Ratgeber Macbook ohne Lüftung

35 Grad im Schatten: Macbook im Hitzetest

10.07.2015 von Christian Möller
Hält das Macbook ohne Lüfter auch im Hochsommer durch, ohne sich abzuschalten oder gar Schaden zu nehmen?

Das Macbook 12 Zoll, Apples jüngster Spross aus der Mac-Familie, kommt ohne interne Lüfter aus. Die CPU benötigt so wenig Strom, dass die passive Kühlung über das Aluminiumgehäuse ausreichen soll. Eine zusätzliche Belüftung sei laut Apple nicht notwendig. Der Vorteil: Da weniger Komponenten verbaut sind, kann das Macbook kleiner und vor allem flacher ausfallen. Und was noch wichtiger ist: Egal, wie stark man das Macbook fordert, störende Lüftergeräusche sind niemals zuhören.

Während der sommerlichen Hitzewelle in Deutschland erreichen uns jedoch immer mehr Anwenderberichte, nach denen sich das neue Macbook bereits bei normaler Benutzung im Freien von allein ausschaltet. Der Grund: Überhitzung. Kann das stimmen? Apple gibt einen Temperaturbereich im Betrieb von 10 bis 35 Grad Celsius an.

An einem hochsommerlichen Tag kann die maximale Umgebungstemperatur durchaus schon mal erreicht oder gar überschritten werden, doch schaltet sich das Macbook dann tatsächlich sofort aus? Glaubt man den Horrorgeschichten im Netz, würde es sich sogar schon vorher abschalten, ein normales Arbeiten im Sommer wäre mit dem Macbook demnach gar nicht möglich.

Praxistest im Biergarten: Das Macbook 12 Zoll bei 35 Grad

Am offiziell heißesten Tag in Deutschland seit Beginn der Wetteraufzeichungen wollen wir das überprüfen und stellen am 5. Juli 2015 in einem Biergarten in der Nähe von Wolfratshausen ein typisches Anwenderszenario mit dem Macbook (1,1 GHz Version) nach. Wir sitzen im Schatten von Kastanienbäumen, das Macbook steht auf dem Biergartentisch. Ein kühles Getränk und ein digitales Thermometer, mit dem wir die Außentemperatur ständig überwachen, stellen wir direkt daneben. Es geht kaum Wind, nur manchmal weht eine leichte Sommerbrise vorbei.

Phase eins - Der Start

Das Display ist auf volle Helligkeit eingestellt. Die braucht man auch, damit man bei der hellen Nachmittagssonne überhaupt etwas auf dem Bildschirm erkennen kann. Im Baumschatten klappt das aber sehr gut. Der Akku ist voll geladen. Wir starten einige Standardanwendungen wie Numbers und Pages und arbeiten abwechselnd mit einer Tabelle und einem Textdokument. Das Tool iStat Menus 5 überwacht dabei im Hintergrund stets die Temperatur aller verbauten Sensoren. Besonderes Augenmerk werfen wir auf die CPU-Temperatur und die Temperatur des Force-Touch-Trackpads. Diese repräsentiert in etwa die Oberflächentemperatur des Gehäuses an einer für den Anwender kritischen Stelle, denn hier muss man das Macbook immer wieder berühren.

Unsere erste Messung (quasi der Nullpunkt) nehmen wir kurz vor dem Start des Tests vor. Noch ist das Macbook verhältnismäßig kühl, denn es kommt aus dem klimatisierten Auto (genau wie das Thermometer). Die Temperatur liegt bei 29 Grad. Wir beginnen mit der Arbeit. Nach etwa 20 Minuten nehmen wir die zweite Messung auf. Die Außentemperatur liegt nun mit 35,2 Grad knapp über den Spezifikationen von Apple. Das Macbook verhält sich normal. Keinerlei Probleme feststellbar.

Phase zwei: CPU Last auf 30 Prozent

Um die Sache etwas zu verschärfen, starten wir nun das Tool Systemload. Hiermit kann man ziemlich genau eine konstante, einstellbare CPU-Last erzeugen. Wir stellen die Last zunächst auf 30 Prozent ein. Die Außentemperatur bleibt um die 35 Grad, meist ein klein wenig darunter. Nach weiteren 20 Minuten steigt die CPU-Temperatur wegen der Last auf über 60 Grad. Kein Problem für das Macbook. Es arbeitet normal weiter. Die Spezifikationen der Intel-CPU gehen bis 105 Grad. Die sind noch lange nicht erreicht.

Phase drei: CPU Last auf 50 Prozent

Wir arbeiten nun schon gut eine Stunde mit dem Macbook im Biergarten bei Rekordhitze durch das Sommerhoch Annelie. Nach wie vor verhält sich der Mac normal, wir stellen keine Probleme fest. Wir steigern die CPU-Last auf 50 Prozent und arbeiten weitere 20 Minuten mit dem Macbook. Die CPU-Temperatur steigt nun schnell auf über 70 Grad aber dennoch merken wir noch keinerlei Probleme. Die Unterseite des Macbook wird nun richtig heiß und auch der Bereich zwischen Displayscharnier und Tastatur erwärmt sich spürbar. Hier führt die passive Kühlung des Macbook die meiste Hitze ab. Das Trackpad bleibt jedoch mit 38 Grad in einem unkritischen Bereich. Man kann es problemlos berühren.

Phase vier: CPU-Last auf 100 Prozent

Nun gehen wir aufs Ganze. 100 Prozent CPU-Last, also beide Kerne und die beiden virtuellen Kerne des Hyper-Threading müssen unter Volllast arbeiten. Gleichzeitig arbeiten wir weiter an unseren beiden Dokumenten. Wohlgemerkt: Die Funktion App Nap ist für das Tool Systemload während des gesamten Tests abgeschaltet. Systemload beschäftigt also tatsächlich die ganze Zeit die CPUs, auch wenn wir im Vordergrund mit Pages oder Numbers arbeiten.

Nach 20 Minuten messen wir eine CPU-Temperatur von 80 Grad, das Trackpad bleibt bei moderaten 38 Grad. Aufgrund der starken Belastung ist der Akkustand auf inzwischen 60 Prozent gefallen, aber das Macbook hält dennoch tapfer durch. Wir spüren keinerlei Beeinträchtigung. Scrolling in den Dokumenten, Wechsel zwischen den Apps, alles läuft flüssig weiter. Die Unterseite des Macbook ist nun allerdings schon unangenehm heiß. Man sollte es jetzt nicht mehr auf den Schoß stellen.

Phase fünf: Wechsel ins überhitzte Auto

Der Extremfall: wir wechseln ins überhitzte Auto. Hier liegt die Lufttemperatur bei deutlich über 40 Grad, also klar außerhalb der Spezifikationen von Apple. Weiterhin läuft das Macbook unter Volllast. Die Hitze ist für einen Menschen kaum auszuhalten, so lassen wir das Macbook allein im Auto arbeiten, das Thermometer steht nebendran. Nun dauerte nur ein paar Minuten, bis die erste Warnung auftaucht, eine Mitteilung über die Nachrichtenzentrale gibt bekannt, dass das System die CPU-Leistung (also die Taktfrequenz) reduziert hat, weil es zu warm ist.

Die Mitteilung weist auch daraufhin, welches Programm man schließen sollte, weil es zu viel Rechenleistung benötigt. Das ist natürlich unser Test-Tool Systemload. Wir lassen es trotzdem weiterlaufen und nach weiteren zwei Minuten kommt die bildschirmfüllende Meldung: „Temperatur! Der Mac muss vor Benutzung abkühlen“. Nun geht nichts mehr, wir müssen das Macbook zuklappen, es fällt in den Ruhezustand. Nach ein paar Minuten Abkühlung erwacht das Macbook wieder problemlos aus dem Ruhezustand, Datenverluste gibt es nicht.

Fazit

Die von einigen Anwendern berichteten Probleme können wir am heißesten Tag in Deutschland seit Beginn der Wetteraufzeichnung in der Praxis nicht nachvollziehen. Auch bei Temperaturen von leicht über 35 Grad arbeitet es ohne Probleme und ohne spürbare Leistungseinbußen. Erst, wenn man den maximalen Temperaturbereich deutlich überschreitet kommt es zu Warnungen und schließlich zur Abschaltung. (Macwelt)