Strategien


IT mit Produktverantwortung

Wie CIO Markus Müller die IT der Deutschen Telekom saniert hat

Karin Quack arbeitet als freie Autorin und Editorial Consultant vor allem zu IT-strategischen und Innovations-Themen. Zuvor war sie viele Jahre lang in leitender redaktioneller Position bei der COMPUTERWOCHE tätig.

IT mit Produktverantwortung

Markus Müller, CIO der Telekom AG
Markus Müller, CIO der Telekom AG
Foto: Telekom

Aus Müllers Perspektive ist die Telekom-IT quasi ein Bereich mit Produktverantwortung. Zwar gebe es auch Unterstützungsfunktionen wie den Betrieb der Abrechnungssysteme und die Bereitstellung des Customer-Relationship-Managements. Daneben bestehe jedoch ein Großteil der Telekom-Angebote hauptsächlich aus IT: "Unsere Produkte, sprich: Services, werden im RechenzentrumRechenzentrum produziert und von dort geliefert." Damit sei die IT ein produzierender Unternehmensbereich. Nur habe dessen Performance lange Zeit nicht zum Anspruch gepasst. Alles zu Rechenzentrum auf CIO.de

In der Zwischenzeit habe sich das gründlich geändert, beteuert der IT-Chef. Um insgesamt 700 Millionen Euro (zirka 350 Millionen Euro pro Jahr) habe er die jährlichen IT-Ausgaben bereits verringert. Bis Ende des kommenden Jahres sollen sie noch einmal um insgesamt 300 Millionen schrumpfen. Gleichzeitig habe sich die Zahl der schwerwiegenden Systemausfälle um zirka 80 Prozent reduzieren lassen. Und es sei eine der Dauerbaustellen auf der Projektliste angepackt worden: Mit dem Start des Rollouts für ein konzernweites SAP-System in Deutschland habe die Telekom-IT angefangen, einheitliche Einkaufs-, Finanz- und Logistikprozesse einzuführen.

Wie der CIO das geschafft hat? - Durch eher unspektakuläre Maßnahmen, wie er sagt. Sieben Erfolgsfaktoren hat er ausgemacht.

1. Das Vertrauen in die IT zurückgewinnen:

Das Business muss die IT respektieren und als Partner wahrnehmen. Das geht nicht über Folien auf dem Projektor, sondern nur über konkret messbare Ergebnisse: hinsichtlich Stabilität, Liefertreue und Kostensenkung. "Seit das Vertrauen wiederhergestellt ist, wird die IT auch stärker in Diskussionen um Innovationen eingebunden."

2. Effektivere Führungsstrukturen schaffen:

"Ich muss Zugriff auf die Leute haben und sie steuern können", fordert Müller. So werde die Organisation führbar. Erst einmal habe er also die deutsche IT-Organisation, die IT der Zen-trale und den internen IT-Dienstleister der T-Systems zusammengeführt.

Insgesamt 8600 Mitarbeiter wurden in einem Team gebündelt. Darüber hinaus schuf der CIO eine Organisation mit sieben Bereichen, die jeweils die komplette Verantwortung für eine Wertschöpfungskette - von der Planung über die Umsetzung bis zum Betrieb - entlang der IT-Domänen des Konzerns übernahmen: "Ich will bei Problemen jemanden haben, den ich direkt darauf ansprechen kann."

3. Die Kosten transparent managen:

Alle Kosten lassen sich in einer einfachen Tabelle darstellen, so Müllers Überzeugung. Dort seien Kostenarten und Mittelverwendung aufgelistet. Das IT-Budget werde drei Bereichen zugeordnet: Projekten, Applikationsbetrieb und Overhead, und jeder Mitarbeiter müsse sich einer dieser Kostenebenen zuordnen.

Da gebe es durchaus Potenzial für mehr Effizienz, räumt der CIO ein: "Wir überlegen, ob wir auf den Betrieb eine Quote drauflegen." Denn es gelte ja, weitere 300 Millionen Euro einzusparen, "weshalb wir auch eigene Mitarbeiter abbauen müssen". Damit wurde bereits 2013 begonnen, doch weitere 2000 Mitarbeiter müssen bis Ende 2015 "sozial verträglich abgebaut werden", wie Müller sagt.

4. Die IT-Architektur flexibilisieren:

"Wir müssen konsequent dafür sorgen, dass wir alte Applikationen abschalten, sonst fahren wir zu hohe Betriebskosten, und das Geld fehlt dann für ProjekteProjekte", stellt der Telekom-CIO klar. Das Verhältnis von Betrieb zu Entwicklung habe in den vergangenen eineinhalb Jahren schon deutlich verbessert werden können. Im Moment machten beide jeweils 50 Prozent der IT-Investitionen in Deutschland aus. Die Verbesserungen seien zum Teil das Ergebnis eines konsequenten Retire-Programms, verrät Müller: "Wer etwas Neues baut, muss auch aufräumen." So ist der Hausputz fester Bestandteil jedes Projekts; fünf Prozent der Kosten sind jeweils dafür reserviert. Dadurch allein hat die Telekom-IT laut Müller etwa 25 Millionen Euro pro Jahr gespart. Alles zu Projekte auf CIO.de

Hohe Einsparungen zieht auch die Einführung einer Layered Architecture nach sich. Derzeit stellt die Telekom-IT alle Produkte auf eine IP-Architektur um: "Damit machen wir die Produktwelt von der Infrastruktur unabhängig", begründet Müller das Vorgehen. Für die Telekom-Kunden bringe das ebenfalls Vorteile: "Sie können bei einem Umzug quasi Plug and Play den Anschluss mitnehmen."

5. Demand-Management einführen:

Die Geschäftsanforderungen an die IT werden heute priorisiert, und auf Grundlage dieser Priorisierung wird das Projektbudget (in Deutschland etwa 700 Millionen Euro pro Jahr) verteilt. Da ist der IT-Chef häufig gefordert, ein Machtwort zu sprechen: "Eine meiner Rollen besteht darin, Smart Pushback zu betreiben, also auf freundliche, aber bestimmte Weise Nein zu sagen."

6. Personalentwicklung betreiben:

Auch wenn Personal abgebaut werden müsse, sei es notwendig, fehlende Qualifikationen und Kompetenzen zu ergänzen, betont Müller. Oft geschehe das durch Schulung der vorhandenen Mitarbeiter. Aber das funktioniere nicht immer: "Deshalb müssen wir trotz des bevorstehenden signifikanten Abbaus auch kurzfristig 150 Arbeitsplätze neu aufbauen, wenn die Tätigkeitsprofile nicht durch Umschulung eigener Mitarbeiter erfüllbar sind."

7. Die Stabilität im Auge behalten:

Monitoring und Controlling sind lästig, aber notwendig. "Wir streben eine Null-Fehler-Toleranz an", nennt Müller die hochgesteckten Ziele, "in diesem Jahr wollen wir die Stabilität noch einmal um 20 Prozent steigern."

Schon heute fielen die Systeme nur noch alle paar Wochen aus, aber auch das sei noch zu viel, bekennt Müller: "Allerdings sind das jetzt keine Handling-Fehler mehr, sondern klassische Fehlfunktionen wie Hardwareausfälle. Fehler durch mangelnde Aufmerksamkeit haben wir heute im Griff."

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