Gesundheit

Macht die moderne Arbeitswelt krank?

Bernhard Kuntz ist Inhaber der Marketing- und PR-Agentur Die PRofilBerater.
Die Zahl der Berufstätigen mit psychischen Problemen steigt. Doch warum? Aufgrund des erhöhten Arbeitsdrucks in vielen Unternehmen? Darüber gehen die Meinungen auseinander.
Die Zahl der Burnout-Fälle hat in den vergangenen Jahren aufgrund des erhöhten Arbeitsdrucks und veränderter Sozialstrukturen in unserer Gesellschaft stark zugenommen.
Die Zahl der Burnout-Fälle hat in den vergangenen Jahren aufgrund des erhöhten Arbeitsdrucks und veränderter Sozialstrukturen in unserer Gesellschaft stark zugenommen.
Foto: Rynio-Productions - Fotolia.com

Die Zahl der Berufstätigen mit psychischen Belastungen oder gar Erkrankungen steigt; ebenso die Zahl der Burnout-Fälle. Knapp 100.000 kommen laut AOK-Angaben Jahr für Jahr hinzu. Solche Nachrichten kann man seit Jahren in den Medien hören und lesen. Regelmäßig streiten Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter darüber, warum zum Beispiel die durch Burnout-Leiden verursachten Krankheitstage in acht Jahren auf das 18-fache gestiegen sind. Der erhöhte Arbeitsdruck und die gestiegene Arbeitsbelastung in den Betrieben seien schuld, betonen in der Regel die Arbeitnehmervertreter.

Und die Arbeitgeber? Sie verkünden meist wie Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt, die Berufstätigkeit sei nie die alleinige Ursache für das Entstehen psychischer Erkrankungen. Und es schade der Sache, wenn die Debatte über psychische GesundheitGesundheit "mit verzerrten Darstellungen und unberechtigten Vorwürfen" geführt werde. Die psychischen Störungen hätten nicht zugenommen, sie würden nur häufiger diagnostiziert. Top-Firmen der Branche Gesundheit

Mehr Stress, fragile Jobs

Stefan Bald, Kraus & Partner: "Von jedem Einzelnen wird mehr Selbstverantwortung erwartet."
Stefan Bald, Kraus & Partner: "Von jedem Einzelnen wird mehr Selbstverantwortung erwartet."
Foto: Kraus & Partner

Wer hat recht? Was ist die reale Ursache dafür, dass mehr Arbeitnehmer über ihre psychische Belastung klagen? Die veränderte Arbeitswelt spielt hierbei durchaus eine Rolle. Davon ist Stefan Bald, Geschäftsführer der Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner, Bruchsal, überzeugt: "In den meisten Betrieben geht es heute hektischer als früher zu." Zudem seien viele Beschäftigungsverhältnisse fragiler geworden - angefangen bei den gering Qualifizierten, die heute oft nur noch Minijobs und Jobs bei Zeitarbeitsfirmen finden, bis hin zu den Hochqualifizierten, die in den ersten Berufsjahren oft nur Zeitverträge erhalten. Auch diese veränderten Rahmenbedingungen erhöhten die psychische Belastung vieler Arbeitnehmer. Das blendeten viele Arbeitgeber gerne aus.

Doch hierin die alleinige Ursache für die gestiegene Belastung zu sehen, "das greift zu kurz", betont Bald. "Unser gesamtes Leben hat sich in den zurückliegenden Jahrzehnten verändert." So werde heute von den Menschen zum Beispiel insgesamt erwartet, mehr Eigenverantwortung zu zeigen und "private Vorsorge" zu betreiben. Wir sollen für unser Alter vorsorgen. Wir sollen uns weiterbilden. Wir sollen auf unsere Gesundheit achten. Und, und, und .... Auch das trägt dazu bei, dass die Belastung steigt. Noch entscheidender ist für Bald aber folgender Punkt: "Die Sozialstrukturen in unserer Gesellschaft haben sich gewandelt."

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