Innovation Accelerator

Wie Startups den Welthunger besiegen wollen



Simon Lohmann ist Freier Autor bei macwelt.de.

Laut Kowatsch befindet sich das Projekt allerdings noch im Anfangsstadium, die Explorationsphase habe aber bereits gestartet. "Wir sind auch weiterhin offen für Startups, Firmen- oder Technologie-Partner, die in diesem Bereich arbeiten, weil wir wissen, dass die Entwicklungen auch gerade im kommerziellen Feld weiter voranschreiten", so Kowatsch.

Erfolgreiches Blockchain-Projekt in sechs Monaten

Es gibt aber auch Technologien und Innovationen, die deutlich kosteneffizienter helfen. Das Konzept rund um das Projekt "Building Blocks" stammte ursprünglich von einem Mitarbeiter aus der WFP-Finanzabteilung, welches zusammen mit einer Mitarbeiterin beim Accelerator umgesetzt wurde.

"Von den 30 Projekten unterstützen wir derzeit sieben in der Scale-Up-Phase. Dazu zählt auch "Building Blocks" - ein Projekt, bei dem wir BlockchainBlockchain für Essensgutscheine für rund 10.000 syrische Flüchtlinge in Jordanien nutzen", erklärte Kowatsch. "Mit einer Ethereum Wallet können die Menschen dort nun ihr Essen im Supermarkt bezahlen." Alles zu Blockchain auf CIO.de

Das erfolgreiche Blockchain-Projekt wurde anschließend in die Geschäftsprozesse des UN WFP integriert.
Das erfolgreiche Blockchain-Projekt wurde anschließend in die Geschäftsprozesse des UN WFP integriert.
Foto: WFP / Farman Ali

Vom ersten Testen und Starten des Projekts bis zum Piloten vergingen nur etwa sechs Monate. Doch wieso funktioniert diese Technik bei dem WFP in so kurzer Zeit, während hierzulande viele Unternehmen noch endlos Blockchain-Projekte evaluieren?

"Wir sind natürlich auf die Innovationen oder die Startup-Gründer angewiesen, die so etwas machen wollen", erklärte Kowatsch. "Wir haben eine Partnerschaft mit der Singularity University. Wir haben ein Team ins Silicon Valley zu einem Workshop geschickt und anschließend global nach Startups gesucht, die in dem Bereich Blockchain arbeiten. Durch Zufall kam das ausgewählte Startup aus München." Das Projekt war so erfolgreich, dass die mit Blockchain-Technologie entwickelten E-Wallets rund 98 Prozent der Bankgebühren einsparten.

Wenn ein Projekt wie dieses erfolgreich verläuft, ist die Arbeit des Accelerators allerdings noch lange nicht beendet - Stichwort "Scaling". In manchen Fällen können Projekte auch in die Kerngeschäftsprozesse des UN World Food Programme übergehen. Alternativ sucht der Accelerator nach weiteren Investoren oder Partnern, damit die Projekte global verbreitet werden und die Nachhaltigkeit des gesamten Geschäftskonzeptes gesichert ist. Dabei stehe vor allem der Beschleunigungsprozess im Vordergrund. Egal, ob High-Tech oder Low-Tech-Projekt.

Worauf es ankommt

Startups und Innovationen aus Entwicklungsländern haben es meist schwieriger, langfristig erfolgreiche Projekte zu entwickeln, da ist sich Bernhard Kowatsch sicher. Völlig unmöglich sei dies aber keineswegs. Die Herausforderung bestehe vor allem darin, in den ersten Schritten die besten Ideen und die dazu passenden Köpfe zu identifizieren.

Das größte Potenzial sieht Kowatsch im Internet als Basistechnologie. Der Zugang zu Wissen, Informationen und Märkten zeige bereits heute wichtige Resultate in Entwicklungsländern. Sprachassistenten und künstliche Intelligenz seien ein wichtiger Schlüsselpunkt, um Analphabeten mit notwendigen Informationen zu versorgen. Mit dem Internet Transparenz schaffen - so lautet das Erfolgsrezept.

Die Voraussetzungen sind da. Eine Tatsache, die Institutionen wie der WFP Accelerator auch in Zukunft berücksichtigen müssen. In den nächsten Jahren werde die Verbreitung von Smartphones und Internet vor allem in den Entwicklungsländern stark zunehmen.

"Bei manchen Projekten ist Technologie zwar nicht der heilige Gral, aber eine der Möglichkeiten, wie solche Projekte eine noch höhere Wirkung erzielen können", meint Kowatsch und führt gleich ein Beispiel an. "Thema Mobile: Aktuell hat jede zweite Person auf der Welt Zugang zum Internet. Im Libanon, ein Land mit sehr vielen Flüchtlingen, haben 76 Prozent der Libanesen auch heute schon einen Internetzugang. In Kolumbien sind es 56 Prozent, in Kenia 46 Prozent. Es gibt prinzipiell keinen Grund, warum nicht auch in Kenia ein Startup entstehen kann, was dort die Probleme über die ihnen verfügbare Technologie angeht."

Davon profitieren derzeit auch Kleinbauern in Entwicklungsländern. Bei einem vom Innovation Accelerator unterstützen Projekt haben die Bauern die Möglichkeit, über eine App ihre Überschussproduktionen an Händler zu verkaufen. "Das klassische Problem von Kleinbauern äußert sich oft in mangelndem Wissen über faire Preise", so Kowatsch. Sie könnten schlecht einschätzen, ob die Preise der Händler zum bestimmten Zeitpunkt wirklich fair sind. Dank der App entscheiden die Kleinbauern nun selbst, ob sie ihre Güter an den Händler verkaufen oder lieber einen Transport organisieren und in der nächst größeren Stadt auf dem Markt anbieten möchten.

"Meiner Erfahrung nach kann man selbst unter schwierigen Bedingungen nachhaltige Geschäftskonzepte entwickeln, auch wenn es - wie zum Beispiel Blockchain - neue Technologien sind", meint Kowatsch. "Es kommt aber vor allem auf die Teams an."

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