Reinhard Sprenger

Worauf es bei Führung wirklich ankommt

27.06.2017
Von Sven Ohnstedt

Angenommen, Sie wären mein Vorgesetzter. Wie würden Sie reagieren, wenn ich Ihnen offenbare, dass ich einzig bei Ihnen arbeite, um meine Familie zu ernähren?

Reinhard Sprenger: Das würde mir voll und ganz ausreichen.

Tatsächlich?

Reinhard Sprenger: Ich kenne zugegeben auch andere Ansichten. Im übertragenen Sinn: Wenn du ein Schiff bauen willst, dann erzähle den Leuten nichts vom Schiffbau, sondern von der Sehnsucht nach dem weiten Meer. Davon geblendet werden sie alles unternehmen, um dieses Schiff zu bauen. Das finde ich totalitär.

"Sehnsucht nach Sinn "

Wozu Menschen in ihrer Sehnsucht nach Sinn fähig sind …

Reinhard Sprenger: Der ganze Diskurs um Motivation ist ja nichts anderes als ein Sinnersatz. Einer der erhellensten Sätze, die ich zu diesen Thema kenne, lautet: Als wir den Sinn unserer Arbeit nicht mehr sahen, begannen wir über Motivation zu reden. Und der Sinn, den ein Mensch in seinem Job sieht, lässt sich nun mal nicht administrativ verordnen. Sinngebung ist etwas, was jeder individuell findet, wenn Sie es so wollen. Das sollte man den Leuten schon selbst überlassen.

Auch wenn sie nicht die vereinbarten Leistungen erbringen?

Reinhard Sprenger: Wenn es ihnen an Leistungs- und Einsatzbereitschaft fehlt, sie also gar nicht wollen, dann müssen natürlich Konsequenzen gezogen werden. Aber wenn jemand seine Leistung erbringen möchte, aber es schlicht nicht kann, dann muss man ihm helfen.

Wie denn?

Reinhard Sprenger: Das weiß der Betroffene im Regelfall selbst sehr gut. Die meisten Menschen wissen, welche fachlichen Defizite sie haben. Das man muss ihnen gar nicht erzählen. In so einer Situation geht es vielmehr darum, wie man solcher Schwäche begegnet, sprich: die Defizite kompensiert.

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