Balance wichtig

20 Regeln für flexibles Arbeiten

14.03.2013 von Andrea König
Microsoft hat zusammen mit Gallup einen How-to-Guide zum flexiblen Arbeiten verfasst. Das von Yahoo verkündete Home-Office-Verbot nennt Brigitte Hirl-Höfer von Microsoft Deutschland im Interview einen rückwärtsgewandten Schritt.

Microsoft hat zusammen mit Gallup einen How-to-Guide zum flexiblen Arbeiten verfasst. Das von Yahoo verkündete Home-Office-Verbot nennt Brigitte Hirl-Höfer von Microsoft Deutschland im Interview einen rückwärtsgewandten Schritt.

Von Andrea König, CIO

Microsoft hat zusammen mit dem Beratungsunternehmen Gallup einen How-to-Guide zum Thema flexibles Arbeiten entwickelt. Dabei geht es nicht um eine Gebrauchsanweisung für die passenden Technologien sondern darum, welche Voraussetzungen in einer Unternehmenskultur geschaffen werden müssen, damit flexible Arbeitsmodelle gelingen können. Konkret nennt der Guide jeweils zehn Regeln, die Arbeitnehmer und Arbeitgeber beim flexiblen Arbeiten beachten sollten.

"Ich halte das für einen rückwärtsgewandten Schritt", sagt Brigitte Hirl-Höfer von Microsoft Deutschland über das Home-Office-Verbot bei Yahoo.
Foto: Microsoft

Wenige Tage vor dem Gesprächstermin mit Brigitte Hirl-Höfer, Senior Director Human Resources und Mitglied der Geschäftsführung bei Microsoft Deutschland, und Pa M. K. Sinyan, Senior Consultant bei Gallup Deutschland, wurde bei Yahoo bekanntgegeben, dass die Angestellten ab Juni nicht mehr im Home-Office arbeiten dürfen. Brigitte Hirl-Höfer und Pa M. K. Sinyan zeigten sich beide "überrascht" über diese Ankündigung.

"Ich halte das für einen rückwärtsgewandten Schritt", sagt Brigitte Hirl-Höfer von Microsoft Deutschland. Und Pa M. K. Sinyan von Gallup ergänzt: "Wenn durch die Home-Office-Lösungen tatsächlich der Austausch fehlt, hätte man sich bei Yahoo doch lieber die Frage stellen sollen, wie sich dieser Austausch fördern lässt."

Brigitte Hirl-Höfer betont jedoch, dass man zwischen einem ausschließlichen Home-Office und einem ab-und-zu Home-Office unterscheiden muss. "Ich bin kein Freund von den beiden Extremen, dem permanenten Home-Office und der hundertprozentigen Präsenzkultur. Es braucht eine Balance", sagt sie.

1. Springer:
Mitarbeiter ohne feste Aufgaben können flexibel disponiert werden.
2. Voneinander lernen:
Mitarbeiter aus einer Abteilung erlernen die Fertigkeiten für die Aufgaben aus einer anderen Abteilung - und umgekehrt.
3. Kräftig mischen:
Bei Bedarf können Mitarbeiter unterschiedlicher Abteilungen andernorts eingesetzt werden.
4. Teilen und herrschen:
Komplexe Jobs werden in kleine, einzelne Projekte zergliedert. Siehe Scrum.
5. Kräfte Bündeln:
Ebenso lassen sich komplexe Projekte breiter definieren - so dass bei Bedarf fremde Kollegen einspringen können.
6. Die Cloud-Lösung:
Aus der Ferne arbeiten externe Kollegen bei Bedarf per Internet mit. Das wird einzeln abgerechnet.
7. Die menschliche Cloud:
Wer gute externe Kräfte kennt, holt sie bei Bedarf mit einem Vertrag in die Firma.
8. Geteilte Freud:
Die Mitarbeiter einer Firma können anderen Unternehmen ausgeliehen werden - und umgekehrt.

Und sie nennt dafür ein Beispiel: Möchte ein Microsoft-Mitarbeiter gern sehr flexibel arbeiten, ist das kein Problem, sofern es zu seiner Rolle passt. Allerdings sollte er erst ein Jahr lang auch Zeit im Büro verbracht haben, um sich ein persönliches Netzwerk aufzubauen. Generell gilt für Microsoft-Angestellte Vertrauensarbeitszeit, dabei wird viel Wert auf Zielvereinbarungen und regelmäßige persönliche Gespräche gelegt.

Viele der Regelungen sind "Common Sense"

Pa M. K. Sinyan von Gallup über das Home-Office-Verbot bei Yahoo: "Wenn durch die Home-Office-Lösungen tatsächlich der Austausch fehlt, hätte man sich bei Yahoo doch lieber die Frage stellen sollen, wie sich dieser Austausch fördern lässt."
Foto: Gallup

Viele der Regelungen aus dem How-to-Guide bezeichnet Brigitte Hirl-Höfer als "Common Sense". Das Fundament dieser flexiblen Arbeitsformen klingt so einfach und doch fehlt es daran häufig: Vertrauen.

Dazu kommt bei Arbeitgebern zum Beispiel, dass sie mit ihren flexibel arbeitenden Mitarbeitern klare Vereinbarungen treffen, neue Meetingkulturen schaffen und das Thema Führung nicht vernachlässigen dürfen. Arbeitnehmer müssen bei flexiblen Arbeitsmodellen etwa darauf achten, nach Feierabend abzuschalten, richtig zu kommunizieren und sich mit Kollegen regelmäßig auszutauschen.

"Damit Leistung nicht mit der Anwesenheit gleichgesetzt wird, müssen Unternehmen die Leistung ihrer Mitarbeiter objektiv mit Kennzahlen messen", empfiehlt Pa M. K. Sinyan. Denn schließlich kommt es auf das Ergebnis an und nicht darauf, wer abends am längsten im Büro gesessen hat.

Brigitte Hirl-Höfer glaubt nicht, dass Yahoo mit seinem Home-Office-Ende eine Kehrtwende eingeläutet hat: "Das Thema wird sich auch zukünftig weiter verstärken. Nicht nur durch neue Technologien sondern auch durch eine neue Generation an Mitarbeitern, die diese Arbeitsweise einfordert."

Die zehn Regeln aus dem How-to-Guide von Microsoft und Gallup zum flexiblen Arbeiten für Arbeitgeber lauten:

10 Regeln für Arbeitgeber

1. Klare Vereinbarungen treffen: Flexible Arbeitsmodelle erfordern klare Vereinbarungen. Nur wenn die Rahmenbedingungen transparent und Erwartungen eindeutig formuliert sind, kann daraus eine vertrauensvolle neue Arbeitskultur entstehen.

2. Nutzung freistellen: Nicht für jeden Mitarbeiter eignet sich Arbeiten im Home-Office: Jedem Mitarbeiter sollte freigestellt sein, diese Angebote im Unternehmen zu nutzen.

3. Mitarbeitern vertrauen: Als Arbeitgeber sollte man seinen Mitarbeitern vertrauen und "loslassen" können.

4. Mitarbeiterleistung messen: Die Leistung von Mitarbeitern muss objektiv definiert und gemessen werden.

5. Führung nicht vernachlässigen: Aus den Augen, aber nicht aus dem Sinn: Auch Mitarbeiter ohne permanente Anwesenheit brauchen Führung.

6. Fürsorgepflicht ernst nehmen: Arbeitgeber haben eine Fürsorgepflicht gegenüber den Mitarbeitern. Diese gelten auch und insbesondere für flexible Arbeitsplatzmodelle.

7. Neue Meetingkulturen schaffen: Bei aller Flexibilität: Neue Meetingkulturen erleichtern effiziente und effektive Arbeitsprozesse innerhalb der Teams.

8. Gemeinschaftsgefühl stärken: Den direkten Austausch fördern, sich gegenseitig schätzen - und so die Zusammenarbeit und das Gemeinschaftsgefühl stärken.

9. Mitarbeiter willkommen heißen: Mitarbeiter müssen sich im Unternehmen willkommen fühlen und haben ein Anrecht auf einen Arbeitsplatz.

10. Unternehmenskultur überprüfen: Neue Arbeitsstrukturen können nur erfolgreich sein, wenn sie mit der Unternehmenskultur, der Philosophie und den Unternehmenszielen vereinbar sind.

Die zehn Regeln aus dem How-to-Guide von Microsoft und Gallup zum flexiblen Arbeiten für Arbeitnehmer lauten:

10 Regeln für Arbeitnehmer

1. Nach Feierabend abschalten: Feierabend und Ferien gelten auch bei flexiblen Arbeitsplatzmodellen.

2. Eignung prüfen: Eigene Eignung für flexible Arbeitsmodelle kritisch überprüfen.

3. Selbstbewusstsein entwickeln: Auch bei flexiblen Arbeitsplatzmodellen hat der Arbeitgeber keinen Anspruch auf ständige Rufbereitschaft.

4. Verantwortung übernehmen: Der Mitarbeiter übernimmt mehr unternehmerisches Denken und sollte sich seiner Verantwortung gegenüber dem Arbeitgeber bewusst sein.

5. Klare Ziele setzen: Flexible Arbeitsmodelle sind kein Abstellgleis, aber sie erfordern mehr Durchsetzungswillen und Präsenz, um sich weiter zu entwickeln.

6. Richtig kommunizieren: Die eigenen Aufgaben, Prozesse und Termine klar kommunizieren.

7. Arbeitsrhythmus neu definieren: Den eigenen Rhythmus finden: Der Arbeitsrhythmus sollte an die eigene Produktivität und die persönlichen Bedürfnisse angepasst werden, ohne dabei die Prozesse im Team zu missachten.

8. Mit Kollegen austauschen: Networking ist Pflicht: Die virtuelle Präsenz entbindet den Mitarbeiter nicht von seinen Aufgaben als Teammitglied, dazu zählen nicht nur die reinen Jobkriterien, sondern auch die Sozialkompetenz.

9. Sorgfältig arbeiten: Gerade bei virtuellen Teams ist professionelles Wissensmanagement mit einem eindeutigen Ablagesystem Pflicht.

10. Sich selbst managen: Flexible Arbeitszeit und Arbeitsplatzmodelle verlangen ein hohes Maß an Selbstorganisation.