Leitfaden für richtiges Krisen-Management

Kündigen - aber fair bleiben

03.12.2007
Von Helene Endres

"Wenn Sie jemandem kündigen müssen, tun Sie das im dritten, spätestens im fünften Satz", so Experte Refisch. "Dann halten Sie die Klappe - unter Schock hört ihr Gesprächspartner ohnehin nichts mehr." Und reagiert zumeist sehr persönlich: Mancher steht schweigend auf und geht, andere betteln um eine neue Chance, heulen, schreien oder werden gar handgreiflich.

Profikündiger Martin Prager hat die volle Bandbreite erlebt. Seine Reaktion jedoch passt zu dem bedächtigen Mann: Er bleibt völlig ruhig. Sich jetzt auf Diskussionen einzulassen wäre falsch - es gibt ja nichts zu diskutieren. Er wiederholt die Entscheidung, zeigt, dass sie ihm menschlich leidtut, lässt dem anderen Zeit, sich zu beruhigen.

Details über Freistellung, Dienstwagen und Abfindung gehören in ein Folgegespräch, das fest vereinbart ein oder zwei Tage später stattfindet. Nicht nur deshalb sollte niemals freitags gekündigt werden. "Der Mitarbeiter braucht jetzt Ansprechpartner. Ihn mit der schlechten Nachricht ins Wochenende zu schicken ist fahrlässig", sagt Psychologe Hermann Refisch.

Mitarbeiter über Entlassungs-Hintergründe informieren

Keinesfalls darf der Chef das Trennungsgespräch zu lange hinauszögern. Sonst wächst die Gefahr, dass die bevorstehende Entlassung schon gerüchteweise durch die Gänge wabert. Muss doch eine Kündigung vorher mit Vorgesetztem, Personalabteilung und Betriebsrat abgesprochen sein. Dabei sollten auch arbeitsrechtliche Einschränkungen sorgfältig abgeklopft werden. Denn die Entlassung wird zum kompletten Desaster, wenn der Mitarbeiter sagt: Nein, ich bleibe - und damit vor Gericht durchkommt.

Spätestens dann ist die Entlassung Topthema in der Abteilung. Folge: Die Produktivität sinkt und das Ansehen des Chefs gleich mit. Es folgen weitere arbeitsrechtliche Auseinandersetzungen, die Zeit, Geld und Nerven kosten. Und am Ende hat man womöglich einen Aufwiegler in der Truppe.

Nicht nur in diesem Extremfall muss eine Führungskraft die Nähe zum verbleibenden Team suchen: Wer die Kollegen jetzt sitzen lässt und schweigend hofft, dass die Arbeit schon irgendwie gemacht wird, erreicht nur eines: Demotivation und Unsicherheit, auch über den Arbeitsplatz. Dies führt oft dazu, dass sich die guten Mitarbeiter eine neue Stelle suchen - und die ohnehin dezimierte Abteilung noch zusätzlich schwächen.

"Zu einer Trennung gehört immer auch das Gespräch mit dem restlichen Team", so Trainerin Kämper-Laube. Die Mitarbeiter sollten um die Hintergründe und Zusammenhänge der Personalie wissen - was dies für ihre Arbeit bedeutet und ob weitere Einschnitte zu erwarten sind, natürlich ohne die Persönlichkeitsrechte des Entlassenen zu verletzen. "Und es findet wie bei privaten Verlusten auch bei den Kollegen ein Trauerprozess statt. Dies wird nicht gesehen und ist auch nicht erwünscht", so Kämper-Laube.

Insolvenzverwalter Prager hat seine eigene Art entwickelt, den StressStress zu verarbeiten. Wenn er Kündigungen aussprechen muss wie neulich, als ein 58-Jähriger seine Frau mitgebracht hatte und anfing zu weinen. "Das steckt man nicht so einfach weg", sagt Prager. Er vergleicht dann seinen Job mit dem eines Unfallchirurgen. Nach dem Motto: lieber von einem Bein trennen, als den ganzen Menschen sterben zu lassen. Alles zu Stress auf CIO.de

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