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Kein gutes Zeugnis für System-Integratoren und Berater

IT-Dienstleister lassen Mittelstands-CIOs im Stich

Holger Eriksdotter ist freier Journalist in Hamburg.
Lars Gerdes, CIO der Rickmers Holding, muss den globalen IT-Betrieb seiner Reederei und Linienschifffahrt mit rund 90 Schiffen gewährleisten. Wie viele mittelständische CIOs fühlt er sich dabei von IT-Anbietern und Service-Providern oft alleingelassen. Diskutieren Sie auch im Forum.
Lars Gerdes, CIO der Rickmers Holding: "Wir müssen dieselben Anforderungen erfüllen wie Großunternehmen, erhalten aber viel weniger Unterstützung durch IT-Anbieter."
Lars Gerdes, CIO der Rickmers Holding: "Wir müssen dieselben Anforderungen erfüllen wie Großunternehmen, erhalten aber viel weniger Unterstützung durch IT-Anbieter."
Foto: Rickmers Holding

Global aufgestellte Mittelständler haben es nicht leicht: Mit kleiner IT-Mannschaft und knappen Budgets müssen sie die zwar kleinere, aber oft ebenso komplexe IT-Landschaft ihrer Betriebe am Laufen halten. "Wir müssen dieselben Anforderungen erfüllen wie Großunternehmen, erhalten aber viel weniger Unterstützung durch IT-Anbieter und Servicedienstleister", sagt Lars Gerdes, CIO der Rickmers Holding in Hamburg. Mit nur 15 Mitarbeitern in seiner IT-Abteilung ist er für die IT in der Hamburger Zentrale, an 20 Auslandsstandorten und auf rund 90 Schiffen zuständig.

Er ärgert sich nicht nur darüber, dass es für seine Anforderungen der Seeschifffahrt an speziellen Applikationen, Service- und Beratungsleistungen mangelt, sondern vor allem darüber, dass gerade kleinere Mittelständler von den großen Anbietern stiefmütterlich behandelt werden. "Das beginnt schon mit Messen und Kongress-veranstaltungen", sagt Gerdes, "die dort gezeigten Ansätze sind in der Regel auf Großunternehmen zugeschnitten. Schon vom Analyse-, Implementations- und Dokumentationsaufwand her kommen sie für kleinere Betriebe nicht in Frage."

Berater sind "mittelstandsblind"

Nach seiner Ansicht ist das aber nur die Spitze des Eisbergs: "Der typische SAP-Berater ist Spezialist für einen ganz bestimmten Bereich und kennt nur Großbetriebe, in denen er mit anderen Spezialisten Hand in Hand arbeitet." Gerdes nennt das "insulare" Zuständigkeiten. "Der Mittelstand braucht aber einen anderen Beratertyp, einen, der sich ganzheitlich auskennt und die Einführung von Systemen aus einer Hand leisten kann", fordert er. Von den Methoden bis zu den Tagessätzen, die für die IT-Budgets der kleinen und mittleren Unternehmen (KMUs) meist außerhalb des Machbaren lägen, gehe das Angebot der großen Applikations- und Serviceanbieter an den Anforderungen des Mittelstands vorbei. Vermutlich spricht er den meisten KMU-CIOs aus dem Herzen, wenn er besonders den großen IT-Anbietern "Mittelstandsblindheit" attestiert.

Auch den kleineren Systemintegratoren und Beratungshäusern stellt er kein gutes Zeugnis aus. Hier habe er es oft mit einer "Ängstlichkeitskultur" zu tun. "Die scheuen sich oft, wirkliche Komplettangebote vorzulegen. Denn sie fürchten, dass sich das angebotene System später als schlecht dimensioniert, nicht hinreichend skalierbar oder in anderer Hinsicht als nicht optimal erweist und sie dann mit Nachbesserungsforderungen in der Haftung stehen", sagt Gerdes. Die Folge: "Mit unseren ohnehin knappen Ressourcen müssen wir den gesamten Integrationsaufwand von Hardware, Betriebssystem und Applikationen selbst leisten." Und auch dabei sei ein kleineres Unternehmen benachteiligt: "Bei den vergleichsweise geringen Stückzahlen, die wir bestellen, haben wir sowohl von den Konditionen und Reaktionszeiten her als auch beim Support einen schlechteren Stand, als wenn Daimler oder die Deutsche Bank beim Lieferanten anfragt."

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