Konsumenten zwingen Call-Center zu Strategie-Wechsel

Tele-Marketing stößt an seine Grenzen

Werner Kurzlechner lebt als freier Journalist in Berlin und beschäftigt sich mit Rechtsurteilen, die Einfluss auf die tägliche Arbeit von Finanzentscheidern nehmen. Als Wirtschaftshistoriker ist er auch für Fachmagazine und Tageszeitungen jenseits der IT-Welt tätig.
Günter Wallraff freut sich vielleicht. Oder der investigative Ankläger von Missständen wittert die nächste perfide Finte der Call-Center-Branche. Jedenfalls ist die Kritik von Publizisten wie Wallraff, von Politikern und vor allem Konsumenten an den Outbound-Praktiken der Telefon-Zentren nicht verpufft. Laut Datamonitor müssen sich die Call-Center ob des rauen Gegenwindes gewieftere Verkaufs-Taktiken überlegen.

Der plumpe Weg scheint gescheitert. "Ganz klar, Tele-Marketing ist keine gangbare Methode mehr“, sagt Peter Ryan, Senior Analyst bei Datamonitor. Jedenfalls nicht in Nordamerika und Westeuropa, wo sich Verbraucher und Regierungen unter anderem mit Do-Not-Call-Listen gegen unerwünschte Verkaufsanrufe wehren.

In Schwellen- und Entwicklungsländern hat sich Outbound-Marketing noch nicht totgelaufen. "Dort könnten neue Chancen für Outsourcer liegen, die ihren funktionalen Mix diversifizieren möchten“, meint Ryan.

Für die Struktur der Call-Center ist der Widerstand in den starken Volkswirtschaften folgenreich. Die Analysten gehen davon aus, dass bis 2012 Inbound-Telefonate den stärksten horizontalen Markt bilden. Die Hälfte der Agenten in ausgegliederten Zentren widmet sich laut Prognose in fünf Jahren den Anrufen von Kunden oder informiert die Verbraucher über Treue-Prämien.

Die Zahl der Agenten im Outbound-Geschäft sinkt demgegenüber. Ihre Aufgabe ist es, Produkte und Dienstleistungen proaktiv zu verkaufen.

Die Tätigkeit in diesem Segment wird in jedem Fall anspruchsvoller. Die Investoren kommen zum Beispiel nicht mehr umhin, in jeder Region sorgfältig die rechtlichen Gegebenheiten zu prüfen.

Von Kosten-Zentren zu Profit-Zentren

Ferner können Erfolge nur mit verfeinerten Methoden erreicht werden. Als ein Beispiel nennt Datamonitor das sogenannte "warm calling“. Dabei handelt es sich um Anrufe bei Kunden, die bereits etwas gekauft haben. Die Agenten erkundigen sich einerseits über die Zufriedenheit, andererseits versuchen sie den nächsten Kauf anzuleiern - Cross-Sell oder Upsell. Exzellente Chancen sehen die Analysten auch in Charity-Anrufen und im telefonischen Eintreiben von Schulden.

Dadurch verschieben sich auch beim Inbound-Geschäft die strategischen Gewichte. "Die Investoren treibt die Idee um, die Pflege ihrer Kundenbeziehungen von Kosten-Zentren in Profit-Zentren zu verlagern“, sagt Ryan. Dabei ist eine Vertrauensbasis zwischen dem Agenten und dem Kunden zwingend.

Datamonitor schlägt vor, in drei Schritten zu einem multidimensionalen Mix zu gelangen:

  • erstens die Chancen abzuwägen, die verschiedene Regionen und Branchen bieten,

  • zweitens die Details zu prüfen, die mit jeder einzelnen Funktion einhergehen und

  • drittens ihre eigenen internen Operationen dahingehend zu überprüfen, was momentan realisierbar ist und wo künftig Investitionen sinnvoll erscheinen.

In der Studie "Horizontal contact center outsourcing trends to 2012" analysiert Datamonitor strategische und regionale Trends.

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