Klimawandel in Deutschland

Zunehmende Trockenheit führt zum Kampf ums Grundwasser

30.06.2021
Zu wenig Niederschläge, höhere Verdunstung: Mit dem Klimawandel rückt das Thema Wasser immer mehr in den Fokus. Welche Folgen hat die zunehmende Trockenheit - und ist das Trinkwasser gesichert?
Der gut gefüllte See in Brandenburg täuscht: Das regenarme Bundesland muss mit der Trockenheit umgehen. Der Klimawandel verschärft die Situation von Jahr zu Jahr.
Der gut gefüllte See in Brandenburg täuscht: Das regenarme Bundesland muss mit der Trockenheit umgehen. Der Klimawandel verschärft die Situation von Jahr zu Jahr.
Foto: SP-Photo - shutterstock.com

Auf dem Aussichtsturm in 31 Meter Höhe stehen wie fast jeden Tag Neugierige, die ihren Blick über den Cottbuser Ostsee schweifen lassen. "Vielleicht werden meine Enkel darin mal planschen", hofft der Cottbuser Gerd Neumann. Der ehemalige Tagebau in Brandenburg - noch eine klaffende Wunde in der Landschaft - soll mit einer Wasserfläche von knapp 19 Quadratkilometern einmal der größte See Brandenburgs werden. Seit 2019 wird er geflutet, doch momentan fließt kein Wasser in das riesige Restloch.

Wegen zu geringer Niederschläge und Niedrigwasser der Spree ist die Flutung seit zwei Jahren zeitweise immer wieder ausgesetzt. Erst müssen Trinkwasserversorger, Binnenfischerei und Talsperren versorgt werden. Nach Angaben des Tagebaubetreibers Leag soll der Prozess zwischen 2026 und 2030 abgeschlossen sein. Doch ist dafür - auch angesichts der zunehmenden Klimaerwärmung - künftig noch genügend Wasser da? Die Trockenheit macht auch anderen Regionen in Deutschland zu schaffen.

Kaum Regen in Brandenburg

Brandenburg ist reich an Gewässern, die Kohleregion Lausitz voller Tagebauseen, die geflutet sind oder gefüllt werden - allerdings gehört das Bundesland zu den niederschlagsärmsten Regionen Deutschlands. Das führt rasch zu Trockenheit und Niedrigwasser in den Flüssen. Nach Angaben des Umweltministeriums reagiert der Wasserhaushalt "sehr schnell" auf Niederschlagsdefizite, weil die durchlässigen Sandböden Wasser nicht halten können und über ausgedehnten Wasserflächen eine hohe Verdunstung stattfindet.

Die große Hoffnung zu Beginn dieses Jahres, dass die Niederschläge der Herbst- und Wintermonate die Wassersituation entspannt haben könnten, hat sich nicht erfüllt. Pünktlich mit dem Einsetzen der Trockenheit bittet die Untere Wasserbehörde in südlichen Regionen die Bevölkerung, mit dem Grund- und Trinkwasser sparsam umzugehen und das Wässern etwa des Gartens mittels Pumpen aus Oberflächengewässern wie der Spree zeitlich einzuschränken, um die Wasserreserven zu schonen.

Rund 65 Prozent der Deutschen fühlen sich nicht betroffen von der Wasserknappheit, wie eine repräsentative Meinungsumfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) ergeben hat. "Wir werden nicht nur mit Technologien letztlich die Situation der Wasserhaushalte in Zukunft beeinflussen können, sondern es hat auch immer etwas mit Haltungen und persönlichem Verhalten zu tun", schätzt Michael Astor vom Zukunftsbüro des BMBF die Lage ein. Es berät das Ministerium und erarbeitet mögliche Zukunftsszenarien.

Ganze Baumarten sterben ab

Auch in Bundesländern wie Niedersachsen blickt man mit Sorge auf die Ressource, der Niederschlag fehlt und die Grundwasserreserven werden knapper. Die Folge: Ernteausfälle, Probleme bei der Wasserversorgung, extrem tiefe Wasserstände bis hin zum Trockenfallen in den Wäldern und das Absterben ganzer Baumarten. "Die Defizite der letzten Jahre sind noch lange nicht ausgeglichen", stellt Ekkehard Fricke, Experte der Landwirtschaftskammer, fest.

In Bayern ist vor allem der Norden betroffen, besonders trocken ist es in Unterfranken. Teils fallen jährlich nur um die 500 Millimeter Niederschläge - in Südbayern in Richtung Alpen ist es gebietsweise mehr als doppelt so viel. Auch wenn im Jahr 2021 die Wasserversorgung noch vergleichsweise gut sei, hätten vor allem die Wälder in Franken mit der zunehmenden Trockenheit der vergangenen Jahre zu kämpfen, heißt es aus dem bayerischen Agrarministerium.

Niederschlagsdefizit in NRW

Auch in Nordrhein-Westfalen haben die drei vergleichsweise trockenen Jahre 2018 bis 2020 dem Grundwasser zugesetzt. An rund 70 Prozent der Messstellen lägen die Messwerte derzeit unterhalb der langjährigen Mittelwerte, an rund einem Drittel sei der Unterschied sogar "deutlich", berichtet Roland Funke, Leiter des Fachbereich Hydrologie im Landesumweltamt. Das anhaltende langfristige Niederschlagsdefizit, das sich seit April 2018 aufgebaut habe, sei weiter angestiegen - auf mittlerweile 320 Liter pro Quadratmeter, rund 70 Liter mehr als noch vor knapp 13 Monaten. Das Problem habe sich gegenüber dem Vorjahr nicht verschärft. Dass man auf die Normalzustände komme, sei aber auch nicht in Sicht. Die Trinkwasserversorgung sei allerdings nicht gefährdet.

Zur Vorbeugung von Wasserknappheit in manchen Regionen Deutschlands will das Bundesumweltministerium das Wassermanagement bis 2030 deutlich verbessern. Dafür sollen Plänen zufolge etwa eine bessere Datenlage sowie der Ausbau von Versorgungsnetzen zwischen Regionen mit unterschiedlicher Wasserverfügbarkeit sorgen.

Die besonders betroffenen Bundesländer haben die Wasserknappheit längst auf ihrer Agenda. Das Brandenburger Umweltministerium hat mit einem Landesniedrigwasserkonzept eine Handlungsstrategie vorgelegt. Auch eine Arbeitsgruppe "Wasserperspektiven östliches Berliner Umland" wurde eingerichtet.

Wassermanagement für Niedersachsen geplant

Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies (SPD) will ein umfassendes Wassermanagement im gesamten Land erarbeiten lassen. Damit sind neue Infrastrukturen zur Wasserrückhaltung, zur Grundwasseranhebung, Brauchwassernutzung und Wassereinsparung gemeint.

An vielen Orten in Deutschland lässt sich Wasser für Haushalte, Energieversorgung und Industrie vorrangig aus Grundwasser gewinnen. Wie angespannt ist die Wasserversorgung dort wirklich? Laut einer Umfrage des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches e. V. (DVGW) unter etwa 200 Wasserversorgern sehen 93 Prozent der Unternehmen für 2021 und die Folgejahre keine Beeinträchtigung der Versorgungssicherheit. Allerdings ist bei der Hälfte der Wasserversorger bereits der Grundwasserspiegel gesunken, weil mehr Wasser entnommen wird als nachkommt, berichtet Verbandsvorstand Wolf Merkel.

20 bis 30 Prozent der Versorger habe eine über 90-prozentige Auslastung der verfügbaren Wasserressourcen - das heißt die Unternehmen kommen an die Grenze der ihnen zugesicherten Menge Wasser, die sie entnehmen dürfen. Für Wolf Merkel ist das ein ernsthaftes Warnsignal. Der Verband hat die Aufgabe, Normen und Standards zu setzen, damit ein sicheres und sauberes Trinkwasser erzeugt wird. "Die Botschaft ist aber auch: Trinkwasser werden wir weiter in guter Qualität und in ausreichender Menge zur Verfügung haben, wir müssen dafür aber auch mehr als bisher tun." (dpa/rs)

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