Druck, unpassende Lösungen

4 Anbieter-Taktiken, die CIOs nerven

29.01.2013 von Bettina Dobe
Top-IT-Entscheider kennen die oft mühsame Zusammenarbeit mit Anbietern. Vier Strategien frustrieren CIOs besonders - doch gegen sie lässt sich ankommen.

Jeder CIO braucht eine gut funktionierende Beziehung mit dem Anbieter. Im Idealfall basiert sie auf Vertrauen und ist ergebnisorientiert - dann haben beide Seiten etwas davon. Nur leider kann es auch Schwierigkeiten geben und dann sieht die Beziehung schon nicht mehr so rosig aus. Unsere indische Schwesterpublikation CIO.in hat mit CIOs gesprochen - und herausgefunden, welche Anbietertaktiken Top-Entscheider am meisten frustrieren.

1. Alles für den Pitch

Viele Anbieter ignorieren beim Pitch die Bedürfnisse des Kunden völlig.
Foto: Kablonk Micro - Fotolia.com

Das stört viele CIOs: Einige Anbieter strengen sich so sehr an, einen Deal abzuschließen, dass sie darüber leider übersehen, was der Kunde eigentlich braucht. Jitendra Mishra, CIO von Elder Pharmaceuticals, hat das am eigenen Leib erfahren. Mishra betont, dass Anbieter für den Geschäftserfolg seines Unternehmens eine sehr wichtige Rolle spielten. Aber beide Seiten müssten das Potenzial des jeweils anderen erkennen, sonst gerate der Business-Erfolg ins Wanken. "Anbieter sollten sich lieber darauf konzentrieren, wie genau das Geschäftsmodell des Klienten aussieht und welche Technologie dafür interessant sein könnte", sagt Mishra. "Wenn ein Anbieter das Business-Konzept nicht versteht, wird es schwierig werden, eine passgenaue Lösung anzubieten." Und an genau solchen maßgeschneiderten Lösungen scheitern viele Anbieter.

Die Zusammenarbeit mit einem Anbieter kann sehr anstrengend werden, wenn er einen Deal unbedingt abschließen möchte. Viele Entscheider kennen das: Der Anbieter setzt sie unter Zeitdruck, damit sie so schnell wie möglich zusagen. Das kann nach hinten losgehen, schließlich weiß jeder CIO: Entscheidungen in einem derartig kritischen Bussiness-Segment brauchen aus gutem Grund Zeit. Nur leider sehen das Anbieter anders. "Sie wollen den Deal immer so schnell wie möglich sichern", sagt Mishra. "Schon im zweiten Meeting hätten sie gern einen Abschluss - und das geht natürlich überhaupt nicht. Anbieter müssen verstehen, dass eine so wichtige Entscheidung Zeit braucht." Solange der CIO nicht weiß, welche Konsequenzen seine Entscheidung für die gesamte Firma haben wird, wird er keinen Vertrag abschließen, meint Mishra. Den Anbietern ist das meist herzlich egal, weil sie nur ihre eigene Seite sehen.

2. Das Produkt ist wichtiger als die Lösung

Viele Anbieter verfolgen immer noch die Taktik, sich ausschließlich auf das Produkt zu konzentrieren, anstatt auf Kommunikation mit dem Kunden. Rücksprache, auf den Kunden eingehen und kreative Lösungen suchen - man könnte meinen, das sei selbstverständlich. Und das ist es nicht. "Ich erwarte von Anbietern, dass sie oft mit mir Rücksprache halten", sagt etwa Ashish Pachory, CIO der indischen Tata Teleservices. Pachory wünscht sich ein Gespräch mit dem Anbieter: "Ich will, dass mir jemand Lösungen anbietet für die Problembereiche in meiner Firma. Und nicht, dass mir jemand vorschwärmt, wie toll sein Produkt ist - ganz egal, ob es zu meiner Firma passt oder nicht." Da könnten Anbieter noch einiges dazulernen. Doch es gibt noch mehr Anbieterstrategien, die CIOs mitunter stark stören. Das kann sogar den Geschäftsabschluss in Gefahr bringen.

CIO Pachory weiß, wovon er spricht: Wie viele andere CIOs auch hat er die Erfahrung gemacht, welche Strategien Anbieter anwenden, um auf jeden Fall ein Geschäft zum Abschluss zu bringen. Eine vertrauensvolle Basis für eine Beziehung kann so nicht entstehen, aber manchmal bekommt er das Gefühl, dass es Anbietern auch gar nicht darauf ankommt.

3. Die Situation ausnutzen

Seit Jahren schon arbeitet ein CIO mit einem Anbieter zusammen, alles läuft rund - und dann gewöhnt man sich zu sehr an die Lösungen des Anbieters. Und schon glaubt dieser, er habe die Oberhand über die Firma des CIOs. "Das kann der Anbieter ausnutzen", warnt Pachory. Er gibt auch ein Beispiel: Hat man schon 60 Prozent eines Projekts abgewickelt und ein roll-back ist keine Alternative, ist eine Firma am "point of no return" angelangt. Dann könne der Anbieter, so Pachory, das ausnutzen und seine eigenen Ansprüche durchsetzen - und im Zweifel wird er das auch tun. "Der Anbieter glaubt, jetzt kann er seinen Kunden zu einer Übereinkunft zwingen, die der Anbieter braucht, nicht der Kunde", sagt Pachory. "Diese Geschäftspraxis kommt immer häufiger vor." Natürlich sind nicht alle Anbieter so, einige bauen auf eine gute Langzeit-Beziehung. Der Gefahr sollte sich ein Entscheider aber trotzdem bewusst sein.

4. Sich nicht an Absprachen halten

Eine weitere, sehr frustrierende Strategie der Anbieter: Sie halten sich nicht an getroffene Absprachen und erfinden Entschuldigungen. "Oft behaupten Anbieter, dass der Kunde falsche Aufträge gestellt hätte oder Anforderungen nicht genau genug spezifiziert hätte", erzählt CIO Pachory. Ein ebenso beliebter Trick: Behaupten, dass sich die Anforderungen plötzlich geändert hätten. "Natürlich arbeiten wir in einem dynamischen Umfeld", sagt Pachory. Wenn es Änderungen gibt, müsse sich der Anbieter anpassen, meint Pachory. Das sei schließlich sein Job. Dazu gehört auch ein weiteres Problem auf Anbieterseite: Oft informieren sie den CIO zu spät, wenn es Verzögerungen im Ablauf gibt, anstatt den Projektfortschritt transparent zu gestalten. Das führt zu Frustration auf Kundenseite und beschädigt das Image des Anbieters nachhaltig. Beide Seiten müssten also eigentlich offen miteinander kommunizieren, um Verärgerung zu vermeiden.

Wie eine gute Beziehung mit dem Anbieter funktioniert

Der Kern einer guten Beziehung zum Anbieter liegt darin, ein gutes Anbieter-Management-System zu entwickeln. Dazu gehört auch, den Anbieter nicht als ausgelagerten Bestandteil der eigenen Firma zu betrachten, sondern als Partner auf Augenhöhe. Das bringt eine ganz neue Dynamik in die Geschäftsbeziehung und wird sie nachhaltig verbessern. Das geht aber natürlich nur, wenn ein CIO Zeit und Mühe in die Beziehung steckt. Beide Seiten müssen wissen, was der andere will und wie der Stand der Dinge ist. Stellt sich ein CIO nicht auf eine solche Beziehung ein, kommen immer wieder dieselben alten Probleme hoch, die eigentlich leicht zu vermeiden wären.

Gleichzeitig darf ein Entscheider in der Beziehung auch nicht zu bequem werden: Es muss jederzeit möglich sein, den Anbieter zu wechseln. Nur so ist garantiert, dass die Qualität auch stimmt, denn der Anbieter bleibt stets agil und bietet flexible Lösungen an, anstatt blind darauf zu vertrauen, dass der CIO sich auch weiterhin für diese Produktlösung entscheiden wird. Wenn ein Entscheider also eine vorsichtige Beziehung mit einem Anbieter führt, könnten die vier nervigen Taktiken der Anbieter bald der Vergangenheit angehören. Und ein CIO kann sich endlich mehr mit wichtigeren Angelegenheiten beschäftigen.