Ortsdaten von Millionen Handys im Visier

Wie die NSA die ganze Welt überwacht

05.12.2013
Der Skandal um die Überwachung durch den US-Geheimdienst NSA nimmt immer größere Ausmaße an: Der jüngsten Enthüllung zufolge sammelt die NSA jeden Tag Milliarden von Ortsdaten von Handynutzern. So könnten weltweite Bewegungsprofile erstellt werden.

Der NSA-Skandal hat eine neue Dimension erreicht: Der US-Geheimdienst speichert laut einem Bericht der "Washington Post" die Aufenthaltsorte hunderter Millionen Handy-Nutzer. Pro Tag würden weltweit rund fünf Milliarden Datensätze gesammelt, schrieb die Zeitung am Mittwoch. US-Beamte bestätigten die Existenz des Programms, äußerten sich aber nicht zu den Zahlen.

Die NSA könne Mobiltelefone überall auf der Welt aufspüren, ihren Bewegungen folgen und Verbindungen zu anderen Handy-Nutzern aufdecken, schrieb die Zeitung unter Berufung auf Unterlagen aus dem Fundus des Informanten Edward Snowden.

Die Ortungsinformationen kämen aus internen Daten der Mobilfunk-Anbieter, hieß es. Die Netzbetreiber verfügen über ausführliche Angaben über den Aufenthaltsort von Handys, zum Beispiel um Roaming-Gebühren abzurechnen. Der Zeitung zufolge tauschen sie diese Daten auf breiter Front untereinander aus, so dass es der NSA ausreiche, das System an wenigen Stellen anzuzapfen.

Damit hat die Überwachung nichts mit den GPS-Ortungschips oder den Internet-Verbindungen moderner SmartphonesSmartphones zu tun, sondern es wären alle Mobiltelefone bis hin zum einfachsten Handy betroffen. Die Mobiltelefone sind permanent im Kontakt mit den Netzen, auch wenn sie gerade nicht für Anrufe verwendet werden. Alles zu Smartphones auf CIO.de

Bei deutschen Mobilfunk-Anbietern hieß es bisher, dass immer nur der aktuelle Aufenthaltsort eines Handy-Nutzers bekannt sei. Vorherige Ortungen würden gelöscht.

Die Standort-Informationen werden in einer gewaltigen Datenbank gespeichert. Der Strom der Informationen sei so gewaltig, dass er die Fähigkeiten übersteigt, die Daten "aufzunehmen, zu verarbeiten und zu speichern", zitierte die Zeitung eine NSA-Präsentation von Mai 2012. Die NSA sei daraufhin zu einem System mit mehr Kapazitäten gewechselt. Der Geheimdienst sammele so viele Daten wie er könne.

Von den seit Juni enthüllten Spähprogrammen sei diese Sammlung und Analyse von Standortdaten wohl im "Umfang und möglichen Auswirkungen auf die Privatsphäre unübertroffen", schrieb das Blatt.

Geheimdienstler betonten im Gespräch mit der "Washington Post", dass das Programm rechtmäßig sei. Das Ziel der Überwachung seien "Ziele im Ausland". US-Bürger würden nicht gezielt überwacht. Die Behörde gelangt jedoch im Zuge der Überwachung quasi als Nebenprodukt an große Mengen von Daten von US-Telefonen. Die Analyseprogramme unter dem Codenamen "Co-Traveller" genannte Analyseprogramme durchkämmten Milliarden von Datensätzen nach überstimmenden Bewegungsmustern von Terrorverdächtigen.

Datenschützer finden die Speicherung von Standortdaten seit langem besonders problematisch. "Eine der wichtigsten Komponenten von Ortsdaten ist, dass die Gesetze der Physik verhindern, sie überhaupt geheim zu halten", sagte Chris Soghoian von der US-Bürgerrechtsunion ACLU. (dpa/rs)

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