Fetter IT-Trainingsmarkt

5,56 Milliarden Euro für IT-Seminare

14.10.2014 von Hans Königes
Auf fast 5,6 Milliarden Euro beziffert eine aktuelle Studie der Uni Kassel im Auftrag von New Horizons den Markt für Standardsoftware-Trainings in Deutschland, die der Computerwoche in Auszügen exklusiv vorliegt.

Lange ist es her, dass sich ein Institut oder Analysten an den IT-Trainingsmarkt heranwagten. Viel zu heterogen, viel zu viele kleine Anbieter, viel zu schwierig sei eine valide Untersuchung - hieß es immer wieder. Nun haben die Wirtschaftsinformatiker der Universität Kassel den Versuch unternommen, diesen Markt unter die Lupe zu nehmen.

Sie taten es im Auftrag des Trainingsanbieters New Horizons aus Hamburg und dessen deutschem Inhaber Stephan Scholtissek, früher in der IT-Szene etwas bekannter als Accenture-Geschäftsführer und Buchautor. Scholtissek hatte es schon seit Jahren gewurmt, dass keine Zahlen über diesen Markt auffindbar waren. Nun wollte er selbst Gewissheit darüber haben, was Unternehmen für die IT-Weiterbildung ihrer Mitarbeiter ausgeben.

New Horizons-Inhaber Stephan Scholtissek: "Obwohl landauf, landab vom Fachkräftemangel in der IT-Industrie gesprochen wird, hat sich der Staat aus der IT-Weiterbildung praktisch zurückgezogen."
Foto: Privat

Kleine Mittelständler geben 5000 Euro für IT-Schulungen aus

An der Studie, geleitet vom Kasseler Wissenschaftler Philipp Bitzer, beteiligten sich 127 Trainings-Budget-Verantwortliche, die angeben sollten, wieviel sie im Jahr für standardisierte IT-Schulungen - etwa SAP-, Microsoft- oder Cisco-Kurse ausgeben, und Trainingsteilnehmer. Nun: Die erste Zahl, die wie ein Paukenschlag wirkt, besagt, dass der deutsche IT-Seminarmarkt ein Volumen von 5,57 Milliarden Euro hat.

Wobei damit nur die Ausgaben der Firmen für externes Training berücksichtigt sind, wie Bitzer versichert - also keine sogenannten Opportunitätskosten wie Arbeitsausfall, Reise- und Übernachtungskosten oder interne Maßnahmen. Ebenfalls nicht berücksichtigt wurden die Kleinstfirmen, die weniger als 250.000 Euro im Jahr umsetzen, und von denen es um die 2,6 Millionen in Deutschland geben soll. Laut Studie geben mittelständische Firmen bis zwei Millionen Euro Umsatz 5000 Euro für IT-Schulungen im Jahr aus, in Konzernen mit über 50 Millionen Umsatz sind es 200.000 Euro.

Laut einer Studie im Auftrag des Trainingsanbieters New Horizons hat der deutsche IT-Seminarmarkt ein Volumen von satten 5,57 Milliarden Euro.
Foto: dinostock - Fotolia.com

Eruiert wurde auch, wie stark sich der Staat in der IT-Weiterbildung engagiert. Gemeint sind in erster Linie die Umschulungskurse für Arbeitslose, die in die IT-Welt einsteigen wollen - früher ein riesiger Markt, der Generationen von arbeitslosen Akademikern zu einem lukrativen Job verhalf. Gerade mal 17.000 Bildungsgutscheine - so die Statistik der Bundesagentur für Arbeit aus dem Bericht "Arbeitsmarkt in Zahlen - Förderstatistik" - wurden im vorigen Jahr deutschlandweit an ITK-Umschüler verteilt. (Nachdem die Agentur die Fördervoraussetzungen festgestellt hat, erhält der Umschüler so einen Schein im Wert der Bildungsmaßnahme). Setze man konservativ 4000 Euro pro Gutschein an, ergebe dies ein Marktvolumen von 68 Millionen Euro.

Scholtisseks verwunderter Kommentar zu diesen beiden Zahlen: "Obwohl landauf, landab vom Fachkräftemangel in der IT-Industrie gesprochen wird, hat sich der Staat aus dieser Förderung praktisch zurückgezogen." Mit mehr als 98 Prozent stelle die Privatwirtschaft die Hauptlast der IT-Weiterbildung. Denn selbst im sogenannten Business- to- Public-Geschäft, also wenn öffentliche Verwaltungen Mitarbeiter zu IT-Seminaren von privatwirtschaftlich organisierten Firmen schicken, laufe so gut wie nichts. "Ich hatte gehofft, dass auf den Staat wenigstens zehn Prozent Marktvolumen entfällt", kommentiert der Hamburger Geschäftsführer.

Kriterien für Seminarauswahl

Befragt wurden die Teilnehmer, nach welchen Kriterien sie einen Anbieter auswählen. Als erstes nannten sie die "Nachhaltigkeit des Trainingserfolgs", gefolgt vom Preis und dem guten Ruf des Trainers beziehungsweise des Anbieters. Unwichtig dagegen und am Ende der Rangliste sind Aussagen wie "Das Training war über einen Webshop buchbar" oder "zusätzliche Anreize durch Ausgestaltung des Trainings".

Die deutsche Wirtschaft ist konservativ, aber es gibt Hoffnung, dass sie auch in der Bildung neuen Technologien aufgeschlossener werden. So lassen sich weitere Ergebnisse zusammenfassen. Auf die Frage nämlich, was für Trainingsformen die Arbeitgeber in den letzten beiden Jahren gebucht oder selbst mitgemacht haben , rangiert unangefochten mit 112 Nennungen das Klassenraumtraining an erster Stelle, 53 Befragte haben ihren Beschäftigte einen reinen E-Learning-Kurs angeboten und schon 30 haben bereits ein Blended-Learning-Angebot angenommen (also den Mix aus E-Learning und Klassenraumtraining).

Der Trend zum "intelligenten Sparen", wie es Scholtissek formuliert, führe eindeutig dazu, dass die Unternehmen verstärkt auf Technologieunterstützung im IT-Training setzten. Virtuelles und stark individualisiertes IT-unterstütztes Lernen werde sicherlich in der neuen Generation der Arbeitnehmer, die eine flexible Arbeitswelt einfordert, zu einem Muss.

Online-Lernwelt
Rund 50 HR-Verantwortliche nahmen an der 2. Fachtagung Managed Training Solutions teil.
Innovative Lösungsansätze für nationales und internationales Projekt-Management, Wirtschaftlichkeit von Weiterbildung sowie Fachkräftemangel und Qualifizierung standen im Fokus der 2. Fachtagung Managed Training Solutions (MTS) des TÜV Rheinland in Köln.
Professor Wolfgang Prinz, PhD Stellvertretender Institutsleiter Fraunhofer FTI Sankt Augustin:
„16 000 Hörer in einer Vorlesung: Die neuen Medien machen die Uni im Netz möglich. Das informale Lernen in der elektronischen Vorlesung kann aber nur der Vorbereitung dienen, der Lerninhalt muss im Hörsaal diktiert und vertieft werden.“
Sabine Meiß, Leiterin RWE Development Center RWE Service GmbH:
„Weiterbildung funktioniert auch mit den besten Konzepten nicht, wenn die Kosten nicht stimmen“.
Karl-Heinz Reitz, Senior Director HR Business Partner & Organizationel Development Unitymedia KabelBW:
„Ein standardisierter Service in der Personalentwicklung reicht nicht mehr. Ich will einen HR-Mann mit komplettem Verständnis von Portfolio und Strategie, der die Unternehmensausrichtung und Kultur mit beeinflusst und sich die richtigen Experten holt.“
Dr. Lothar Hofmann, Leiter Personalentwicklung DB System GmbH:
„Personalentwicklung ist Kernkompetenzentwicklung. Wir wollen die Mitarbeiter zu höheren Kompetenzen entwickeln. Dazu brauchen wir Partner mit langem Atem und fundierten Kenntnissen des Geschäfts.“
Christoph Kuckelkorn, Vizepräsident Festkomitee Kölner Karneval 1823 e.V., Leiter des Kölner Rosenmontagszuges:
„Der Kölner Rosenmontagszug ist mit 13.000 Teilnehmern, 100 Wagen und 1,5 Millionen Besuchern ein Weltprojekt. Da braucht man ein detailliertes Regelwerk, das trotz ehrenamtlicher Arbeit kompromisslos umgesetzt wird.“
Ralf Karabasz, Geschäftsführer Synergie VertriebsDienstleistung GmbH:
„Zunehmende Anforderungen an Wirtschaftlichkeit, neue Technologien, Internationalisierung der Bildungslösung erfordern andere Organisationsformen, z. B. Partnerschaften mit erfahrenen internationalen Dienstleistern.“
Markus Dohm, GeschäftsführerTÜV Rheinland Akademie GmbH:
„Bildung und Ausbildung sind TOP-Themen. Bei Managed Training Solutions sollen sich die Stakeholder trotz ‚ fortschreitender Online-Kommunikation Aug in Aug austauschen.“
Christoph Kuckelkorn, Vizepräsident Festkomitee Kölner Karneval von 1823 e.V., Leiter des Kölner Rosenmontagszuges
„Der Kölner Karneval ist mein Herzprojekt und zugleich das Schönste“
Jens Krause, Head of Managed Training Solutions, TÜV Rheinland Akademie GmbH:
„Wir müssen die gesamte Prozesskette betrachten, um Kosteneinsparungspotenziale durch Bildungspartner rechtzeitig aufzudecken und zu nutzen.“
Christoph Hieber, Head of Workplace Learning Solutions, TÜV Rheinland Akademie GmbH:
„Die kompetenzorientierte Schulung der Ausbildungsverantwortlichen in der Hotellerie kann durch Neue Medien und Lerntechnologien wirksam unterstützt werden, insbesondere, wenn es um die Individualisierung von Lernpfaden geht.“
Martin Drees, Leiter Sales Deutschland, the campus GmbH:
„Der Begriff ‚Lebenslanges Lernen‘ gewinnt vor dem Hintergrund des demographischen Wandels und des drohenden Fachkräftemangels eine ganz neue Qualität. Unternehmen, die das frühzeitig erkennen und handeln, sind für die Zukunft gerüstet.“
Dr. Stefan Poppelreuter, Leiter Bereich HR Development Services, TÜV Rheinland Personal GmbH:
„Feedback darf keine Einbahnstraße sein. Gerade im Change Management sollte Feedback im Dialog erfolgen, um Teamführung und Zusammenarbeit zu verbessern.“