Gartner Hype Cycle

Nach BYOD kommt Bring Your Own Everything

Werner Kurzlechner lebt als freier Journalist in Berlin und beschäftigt sich mit Rechtsurteilen, die Einfluss auf die tägliche Arbeit von Finanzentscheidern nehmen. Als Wirtschaftshistoriker ist er auch für Fachmagazine und Tageszeitungen jenseits der IT-Welt tätig.
Die Analysten sehen eine neue Stufe der Vernetzung kommen. BYOD indes wird bis in fünf Jahren Normalität. Für Big Data fehlen noch belastbare Business Cases.
Dicht beschrieben: der aktuelle Technologie-Hype Cycle von Gartner.
Dicht beschrieben: der aktuelle Technologie-Hype Cycle von Gartner.
Foto: Gartner

Womöglich bricht gerade eine Technologie-Phase an, in der angestaubte Science-Fiction-Mythen irgendwie doch Wirklichkeit werden. HAL zum Beispiel, der durchgeknallte und allzu menschlich tickende Computer aus Stanley Kubricks „2001: Odyssee im Weltraum“. Er wurde von Gartner-Analyst Hung LeHong bei der Präsentation des „Emerging Technologies Hype Cycle“ ins Spiel gebracht, um die nicht mehr ferne Vision einer direkten Interaktion mit Technologie zu veranschaulichen. LeHong hätte auch von KIT sprechen können, dem humorigen, intelligenten und verlässlichen Auto aus der vor 20 Jahren populären Vorabendserie „Knight Rider“. Schon vor einem Jahr, bei der Präsentation des letzten Hype Cycles, hatten die US-Marktforscher von Computer-Hirn-Schnittstellen gesprochen, was an „Blade Runner“ erinnerte.

Ziemlich abgefahren also, was sich da anbahnt. Ziemlich abgefahren ist aber alleine schon, was aus dem 1995 erstmals veröffentlichten Hype Cycle in Zeiten ausufernder technologischer Komplexität geworden ist. Man erinnere sich, dass es damals nur den Hype Cycle für neue Technologien gab – eine an sich übersichtliche Fieberkurve, auf der sich die Relevanz junger IT-Felder gut einordnen lässt. Mittlerweile untersucht Gartner rund 1900 Technologien, für die es in diesem Jahr satte 92 Reports gibt – vor einem Jahr kamen die Analysten noch mit 76 aus.

Das Instrument, das Entscheidern Durchblick verschaffen soll, ist mittlerweile selbst so unübersichtlich geworden, dass Gartner für seine Kunden individualisierte Versionen mit den für sie relevanten Themen anbietet. Gut also, dass Big Data laut Hype Cycle in zwei bis fünf Jahren eine ausgereifte Technologie sein sollte. Auf die mittlerweile an die 50 Technologien, die im grundlegenden Emerging Technologies Hype Cycle verzeichnet sind, geht Gartner in seiner Präsentation inzwischen gar nicht mehr im Detail ein. Auch das ist eine symptomatische Neuerung: Die Marktforscher gruppieren erstmals verschiedene Technologien, um Zukunftsvisionen zu entwerfen. Wichtiger als die einzelnen technologischen Bausteine erscheint letztlich ihr Zusammenspiel.

Zum Durchatmen und bevor HAL ins Spiel kommt, sei deshalb kurz ein nüchterner Blick auf den Hype Cycle in seiner schlichten Form geworfen. Die Kurve verfolgt den Weg neuer Technologien, bis sie nach typischen Stadien im Mainstream angekommen sind: vom ersten Auftauchen über einen massenmedialen Hype, dann eine Phase des Abflauens, der enttäuschten Erwartung und der Desillusionierung bis hin zur nächsten Produktgeneration, zur Phase der langsamen Marktdurchdringung und schließlich zum Produktivitäts-Plateau. Erreicht ist dieses laut Analystin Jackie Fenn, der Mutter aller Hype Cycles, wenn 20 bis 30 Prozent der Firmen die Technologie einsetzen.

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