IT muss Ökosystem verstehen

4 Schritte zu besserem Kunden-Service

21.11.2012 von Kerry Bodine und Bobby Cameron
Durch überall abrufbare Informationen werden Kunden immer mächtiger. Deshalb sollten CIOs und ihr IT-Team "kundenbesessen" sein. Das fordern Kerry Bodine und Bobby Cameron von Forrester in ihrer Kolumne.
Kerry Bodine ist Co-Autorin von Outside In.
Foto: Outside In

In den vergangenen beiden Jahrzehnten ist die Informationstechnologie tief in unsere täglichen Geschäfte und Unternehmungen eingedrungen. Zwar bilden Informationen nach wie vor das Rückgrat des Business - aber es ist nicht länger ausreichend, nur die Informationsflüsse Ihres Unternehmens zu meistern, um Ihren Wettbewerbern einen Schritt voraus zu sein.

Dafür gibt es einen guten Grund: Das Zeitalter des Kunden ist angebrochen. In dieser neuen Ära sind die früheren Methoden, Wettbewerbsvorteile zu erzielen, hinfällig. Denn der Kunde ist durch vielerlei Informationen stärker geworden. Mit Online-Handel, Katalogen, Bewertungen und sozialen Netzwerken - allen zugänglich durch mobilen Netzzugriff - ist es für Ihre Kunden denkbar einfach, genau so viel über Ihre Produkte, Dienstleistungen und Preisgestaltung zu wissen wie Sie selbst.

Per Handy Einblick in Fabriken

Sowohl Unternehmen als auch findige Privatpersonen können, ausschließlich mit Handys bewaffnet, Einblick in Fabriken und Versorgungsketten weltweit nehmen und die Bedingungen, Preisgestaltung und Verfügbarkeit von Produkten und Leistungen von konkurrierenden Marktteilnehmern prüfen. Alles das macht die Fertigung, den Vertrieb und die IT zu Schlüsselfaktoren.

In diesem Zeitalter gibt es nur ein einziges Mittel, einen Wettbewerbsvorteil zu erzielen - eines, das eine technologische Störung überleben kann: Kundenbesessenheit. Und diese Besessenheit muss sich bis zum CIO eines Unternehmens erstrecken.

Es ist nicht verwunderlich, dass CIOs und ihre Teams zunehmend unter Druck stehen, sowohl technologische als auch Geschäftsprozesslösungen zu entwickeln, um die Kundenerfahrungen zu verbessern - und zwar im gesamten Kundenlebenszyklus, angefangen bei der Entdeckung des Produkts und Erwägung eines Kaufes bis zum Erwerb und dessen Gebrauch. Aber Tech-Profis halten oft eine große Distanz zu den namen- und gesichtslosen - und manchmal unzähligen - Kunden, mit deren Unterstützung sie beauftragt sind.

Haltung vieler Tech-Profis gegenüber Kunden fatal

Und viele von ihnen verstehen von vornherein nicht so richtig, was diese ganze Sache mit der "Kundenerfahrung" eigentlich für einen Zweck hat. Diese Auffassung ist allerdings fatal, denn gerade diese Mitarbeiter spielen eine exponierte Rolle bei der Gestaltung der Interaktionen mit dem Kunden.

Bobby Cameron ist Vice President und Principal Analyst bei Forrester Research.
Foto: Forrester Research

Wir definieren Kundenerfahrung als die Art und Weise, in der Kunden ihre Interaktionen mit Ihrem Unternehmen erfahren. Mit anderen Worten: Was denken und fühlen Ihre Kunden, wenn sie die Produkte und Dienstleistungen Ihres Unternehmens entdecken, bewerten, kaufen, empfangen, verwenden und auf ganzer Linie unterstützt werden?

Bedenken Sie einen Moment lang die verschiedenen Berührungspunkte, mit denen Kunden während ihres Erfahrungsprozesses in Kontakt kommen: Soziale Netzwerke, Websites, Mobile Apps, gedruckte Kaufbelege, IVR-Systeme (Interactive Voice Response, Sprachdialogsysteme, d. Red.) und E-Mails, um nur einige zu nennen. Jeder dieser Berührungspunkte stützt sich auf ein Team von IT-Experten, die für das Design, die Entwicklung und die Unterstützung zuständig sind - und die Auswirkung der Bemühungen dieser Mitarbeiter auf die Kundenerfahrung müsste relativ offensichtlich sein.

Hinter all diesen Kundenberührungspunkten befindet sich nämlich eine zugrundeliegende Ebene von Systemen und Instrumenten. Dazu gehören im Einzelhandel verwendete Point-of-Sale-Systeme, von Monteuren verwendete Terminmanagement-Software und viele andere Anwendungen, die Ihre Frontline-Mitarbeiter benötigen, wenn sie direkt mit Kunden in Kontakt stehen.

Die Auswirkung dieser Systeme auf die Kundenerfahrung müsste ebenfalls relativ einfach nachzuvollziehen sein. Zum Beispiel zahlte sich die Neugestaltung der Desktop-Software beim Kundenservice des Software-Unternehmens Adobe erheblich aus: Durch eine einfachere Schnittstelle, die die Berater durch die einzelnen Schritte führte, konnte die durchschnittliche Bearbeitungszeit um beachtliche 15 Prozent reduziert werden.

Zusammenhänge zwischen Systemen und Kundenerfahrung

Auf der Ebene darunter findet man Basissysteme, angefangen vom Content-Management-System Ihres Webteams über das Customer-Relationship-Management-System Ihrer Vertriebsmitarbeiter bis zu den Reporting Tools, die Ihr Marketing-Team zum besseren Verständnis des Kundenverhaltens einsetzt. Jedes dieser Systeme erleichtert oder erschwert den Alltag von Frontline-Mitarbeitern oder Mitarbeitern hinter den Kulissen, die Ihre Kunden und sich gegenseitig unterstützen.

Diese Zusammenhänge erstrecken sich außerdem auf die Technologien, die Ihr Unternehmen mit Handels- und Service-Partnern verbinden, und die ebenfalls mit Ihren Kunden interagieren - wie beispielsweise Transportunternehmen oder technische Dienstleister, die defekte Produkte Ihrer Kunden reparieren.

Obwohl es manchmal schwierig ist, die Zusammenhänge zwischen der Kundenerfahrung und den Systemen, Prozessen und Richtlinien zu erkennen, die auf dieser Ebene - weit hinter den Kulissen - vorhanden sind, ist es für CIOs von entscheidender Bedeutung, sie zu verstehen. Im Zeitalter des Kunden hängt Wettbewerb stark von Ihrer Fähigkeit ab, Technologie zur Verbesserung der Kundenerfahrung bereitzustellen.

Um dabei behilflich zu sein, haben wir ein Modell mit dem Titel Customer Experience Ecosystem - das Ökosystem der Kundenerfahrung - entwickelt. Wie in dem neuen Buch von Forrester - Outside In - beschrieben, umfasst unser Ökosystem der Kundenerfahrung einen komplexen Satz von Zusammenhängen zwischen Ihren Mitarbeitern, Partnern und Kunden, der für die Qualität aller Kundeninteraktionen - und somit für die Kundenerfahrung - maßgeblich ist.

Ähnlich wie die gegenseitigen Abhängigkeiten in einem natürlichen Ökosystem - man denke an die Auswirkung einer einzigen Veränderung, wie beispielsweise dem Aufstauen eines Flusses, auf eine Vielzahl von Arten und Lebensräumen - wirkt auch die Dynamik Ihres Ökosystems der Kundenerfahrung: Jede Aktion und jede Entscheidung eines Mitarbeiters und externen Partners beeinflusst in irgendeiner Weise die Kundenerfahrung. Zieht man zusätzlich das Ausmaß in Betracht, in dem Ihre Mitarbeiter und Partner sich in ihrer Arbeit auf Technologie verlassen, dann ist die Verbindung von der Informationstechnologie zur Kundenerfahrung schnell hergestellt.

Das Ökosystem der Kundenerfahrung aufzeichnen

Zur Konkretisierung dieses Konzepts können Sie das Ökosystem der Kundenerfahrung Ihres Unternehmens buchstäblich aufzeichnen, wobei Sie von der Außen-nach-Innen-Perspektive der Customer Journey des Kunden ausgehen.

1. Beginnen Sie mit der Wahl des wichtigsten Problempunktes eines Zielkunden, der beispielsweise über zu wenig Information verfügt, um eine Kaufentscheidung zu treffen, oder dem man eine falsche Rechnung gestellt hat. Dieser Problempunkt des Kunden sollte gleichermaßen ein Problem für Ihr Unternehmen darstellen, beispielsweise verpasste Absatzchancen oder eine Zunahme von Kundenbeschwerden.

2. Anschließend dokumentieren Sie die dazugehörige Customer Journey, indem Sie darlegen, wie sich der Kunde bei jedem Schritt und jedem Berührungspunkt auf seiner Journey verhält, was er denkt und fühlt.

3. Als nächstes visualisieren Sie die zugrunde liegenden Faktoren der Kundenerfahrung - die möglichen Problemquellen - durch die Identifizierung jedes einzelnen Mitarbeiters, Partners, Prozesses, jeder Richtlinie und Technologie, die sich auf diese Customer Journey auswirkt, unabhängig davon, ob diese für den Kunden sichtbar oder hinter den Kulissen verborgen ist.

4. Schließlich führen Sie noch eine Ursachenanalyse (z. B. ganz einfach durch die fünf "Warums) zur Aufdeckung der letztendlichen Quellen des Kundenproblems durch.

Diese Aufzeichnung des Ökosystems und eine Ursachenanalyse können IT-Experten helfen, zu verstehen, was Ihre Kunden tagtäglich wahrnehmen, und was Ihre Mitarbeiter und Partner benötigen, um Ihre Kunden bei jedem Schritt auf ihrer Journey zu unterstützen. Tatsächlich ist dies das beste Modell, dem wir begegnet sind, um im Zeitalter des Kunden wettbewerbsfähiger zu sein - für die Diagnose und die Behebung von Kundenerfahrungsproblemen, zur Feststellung, welche Technologie-Investitionen Kundeninteraktionen am positivsten beeinflussen und zur Unterstützung Ihres Unternehmens.

Kerry Bodine ist Co-Autorin von Outside In: The Power of Putting Customers at the Center of Your Business. Sie ist Vice President und Principal Analyst bei Forrester Research, wo sie Verantwortliche für Customer Experience betreut. Bobby Cameron ist Vice President und Principal Analyst bei Forrester Research, wo er CIOs betreut.