Leitfaden für Delivery-Prozesse

4 Tipps fürs Projektmanagement

23.09.2020 von Werner Kurzlechner
IT-Projekte scheitern, weil sie vor Beginn nicht gründlich taxiert, priorisiert und evaluiert werden. Die Berater von Attenda zeigen, wie man das vermeiden kann.
Timing ist entscheidend: Bevor man in einen Projektstrudel gerissen wird, sollte man lieber die nötige Zeit für die Vorbereitung einplanen.
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Alles geht irgendwie immer schneller. Auch das Lösen von Problemen. Ungefährlich ist diese Entwicklung nicht, denn sie suggeriert, dass alles so einfach geht wie das Bestellen im Internet via Smartphone. Und das wiederum erhöht den Druck auf die IT, weil das Business schnelle und gute Ergebnisse verlangt. Kann ja so schwierig nicht sein, wie gewünscht zu liefern, oder?

Eingebettet in diesen Kontext eines Erwartungsstrudels mit tückischer Sogwirkung gibt der Berater Ray Blackman von Attenda für unsere britische Schwesterpublikation CIO.co.uk vier Tipps fürs Projektmanagement. Genau genommen formuliert Blackman einen Leitfaden dafür, wie man den Delivery-Prozess bei IT-Projekten herausragend meistern kann.

Trotz der wachsenden Popularität schneller Lösungen gelten fundamentale Regeln noch immer, wie Blackman betont. "Obwohl die Vorbereitung gut erledigt wurde und die Business-Anforderungen klar formuliert sind, kann der Misserfolg eines Projektes vorbestimmt sein", so der Berater. Wichtig sei die frühzeitige Einbindung der IT-Abteilung, von der schließlich verlangt werde, zu spezifizieren, aufzubauen, zu testen und zu liefern. Vier Dinge seien dabei vorrangig.

Taxieren, priorisieren und evaluieren

1. Evaluierung: Als erste Komponente erfolgreicher IT-Projekte komme effektive Evaluierung schon vor der Planungsphase ins Spiel. "Eine anständige Bewertung von Ideen sollte ihren tatsächlichen Business-Nutzen definieren", so Blackman. "Viele IT-Projekte scheitern, weil sie vor Beginn nicht gründlich taxiert, priorisiert und evaluiert werden."

Diese erste Phase sei wichtig, um von Anfang an zu garantieren, dass Zeit und Ressourcen der IT-Abteilung so wirksam wie möglich eingesetzt werden. Sobald die Sinnhaftigkeit einer Idee festgestellt wurde, könne ihre Priorisierung auf der Zeitschiene erfolgen. So werde sie in die Roadmap des Unternehmens integriert.

Definition, Design, Verifizierung

2. Vorbereitung: Die Vorbereitung sollte laut Blackman einer strukturierten Methode folgen, die drei Elemente beinhaltet.

3. Governance: Governance sollte von der IT gesteuert werden, weil diese am meisten mit dem Projektergebnis zu tun hat. Sie sollte laut Blackman zwei Dinge beinhalten: erstens ein Reporting über den Projektstatus, was alle Aktivitäten, Fragen und Risiken beinhaltet; zweitens eine Überprüfung aller Maßnahmen, mit denen Fehlentwicklungen entgegengesteuert werden kann.

4. Kommunikation: "In jeder Phase müssen die Kommunikationslinien offen gehalten werden", mahnt Blackman an. Und das gilt für alle Betroffenen – egal ob Manager, Kontrolleur oder Zulieferer. "Kommunikation sollte beinhalten, dass jeder Beteiligte über den Projektplan informiert wird und Feedback von den Stakeholdern erhält."

Erfolgsgeheimnis: Realismus

So könnten beispielsweise die richtigen Schritte zur Anpassung der Projektgröße unternommen werden, weil jeder informiert sei. "Das Mantra einer erfolgreichen Kommunikation während der Delivery-Phase ist, zu informieren, zuzuhören und anzupassen", so der Berater.

Zwar habe jedes Projekt seine eigenen Herausforderungen, so Blackman. Aber seine Richtlinien könnten dabei helfen, Projektpläne realistisch zu gestalten, für ein vernünftiges Ressourcen-Management zu sorgen und Kontrollpflöcke für erforderliche Änderungen einzuschlagen.

15 Probleme beim Projektmanagement
1. Unklare Arbeitslast
Bryan Fagman vom Anbieter Micro Focus sagt, dass viele Projekte an einem nicht klar umrissenen Arbeitsaufwand scheitern. Schleichen sich hier Unschärfen ein, leidet das ganze Projekt. Im schlimmsten Fall bleibt undefiniert, wann es überhaupt abgeschlossen ist. Fagman mahnt deshalb an, Ziele im Dialog mit den Kunden klar zu benennen.
2. Undefinierte Erwartungen
Alle Beteiligten müssen von Beginn an wissen, welche Anforderungen ein Projekt stellt und welche Erwartungen zu erfüllen sind – sonst droht ein Fiasko. Tim Garcia, CEO des Providers Apptricity, nennt zwei entscheidende Dinge, die alle Team-Mitglieder vorab wissen sollten: was getan wird und wie man weiß, wann das Projekt abgeschlossen ist. „Ohne eine dokumentierte Vereinbarung, die Antworten auf diese beiden Fragen liefert, ist ein Projekt von Anfang an in Gefahr“, sagt Garcia.
3. Fehlende Management-Unterstützung
Die Unterstützung aus der Firmenspitze sollte unbedingt gesichert sein. Befindet man sich dahingehend mit der Chef-Etage nicht in Einklang, mindert das die Erfolgsaussichten beträchtlich, meint Brad Clark vom Provider Daptiv.
4. Methodik nach Schema F
Im Projekt-Management wird gemeinhin mit standardisierten Schlüsselaufgaben und Leistungen gearbeitet. Darin lauert nach Einschätzung von Robert Longley, Consultant beim Beratungshaus Intuaction, aber auch eine Gefahr. Die Standard-Ansätze seien meist auf Projekte einer bestimmten Größe ausgerichtet. Sie passen möglicherweise nicht mehr, wenn man sich an größere Projekte als in der Vergangenheit wagt.
5. Überlastete Mitarbeiter
„Team-Mitglieder sind keine Maschinen“, sagt Dan Schoenbaum, CEO der Projekt-Management-Firma Teambox. Projekte können auch daran scheitern, dass Mitarbeiter mit Arbeit überfrachtet werden. Vermeiden lässt sich das, indem man sich vorab ein klares Bild über die Stärken der Team-Mitglieder macht und auf eine sinnvolle Verteilung der Aufgaben achtet.
6. Ungeteiltes Herrschaftswissen
Projekte leben davon, dass Informationen nicht monopolisiert, sondern miteinander geteilt werden. Das geschieht oft dann nicht, wenn Ergebnisse erst nach langer Anlaufzeit geliefert werden müssen. Tim Garcia von Apptricity rät deshalb dazu, Projekt in kurze Phasen einzuteilen. An deren Ende sollte es jeweils Resultate geben, mit denen das ganze Team weiterarbeiten kann.
7. Unklare Entscheidungsfindung
Im Verlauf eines Projektes sind Änderungen der ursprünglichen Roadmap oft unvermeidbar. Es sollte beim Change Management aber klar dokumentiert werden, wer wann was geändert hat und wie die neue Marschrichtung aussieht.
8. Fehlende Software
Exel-Spreadsheets nötigen Projekt-Manager zu manuellen Korrekturen und führen oft zu Problemen bei der Status-Aktualisierung. Insofern ist es befreiend, mit Project Management Software zu arbeiten, die für automatische Updates sorgt und von lästigen manuellen Berichten entlastet. Dazu rät Brian Ahearne, CEO des Anbieters Evolphin Software.
9. Gefahr des Ausuferns
Change Requests sind alltäglich im Projekt-Leben, aber sie haben leider oft einen unerfreulichen Nebeneffekt: den Hang, Fristen und Budget-Rahmen immer weiter auszudehnen und auf Dauer zu Demotivation und Frust auf allen Seiten zu führen. Um dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten, sind neben klaren Zielvorgaben auch tägliches Monitoring und ein definierter Prozess für gewünschte Veränderungen sinnvoll. Das empfiehlt in jedem Fall Sandeep Anand, der beim Software-Entwicklungshaus Nagarro für Project Governance verantwortlich ist.
10. Nicht "Nein" sagen können
Im Sinne des Unternehmens sei es manchmal nötig, Anfragen abzulehnen, sagt Markus Remark vom Provider TOA Technologies. Gut sei es deshalb zu wissen, wie man "nein" sagt. Am besten habe man für solche Fälle auch gleich eine konstruktive alternative Lösung parat.
11. Mangelnder Zusammenhalt
Projektarbeit ist Team-Arbeit. In der Praxis gerieren sich manche Projekt-Teams aber wie in Eifersüchteleien gefangene Sportmannschaften ohne Erfolg, beobachtet Berater Gordon Veniard. Der Fokus auf das eigentliche Ziel gehe verloren. Stattdessen beschuldigen sich Grüppchen gegenseitig, für Probleme und schlechte Leistungen verantwortlich zu sein. Um das zu verhindern, ist Führung durch den Projekt-Manager gefragt. Und der sollte es verstehen, sein Team mitzunehmen und in Entscheidungen einzubinden. Ohne Kommunikation sei das Desaster programmiert, so Hilary Atkinson vom Provider Force 3.
12. Vergessener Arbeitsalltag
Hilary Atkinson hat nach noch einen weiteren Kommunikationstipp parat: Projekt-Manager sollten nicht vergessen, ihre alltäglichen Aufgaben zu erledigen. Wer als Verantwortlicher keine Meeting-Termine verkündet, Status-Berichte vergisst und E-Mails unbeantwortet lässt, riskiert unnötige Verzögerungen.
13. Zu häufige Meetings
Meetings, in denen der Status Quo besprochen wird, können nerven – vor allem dann, wenn sie zu oft stattfinden oder zu lange dauern. Wichtige Informationen lassen sich durch Collaboration Tools häufig besser an die Team-Mitglieder bringen, meint Liz Pearce, CEO des Providers LiquidPlanner. Ihr Tipps: Meeting auf die Entscheidungsfindung beschränken. In ihrem Unternehmen gebe es lediglich zweimal in der Woche ein Treffen, um neue Aufgaben zu verteilen und Prioritäten zu definieren.
14. Gut genug ist nicht immer gut
Sergio Loewenberg vom IT-Beratungshaus Neoris macht Nachlässigkeiten in der Qualitätssicherung als Problem aus. Es sei günstiger, Fehler zu vermeiden anstatt Geld und Zeit ins Ausmerzen ihrer negativen Folgen stecken zu müssen. Wer auf hohe Qualitäts-Standards achte, vermeide späteres Nacharbeiten und die Gefahr eines schlechten Rufes.
15. Nicht aus Fehlern lernen
Liz Pearce mahnt außerdem an, mit Hilfe entsprechender Tools eine mehrstündige Analyse nach Ende des Projektes durchzuführen. Nur Teams, die sich des ständigen Lernens verschreiben, seien dazu in der Lage, die Fehler der Vergangenheit in der Zukunft zu vermeiden.
15 Fehler beim Projektmanagement
Es gibt unzählige Wege, ein IT-Projekt an die Wand zu fahren. Unsere amerikanische Schwesterpublikation CIO.com hat 15 davon gesammelt – und verrät dankenswerterweise auch, wie man die Probleme beheben kann. Diese Tipps sind in der Bilderstrecke zu finden.