Audi, BMW, Continental, Daimler, Opel, Volkswagen

Wie stark sich die Auto-Arbeitswelt wandelt

09.02.2020

Das Wissensreservoir der Diesellinien sei groß, meint Tobias Heitmann (48). Er ist seit 1990 in Salzgitter, lernte Industriemechaniker, wurde Technischer Sachbearbeiter. "Ich bin jetzt seit zwei Jahren dabei", sagt er über seinen Sprung in die E-Mobilität. Vorher fertigte er Kurbelgehäuse oder Zylinderköpfe. Mike Gleiss (47), ursprünglich Industrieelektroniker, ist heute Elektroniker für Informations- und Systemtechnik, mit vielen Berührungspunkten zu den Software-Grundlagen. "Es ist für die Zukunft", erklärt er.

Zellfertigung - "Was macht ihr da?"

Nebenan in Halle 3 wirkt die Szenerie aufgeräumt, beinahe klinisch sauber. Das muss auch so sein, denn hier hat sich wirklich eine neue Welt breitgemacht: Volkswagens Pilotfertigung von Batteriezellen. Eine noch überschaubare Gruppe baut seit kurzem Lithium-Ionen-Akkus für Prototypen, aktuell schafft sie um die 50 Stück pro Schicht.

Nicht alle sind aus dem Konzern, Verfahrenstechniker oder Chemiker lassen sich schwer finden. Alex Tornow, promovierter Maschinenbauer, kam von außen. "Deutschland hat in der Forschung gut nachgearbeitet", meint der 35-Jährige zur hohen Abhängigkeit von Zelllieferanten aus Asien. "Jetzt geht es darum, Erfahrungen im Unternehmen zu streuen."

Die Linie erinnert auch optisch kaum mehr an das, was man sich unter einer Autofabrik vorstellt. Sie mutet eher an wie eine Mischung aus Chemie-, Papier- und Chipwerk. Das Material für die hauchdünnen Batterie-Elektroden wird zunächst angemischt. Dann erhalten die Teile ihre Beschichtung, werden zugeschnitten und zu Zellen zusammengebaut. 125 Elektrodenblätter bilden einen Zellstapel, 24 Zellen ein Modul, beispielsweise 12 Module eine Batterieeinheit. In Braunschweig kommt diese schließlich zusammen mit der Steuerung ins Systemgehäuse.

Alena Husung (30) startete als Industriemechanikerin, nun steht sie am Fenster des abgeschotteten, grell ausgeleuchteten Reinraums. Als Anlagenführerin war sie am Aufbau einer Linie zur speziellen Beschichtung von Oberflächen beteiligt, wurde auf das Zellprojekt aufmerksam. "Dann ging es steil weiter." Schulungen in Wolfsburg, Praktika in China. Heute fragten ehemalige Kollegen: "Was macht ihr da?" Die Neugier wachse, so Thomas Przyklenk (35). Der Elektroniker für Automatisierungstechnik wollte selbst mehr, schloss ein Studium mit Schwerpunkt E-Mobilität an. "Da begann meine Transformation."

Die Nagelprobe kommt erst noch

Ernst wird es zum Jahresbeginn 2024. Dann ist der Produktionsanlauf der neuen Zellfabrik angepeilt, die VW mit dem schwedischen Partner Northvolt demnächst auf der noch freien Nordfläche des Werksareals baut. Mittelfristig sollen in Salzgitter über 1.000 Jobs entstehen, die geplante Kapazität für die Zellfertigung wurde nochmals erhöht. Der PSA-Konzern startet mit seiner deutschen Tochter OpelOpel und dem Batteriehersteller Saft in Kaiserslautern ein ähnliches Projekt. Top-500-Firmenprofil für Opel

Hochfliegende Pläne - aber kann sich das industrieweit durchsetzen? Konzernchef Diess brachte das vorerst herrschende Dilemma auf den Punkt: Zurzeit verdienen vor allem SUVs das Geld, das in die neue Ära investiert werden muss. Ist der E-Durchbruch aber einmal da, ist ein Umsteuern zu spät. "Erschreckenderweise sind viele Firmen noch nicht in Richtung E-Mobilität aufgestellt", klagt IG-Metaller Windmüller. Niedersachsens Metallarbeitgeber erwarten "tektonische Umwälzungen".

Mehrere hundert Kilometer südlich liegt Mindelheim im Allgäu. In der bayerischen Kleinstadt kann man beim Werkzeugmaschinenbauer Grob ein Lied von den Härten der Transformation singen. Dabei ist der Zulieferer von Branchenriesen wie BMWBMW oder Volkswagen kein kleiner Fisch. Zuletzt erzielte man mit weltweit 7.000 Mitarbeitern rund 1,4 Milliarden Euro Umsatz. Zum überwiegenden Teil versorgt Grob die Autoindustrie - etwa mit großen "Bearbeitungszentren", die bis zu 400 Meter lang werden können, erklärt Geschäftsführer German Wankmiller. Top-500-Firmenprofil für BMW

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