Projekt-Management bei Axel Springer

"Wir waren Erbsenzähler"

Johannes Klostermeier ist freier Journalist aus Berlin. Zu seinen Spezialgebieten zählen unter anderem die Bereiche Public IT, Telekommunikation und Social Media.

Bis ins Jahr 2006 wurden die Abo-Kunden der Springer-Zeitungen und -Zeitschriften mit vier (eines für Zeitschriften, drei für Zeitungen) physisch und logisch getrennten Abo-Systemen verwaltet. Zudem wurden die Kunden von vier dezentral gesteuerten Vertriebsorganisationen betreut. Seit 2002 setzt der Verlag die SAP-Branchenlösung für Verlage M/SD bereits für die Abonnentenverwaltung aller Zeitschriftentitel wie Auto Bild, Computer Bild oder Hörzu ein.

Tim Greve, stellvertretender Leiter für Logistik & Services: "Die Einbindung in die strategischen Ziele von Springer und der Topdown-Ansatz haben uns geholfen."
Tim Greve, stellvertretender Leiter für Logistik & Services: "Die Einbindung in die strategischen Ziele von Springer und der Topdown-Ansatz haben uns geholfen."

Die Leserdaten der Zeitungstitel hingegen wurden auf selbst entwickelten Systemen verwaltet. Ein Grund dafür: Die Prozesse für Zeitungstitel wichen stark von denen für Zeitschriften ab. Aber auch innerhalb der Zeitungstitel gibt es Unterschiede: Neben Objekten, die nur am Sonntag erscheinen (Bild am Sonntag, Welt am Sonntag, Euro am Sonntag), gibt es überregionale (Die Welt, Bild) und regionale Zeitungen (Hamburger Abendblatt, Berliner Morgenpost). "Eine einheitliche Sicht auf unsere Kunden war so aber unmöglich", sagt Springer-Co-CIO Altenbernd. Schwierig war auch Cross-Selling, also der Verkauf von Titeln, die ein Kunde noch nicht las. Wer wissen wollte, welche Titel aus eigenem Hause ein Kunde noch abonniert hatte, musste in verschiedenen Systemen suchen. Greve spricht rückblickend von einer "langjährigen Kultur gewollter Bereichsegoismen".

Gewollte Bereichsegoismen

Mit diesen Egoismen sollte bis Anfang 2008 zugunsten der gemeinsamen Sache aufgeräumt werden. Beauftragt wurde der IT-Dienstleister Arvato Systems - er gehört zwar zum konkurrierenden Bertelsmann-Konzern, aber die Springer-Profis hatten keine Berührungsängste, nachdem der Vorstand überzeugt worden war. Dann machte sich das Projektteam an die Aufgabe: ein System zu entwickeln, bei dem die Kunden im Mittelpunkt stehen, das über die gesamte Prozesskette Kosten sparen und darüber hinaus auch noch nicht so bald überholt sein sollte.

Beim Projekt-Management kam den Projektleitern zugute, dass sie alle Positionen innehatten, mit denen sie im Konzern Dinge bewegen konnten. Denn es galt ja, festgefahrene Traditionen der Bereichsfürstentümer zu überwinden. "Die Einbindung in die strategischen Ziele von Springer und der Top-down-Ansatz haben uns geholfen", sagt Greve. Zudem hatten sich die Projektverantwortlichen bei den für die Abo-Verwaltung zuständigen Mitarbeitern bereits zuvor einen guten Ruf erworben. "So konnten wir führen, und man hat uns führen lassen", sagt Altenbernd.

Um erfolgreich arbeiten zu können, stellten die beiden Teamleiter einige Projektgrundsätze auf. "Keine Weiterentwicklung an den Altsystemen und dem aufnehmenden Zeitschriften-Abo-System während des Projektes. Den Arbeitsfortschritt messbar machen. Alle offenen Entscheidungen und Punkte dokumentieren und regelmäßig nachhalten. Probleme sofort ansprechen und Gegenmaßnahmen treffen." Und: Die Arbeit sollte auch Spaß machen. Entsprechend dem Motto "Work hard, party hard“ wurden Erfolge im Projekt dann auch ordentlich gefeiert, um sich bei den Mitarbeitern für den Einsatz zu bedanken.

Zur Startseite