Bewährungsprobe für Führungskräfte

4 Praxistipps für die Zeit im Home Office

Kommentar  von Alexandra Mesmer
Der Coronavirus hat Deutschland fest im Griff. Wer kann, arbeitet im Home Office. Mitarbeiter und Führungskräfte müssen jetzt vertrauensvoll zusammenarbeiten. Vier Tipps aus der Praxis von Redakteurin Alexandra Mesmer.
Redakteurin Alexandra Mesmer arbeitet seit vielen Jahren im Home Office. Was sie in der Zeit gelernt hat und worauf Mitarbeiter als auch Führungskräfte achten sollten, hat sie aufgeschrieben.

In Sachen Home Office gehöre ich zu den alten Hasen. Nicht nur weil ich mich als Journalistin schon mit dem Thema auseinandersetzte, als wir noch nicht alle so wunderbar miteinander vernetzt waren, als es noch keine Smartphones und ständige Erreichbarkeit gab und als man noch von Telearbeit oder Heimarbeit sprach. Ich selbst arbeite inzwischen seit knapp 16 Jahren von zuhause aus, nachdem mein erster Sohn geboren war und ich Beruf und Familie von Anfang an unter einen Hut bringen wollte. Das klappte bisher alles bestens, aus zwei Gründen:

  1. Den größten Teil meiner Arbeitszeit, etwa zwei Drittel, war ich nach wie vor in der Redaktion oder auf Messen und anderen Veranstaltungen und hatte stets persönlichen Kontakt und Austausch mit Kollegen, Chefs und Interviewpartnern.

  2. Wenn ich von zuhause aus arbeitete, das heißt, Telefoninterviews führte, Texte schrieb und redigierte oder auch komplette Hefte abwickelte, ging das oft schneller als wenn ich in der Redaktion gewesen wäre, da ich nicht so oft aus einer konzentrierten Phase herausgerissen wurde. Aber sobald eines der Kinder mal krank zuhause war, war alles anders und mir war klar: Home Office funktioniert nur, wenn das Home frei ist.

Seit Montag haben tausende von Eltern den Nachwuchs zuhause, können sich glücklich schätzen, wenn sie einen Beruf haben, der es erlaubt, von zu Hause aus zu arbeiten, und wenn sie einen Arbeitgeber haben, der ihnen das auch zugesteht.

Dennoch werden die nächsten Wochen auch für mich eine Herausforderung - die Youtuber würden sie wahrscheinlich "HO-Challenge" taufen - die viele Ideen, Ausprobieren und vor allem gute Nerven erfordert.

Effizient Arbeiten im Home Office
Wie wird Arbeiten im Home Office effizient?
Unify gibt einige praktische Tipps, mit denen Mitarbeiter auch ihr Home Office möglichst produktiv gestalten können.
Grenzen setzen - auch zu Hause
Im eigenen Heim lauern zahlreiche Ablenkungen: Nicht abgespültes Geschirr, der Kühlschrank, Radio oder Fernseher üben ungeahnte Anziehungskräfte aus und stören die produktive Arbeit.
Ein festgelegter Arbeitsbereich, ...
... der vom übrigen Wohnraum abgetrennt ist, verhilft auch zu klaren Grenzen im Kopf. Die Gefahr der Ablenkung wird geringer.
Einen Fensterplatz buchen
Stress bremst die Produktivität. Ein Blick aus dem Fenster bietet Abwechslung, noch mehr wenn er direkt ins Grüne geht. Außerdem ist es für Bildschirmarbeiter sinnvoll, regelmäßig in die Ferne zu sehen, zumindest einige Meter hinter den Monitor.
Ein Fensterplatz ...
... verringert die Belastung der Augen und damit auch den Arbeitsstress. Tipp für alle, die keinen Platz am Fenster haben: Auch Zimmerpflanzen oder ein Zimmerbrunnen sorgen für entspannte Atmosphäre.
Mit Farben spielen
Farbe ist ein wichtiger Faktor für jeden Büroraum, egal ob in der Firma oder zu Hause. Farben beeinflussen die Stimmung wesentlich.
Neutrale Farben wirken beruhigend, ...
... während manche Orange- und Gelbtöne sogar das Hungergefühl fördern. Besonders zu empfehlen für eine produktive Arbeitsumgebung sind Zitronentöne, Pastellblau oder Cremefarben.
Auf einen ergonomischen Arbeitsplatz achten
Mitarbeiter können nur produktiv sein, wenn sie gesund sind und einen komfortablen Arbeitsplatz haben.
Das Büro zuhause ...
... soll auch nach ergonomischen Vorgaben eingerichtet werden, um gesund und leistungsfähig zu bleiben. Hier sind ebenfalls die Arbeitgeber gefragt: Sie sollten unbedingt dafür sorgen, dass alle ihre Mitarbeiter die nötigen Informationen zur Ergonomie am Arbeitsplatz bekommen.
Für Flexibilität sorgen
Auch wenn das Home Office seinen festen Platz in der Wohnung haben sollte: Stuhl und Schreibtisch festzuschrauben, hilft auch nicht weiter.
Dagegen fördert es die Kreativität ...
... gelegentlich die Position und damit den Blickwinkel auf die aktuelle Arbeit zu wechseln. Es ist ebenfalls hilfreich, Dinge neu sortieren zu können oder die Arbeit anders anzuordnen - dafür sollte auch im Home Office Platz sein.

Es gilt, Home Office und Home Schooling zu verbinden, aber wie?

Meine Tipps für Mitarbeiter:

1. Macht euch für jeden Tag einen Plan, am besten am Abend vorher oder beim gemeinsamen Frühstück. Strukturiert den Tag für euch und eure Kinder. Wenn ihr schon ältere Kinder habt, synchronisiert eure Arbeits- und Lernzeiten. Bei jüngeren Kindern, die sich noch nicht lange konzentrieren oder selbst beschäftigen können, geht es nur im Wechsel. Arbeiten, wenn die Kinder schlafen, lesen oder fernschauen.

2. Geht täglich an die frische Luft, gebt dem Nachwuchs jeden Tag kleine Aufgaben in Wohnung, Haus oder Garten. Mein Sohn hat etwa die Küchenschubladen ausgeräumt, gesäubert und sich ein neues Ordnungssystem überlegt und war ganz stolz auf das sichtbare Ergebnis.

3. Nehmt euch nicht zu viel vor! So wie es unwahrscheinlich ist, dass die Kinder jetzt jeden Tag von 8 bis 13 Uhr lernen, werdet auch ihr nicht von 9 bis 17 Uhr ununterbrochen am Schreibtisch sitzen können. Gute Arbeit und neue Ideen haben nicht immer etwas mit einer bestimmten Zeitspanne zu tun

4. Tauscht euch noch mehr über E-Mail, Teams, Telefon mit den Kollegen und den Chefs aus, am besten auch täglich! Je länger man abgeschirmt im Home Office arbeitet, desto größer wird die Verunsicherung. Ist das richtig, was ich mache? Ist der Artikel wirklich so dringend?

Mein eindringlicher Appell an alle Führungskräfte

Vergesst die Mitarbeiter im Home Office nicht! Geht proaktiv auf sie zu, eine kurze Nachfrage per E-Mail reicht oft schon, aber am besten auch täglich. Zeigt ihnen, dass sie immer noch ein vollwertiges Mitglied der Arbeitsgemeinschaft, sprich des Unternehmens sind, auch wenn sie jetzt nicht mehr physisch anwesend sind.

Im Sommer hatte ich Eugenio Pace, Chef eines amerikanischen IT-Security-Unternehmens, interviewt. Jeder zweite seiner 600 Mitarbeiter arbeitet im Home Office. Der freundliche Herr Pace sagte damals ganz bestimmt zu mir: "Virtuelles Arbeiten ist vergleichbar mit einem Besuch im Fitness-Studio. Man muss seinen eigenen Rhythmus und seine eigene Struktur finden, um Ergebnisse zu erzielen. Das kostet Zeit."

Erst heute verstehe ich, was das auch für mich und wahrscheinlich auch für viele andere im Home Office heißt. Wir stehen erst am Anfang unseres persönlichen Fitness-Programms, wir werden viel Durchhaltevermögen und Disziplin brauchen und dürfen uns nicht vom ersten Rückschlag, wenn ein Plan mal nicht klappt, entmutigen lassen. (rs)

Frohes Schaffen und viele Grüße aus dem Home Office, Alexandra