Künstliche Intelligenz

Wie KI unsere Arbeit in Zukunft unterstützt

Christiane Pütter ist Journalistin aus München.
"Zentauren" nennt Schach-Profi Garry Kasparov Menschen, die durch Unterstützung von Künstlicher Intelligenz (KI) beispielsweise IBMs Deep Blue schlagen können. Forrester sieht dort ein Modell für die Arbeitswelt der Zukunft. Noch aber fehlt es allerdings an technologischer und organisatorischer Reife.
  • Forrester warnt ausdrücklich davor, zu früh KI-Lösungen zu kaufen, die viel versprechen
  • Der Robotics Quotient misst die Fähigkeit einzelner Mitarbeiter wie auch ganzer Unternehmen im Umgang mit KI (Lernfähigkeit, Zahl an Implementierungen, Generieren von Business Nutzen)
  • Die Nutzung von KI-Systemen muss in eine Employee-Journey eingebettet sein

Für den US-Marktforscher Forrester steht außer Frage, dass Systeme Künstlicher IntelligenzKünstlicher Intelligenz und Menschen künftig wie Kollegen zusammenarbeiten werden. Solche Szenarien erscheinen bisher allerdings futuristisch. Einen Blick in diese Zukunft zeigt die Studie "The future of work: intelligent machines whispering to your employees". Alles zu Künstliche Intelligenz auf CIO.de

In Forresters Darstellung einer vergleichsweise simplen Mensch-Maschine-Zusammenarbeit braucht der Mensch nur einzugreifen, wenn Ausnahmen auftreten oder er Regeln ändern will.
In Forresters Darstellung einer vergleichsweise simplen Mensch-Maschine-Zusammenarbeit braucht der Mensch nur einzugreifen, wenn Ausnahmen auftreten oder er Regeln ändern will.
Foto: Forrester

Der Titel der Analyse bezeichnet eine Situation, in der ein menschlicher Call-Center-Mitarbeiter im einen Ohr die Stimme des Kunden hört und im anderen - für den Kunden nicht wahrnehmbar - die "Stimme" eines KI-Systems. Dieser virtuelle Kollege flüstert dem Mitarbeiter ein, was er dem Kunden antworten soll.

Everyday AI und Digitale Kollegen

Noch aber ist der Weg in diese Zukunft der Arbeit weit. Forrester skizziert zwei Aspekte:

1. "Everyday AI": Die Ursache der ganzen Entwicklung sehen die Analysten darin, dass Menschen durch routinemäßige Arbeiten ermüden und die Konzentration verlieren, während Maschinen solche Tätigkeiten sehr viel schneller und zuverlässiger ausführen. Hier geht es also um Effizienz. Mittlerweile gehört es zum Alltag, dass KI-Anwendungen Mitarbeiter beim Sortieren von Mails oder beim Reporting unterstützen. Forrester spricht daher von alltäglicher KI ("Everyday AI").

2. Digitale Kollegen: Inzwischen dreht sich der Einsatz von KI um Anspruchsvolleres. Forrester zitiert Guy Kirkwood, Chief Evangelist bei UIPath, einem Anbieter von Robotik Process Automation (RPA) und KI, mit den Worten: "Wir entwickeln uns zu einer Welt, in der jeder Angestellte über einen eigenen Bot verfügt, der wie ein Schatten-Assistent arbeitet." So können Ärzte am OP-Tisch von ihrem digitalen Kollegen aufgrund Daten-Analysen Empfehlungen bekommen, wie während einer Operation zu verfahren ist.

Mensch und Künstliche Intelligenz sind nur zusammen besser

Ein weiteres Zitat in der Studie stammt von Schachprofi Garry Kasparov, der sich dem System Deep Blue von IBM geschlagen geben musste. Kasparov glaubt nicht, dass KI-Systeme alleine die besseren Schachspieler sind. Sondern Menschen, die auf KI-Systeme und deren schnelle Analysen zurückgreifen können, diese aber um menschliche Bewertungen ergänzen. Ein solches Tandem nennt er "Zentaur". Laut Forrester werden solche Zentauren - in der griechischen Mythologie ein Mischwesen aus Mensch und Pferd - künftig in den Unternehmen arbeiten.

Eine der Gefahren beim Einsatz von KI-Systemen umreißt das "Echoborg Dilemma": Geraten Menschen zu einer Art Marionette des KI-Systems, wissen die Mitmenschen nicht weiter. Das passiert etwa dann, wenn Call-Center-Agenten gezwungen sind, einem KI-basierten Script zu folgen, statt "normal" reagieren zu dürfen. Die Kunden reagieren mit Frust.

KI trifft noch auf 5 Hindernisse in der Arbeitswelt

Der Zukunftsvision stehen in der heutigen Arbeitsrealität fünf Hindernisse entgegen:

  • 1. Mangelnde technologische Reife: Forrester warnt Entscheider ausdrücklich davor, zu früh KI-Lösungen zu kaufen, die viel versprechen. Noch sei die Technologie hinter virtuellen Agenten, kognitiven AI-Systemen und physischen Robotern unausgereift.

  • 2. Legacys in den Unternehmen: Noch haben die meisten Unternehmen ihren Weg in die Cloud nicht vollendet. Sie verfügen über ein "Patchwork" alter Infrastrukturen und Legacy-Systeme. Daten-Silos sind oft noch Alltag.

  • 3. Der RQ ist schwach: RQ steht für Robotics Quotient. Er misst die Fähigkeit einzelner Mitarbeiter wie auch ganzer Unternehmen im Umgang mit KI. Es geht dabei nicht nur um Lernfähigkeit oder die Zahl an Implementierungen, sondern auch das Generieren von Business Nutzen. Der RQ folgt einem Framework mit dem Kürzel PLOT: People, Leadership, Organisation, Trust. Diesen RQ bewertet Forrester im Schnitt als schwach. Konkret fehlt es etwa an Trainings für die Mensch-Maschine-Kommunikation und Karriere-Pfaden für Bot-Manager.

  • 4. Die Mitarbeiter-Reise: Analog zum etablierten Begriff der Customer Journey spricht Forrester von der Mitarbeiter-Reise. In der Zusammenarbeit mit dem digitalen Kollegen beinhaltet diese vier Stationen. Startpunkt ist ein konkretes Bedürfnis. An Station zwei klärt das Unternehmen, wie der digitale Kollege dieses Bedürfnis erfüllen soll. Punkt drei klärt das Ziel des menschlichen Mitarbeiters ab, am Ende der Reise steht eine Handlung oder Erkenntnis.

  • 5. Kosten für neue Hardware: Nicht nur sind die Technologien bisher wenig ausgereift - sie sind auch noch teuer, schreibt Forrester.

Insgesamt dürfte die Reise in diese Arbeitswelt der Zukunft noch Dekaden dauern, schätzen die Analysten. Nichtsdestoweniger sind die ersten Schritte - der Einsatz von "Everyday AI" - ja bereits getan. Entscheider sollten also schon jetzt in der Belegschaft die Augen nach potenziellen Zentauren offenhalten.

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