Top 10 - Matthias Mehrtens, Stadtwerke Düsseldorf

Der Reiz des Wandels

28.11.2008 von Alexandra Mesmer
Ein deregulierter Energiemarkt fordert auch die IT der Versorger heraus. Matthias Mehrtens setzt darum auf SOA und Green IT.
Matthias Mehrtens kam beim "CIO des Jahres 2008" unter die Top 10.

Was ist denn bitte schön Green IT? Können Sie Ihre IT-Strategie erklären? Und wie steht es mit Innovation? Die junge Moderatorin hat sich sperrige Themen ausgesucht, über die Berater stundenlang reden, ohne dass sie greifbar würden. In seinem schwarzen Anzug und der grau-weiß gestreiften Krawatte sieht Matthias Mehrtens aus wie ein typischer Berater, doch nach der ersten Antwort wird der Unterschied klar.

Der CIO der Stadtwerke Düsseldorf erklärt in wenigen Sätzen, wie intelligente Stromzähler funktionieren. Er plaudert entspannt über die Herausforderungen an seine IT im deregulierten Energiemarkt, ohne dass er sich in Anglizismen und den in der IT-Branche so beliebten Abkürzungen ergeht.

Druck durch Wettbewerber und Gesetzgeber

Die Idee, Anwendern die IT in fünf- bis zehnminütigen Web-TV-Spots zu erklären, funktioniert bei den Düsseldorfer Stadtwerken. Schon vor den Spots waren die Anwender so zufrieden mit ihrer IT, dass Mehrtens im vergangenen Herbst den "Customer Care Award" gewann, den das CIO-Magazin und die TU München als Ergebnis der größten deutschen IT-Zufriedenheitsstudie verliehen.

Matthias Mehrtens schätzt den großen Zusammenhalt bei den Stadtwerken.

Für den promovierten Wirtschaftsinformatiker ist eine gute Zusammenarbeit mit den Fachbereichen Grundvoraussetzung, um die Herausforderungen in der IT zu bewältigen. Die gibt es zuhauf, seit der Energiemarkt dereguliert wurde. "Wir stehen von vielen Seiten unter Druck, ob durch Wettbewerber oder Vorgaben der Bundesnetzagentur", sagt Mehrtens. Letztere gab den Anstoß für sein wichtigstes Projekt in den vergangenen zwei Jahren: den Aufbau einer Service- orientierten IT-Architektur mit einer zentralen Datendrehscheibe auf Basis von SAP. So musste im Zuge der Entflechtung von Vertrieb und Verteilung für Strom und Gas das SAP-System in zwei Mandanten aufgeteilt werden.

Auf den Projektfortschritt ist Mehrtens stolz: "Wir haben mittlerweile vier Testtransformationen sowie Prozesstests hinter uns und werden im Frühjahr 2009 einer der ersten großen Versorger in Deutschland sein, der diese Anforderungen umgesetzt hat." Betroffen sind insgesamt über 750.000 Verträge. Auch der Austausch von Nachrichten zwischen den zwei getrennten SAP-Systemen über Edifact-Datenkommunikation funktioniere schon. Dass alles bislang so gut lief, führt Mehrtens auf die Architekturvorgaben zurück, die man sich vorher genau überlegt habe. Wichtig sei auch gewesen, dass die IT-Architektur stets eingebunden war.

Intelligente Stromzähler

Der Wandel sorgt dafür, dass sich der 41-Jährige in seinem Job nicht langweilt. Als er 2003 von einem international agierenden Energiekonzern zu den Stadtwerken Düsseldorf wechselte, wunderten sich so manche. Mehrtens nicht. Er schätzt den Zusammenhalt, den der Druck durch Wettbewerber und Vorgaben der Bundesnetzagentur noch verstärkt. Auch die kurzen Wege - alle 2500 Mitarbeiter arbeiten an einem Standort - machen Geschäftsreisen oft überflüssig. Die anspruchsvollen Projekte lassen sich ohne internationale Verflechtungen schneller abwickeln. Seit EnBW als Mehrheitseigner eingestiegen ist, verstehen sich die Stadtwerke als "Flaggschiff" für den Energiekonzern in Düsseldorf und der Region.

"Wir sind früh dran mit den Themen", sagt der CIO und verweist auf die intelligenten Stromzähler. Dank derer können bislang 1000 Haushalte in einem Pilotprojekt ständig über Internet abfragen, wie viel Strom sie verbraucht haben. Auch in Sachen Green IT haben die Stadtwerke ein erstes Zeichen gesetzt: Das Gebäude des Rechenzentrums wird nicht mehr durch die Elektroheizung versorgt, sondern durch eine Klimaanlage, die durch Gasmotorwärmepumpen betrieben wird. Dadurch sanken die Heizkosten um 34 Prozent und die Kühlkosten um 24 Prozent, der Return on Invest beträgt 4,5.

Jüngst wurde Mehrtens in den Aufsichtsrat der Stadtwerke Düsseldorf AG gewählt. Darüber hat er sich gefreut. In den nächsten Jahren arbeitet er eng mit den Vorständen im Aufsichtsrat zusammen und ist dort angelangt, wo jeder erfolgreiche CIO sein möchte: ganz nah am Business.

Matthias Mehrtens (41), Stadtwerke Düsseldorf

Position: Hauptabteilungsleiter IT (CIO).

Branche: Energiewirtschaft (2499 Mitarbeiter).

Ein CIO muss ... "Anwendern die IT erklären können".

Er liest gerade "Innovationskultur: Vom Leidensdruck zur Leidenschaft" von 3M-Geschäftsführer Jürgen Jaworski.

Lieblingsfach in der Schule: Chemie.

Wichtigstes Projekt: Aufbau einer Service-orientierten IT-Architektur

Projektbeschreibung: IT-Architektur umfasst Referenzarchitekturen für IT-Anwendungssysteme und -Infrastrukturen sowie Prozesse und Gremien für eine unternehmensweite Governance. Sie beinhaltet die Mandantentrennung SAP, Edifact- Datenkommunikation Strom und Gas, Aufbau Portfolio-Management, Aktualisierung CRM-Software für B-to-B und die Modernisierung der Büro-Infrastruktur.

Projektbereiche: IT-Sicherheit; Vernetzung / Telefonie; ERP; CRM; Branchensoftware; Business Intelligence; Datenqualität / -Management; IT-Governance; Messaging und Collaboration; IT-Architektur (SOA, EAM, ...); Konsolidierung (IT-Infrastruktur); Projekt- und Portfolio-Management.

Kernprodukte: SAP ERP, CRM, BI, Handelssystem.

Herausforderungen: Wettbewerbsanforderungen und gesetzliche Rahmenbedingungen.

Zeitrahmen: Ende 2007 bis Frühjahr 2009.

Projektmitarbeiter: 50 (146 IT-Mitarbeiter gesamt).

Projektbudget: zehn Millionen Euro (IT-Budget gesamt: 40 Millionen Euro).

IT-Umgebung: IBM, SAP, Oracle.