Kündigung selbst.

Rechtlich bedingte Kriterien werden von den meisten Mitarbeitern leichter akzeptiert als personenbezogene. Schwieriger ist es, wenn ein Mitarbeiter nicht die gewünschte Leistung erbringt. Dann sollte die mangelnde Passung zwischen Aufgaben und Qualifikation im Gespräch im Vordergrund stehen.

Kündigung - mit neuen Chancen verknüpfen

Ist die Kündigung ausgesprochen und begründet, geht es darum, die Zeit zwischen der Kündigung und dem Austritt aus dem Unternehmen zu regeln. Hierfür können Sie einen separaten Termin vereinbaren. Im Trennungsgespräch selbst sollten Sie Ihrem Mitarbeiter einen Weg aufzeigen, wie sich die Trennung gestalten lässt. Außerdem sollten Sie ihm Hilfe beim Suchen einer neuen Stelle anbieten. Zum Beispiel, indem Sie seine Wünsche beim Formulieren des Arbeitszeugnisses berücksichtigen. Oder indem Sie ihm anbieten, Sie bei Bewerbungen als Referenzperson zu nennen.

Um die Trennung reibungslos zu gestalten, empfiehlt es sich oft, einen Karriere- oder Newplacement-Berater zu engagieren, der die gekündigten Mitarbeiter beim Entwickeln einer neuen beruflichen Perspektive unterstützt. Durch die Zusammenarbeit mit einem solchen Berater wird der Blick der gekündigten Mitarbeiter in Richtung Zukunft gewendet. Außerdem wird hierdurch an die verbleibenden Mitarbeiter das Signal gesendet: Der Betrieb lässt "ehemalige" Kollegen nicht im Regen stehen. Gerade, wenn es um das Entlassen von altbewährten und hochangesehenen Mitarbeitern geht, sollten Unternehmen das Engagieren eines solchen Beraters erwägen.

Oft ist eine bezahlte Freistellung bis zum Ausscheidungstermin für beide Parteien die sinnvollste Lösung. Für die Gekündigten hat dies den Vorteil, sich voll auf die Suche nach einem neuen Job konzentrieren zu können. Auch für das Betriebsklima ist eine Freistellung meist das Beste. Solange der gekündigte Mitarbeiter im Unternehmen verweilt, sind auch die Noch-Kollegen innerlich hin- und hergerissen. Einerseits haben sie Mitleid mit ihren Kollegen, andererseits sehen sie oft die Notwendigkeit der Kündigungen. Dieser innere Zwiespalt wirkt sich negativ auf ihre Arbeitsmoral aus. Der schmerzhafte Personalabbau sollte daher möglichst schnell geschehen. (fm)

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