Bitkom sucht

Wo ist die Verwaltung 2.0?



Joachim Hackmann ist Principal Consultant bei PAC – a teknowlogy Group company in München. Vorher war er viele Jahre lang als leitender Redakteur und Chefreporter bei der COMPUTERWOCHE tätig.
Viele Behörden sind noch nicht im Web 2.0 angekommen, bemängelt der Branchenverband Bitkom. Der Formularversand per Internet ist die Ausnahme.

Im vergangenen Jahr haben lediglich 17,1 Prozent der Bürger ausgefüllte Formulare an öffentliche Stellen verschickt. Nur jeder Vierte (26,1 Prozent) lud amtliche Formulare aus dem Netz. Immerhin suchten vier von zehn Deutschen (39,1 Prozent) nach Informationen auf den Web-Seiten öffentlicher Stellen. Die Zahlen hat der Bitkom, Interessensverband der IT-Industrie in Deutschland, aus dem Daten-Pool der EU-Statistikbehörde Eurostat zusammengetragen. "Die Internet-Angebote der öffentlichen Hand müssen attraktiver werden", mahnt Bitkom-Präsident August-Wilhelm Scheer an. Informationen würden vornehmlich den Weg von der Verwaltung zum Bürger nehmen. Der Rückkanal bleibe weitgehend stumm. "Es fehlt die Interaktion zwischen Staat und Bürger. Die öffentliche Hand ist noch nicht im Web 2.0 angekommen", bilanziert Scheer.

Die Digitalisierung der meisten Verwaltungsabläufe steht noch aus. Während Postkunden zum Beispiel den Versandweg von Paketen nahezu in Echtzeit im Internet verfolgen können, wissen Bürger nicht, wie es um den Bearbeitungsstand ihrer Steuererklärung oder ihres Bauantrags steht. Für mehr Bürgernähe ließe sich etwa Workflow transparenter gestalten, zudem muntert der Bitkom auf, Bewertungsinstrumente von Online-Shops und Internet-Dienstleistern zu übernehmen. Die Funktionen des Web 2.0 seien ohne großen technischen Aufwand einsetzbar und bereits gut in Wirtschaft und Gesellschaft etabliert. "Die Zeit ist reif für Verwaltung 2.0", findet Scheer. Blogs und Wikis können den Bürger enger in Gesetzgebungs- und Verordnungsverfahren einbinden. Öffentlichen Blogs könnte etwa Positionen zu Gesetzesentwürfen erläutert. Wikis ließen sich verwenden, um politische Vorgaben gemeinsam zu entwickeln.

Die Stadt Köln macht es vor: Sie hat ihre Bürger via Web an der Haushaltsplanung teilhaben lassen.
Die Stadt Köln macht es vor: Sie hat ihre Bürger via Web an der Haushaltsplanung teilhaben lassen.

Der Bitkom nennt auch positive Beispiele für das Mitmachnetz. So hat die Stadt Köln im vergangenen Herbst ein Internet-Portal gestartet, auf dem sich die Bürger der Stadt an der Haushaltsplanung beteiligen können. Die Resonanz ist beeindruckend. Mehr als 10.000 Teilnehmer haben sich registrieren lassen, um über Spar- und Investitionsvorschläge diskutieren zu können. Es gingen 4.900 Vorschläge ein, wie öffentliche Gelder verwendet werden sollten. Darauf reagierten die Bürger im Web mit mehr als 9.000 Kommentaren und über 52.000 Bewertungen. Der Bitkom hat Leitfaden zum Thema geschrieben. "Web 2.0 für die öffentliche Verwaltung - Grundzüge, Chancen, Beispiele und Handlungsvorschläge" steht auf der Bitkom-Homepage zum Download bereit.

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