Dino vs. Evangelist

5 CIO-Typen - und wie ihre Zukunft aussieht

19.02.2013 von Christiane Pütter
Der Vollstrecker betrachtet alles als Risiko, während der Dino den Zeiten ohne Mail nachtrauert: Netzwerk-Spezialisten Brocade hat eine CIO-Typologie entworfen.

Weniger Kontrolle, sehr viel mehr Beratung. In diese Richtung entwickelt sich die Rolle des CIO. Das erklären jedenfalls 100 IT-Entscheider, die Marktforscher Vanson Bourne in Europa, dem nahen Osten und Afrika befragt hat. Finanziert wurde die Studie von Brocade, einem Anbieter von Netzwerklösungen.

Als Hauptgründe für diese Entwicklung gelten zum einen Cloud Computing und zum anderen die "Demokratisierung der IT". Letzteres umschreibt etwa den BYOD-Trend ("Bring your own device"), demzufolge immer mehr Mitarbeiter private Smartphones oder Laptops mit in die Firma bringen. Dadurch verliert der IT-Entscheider an Einfluss.

CIO-Sorgen um Service Level Agreements

Brocade will das positiv sehen: CIOs müssten sich künftig "viel weniger Sorgen um die Basis-Grundlagen der IT-Infrastruktur machen". Das liest sich in der Vanson-Bourne-Studie durchaus anders: Gut drei von vier Befragten (76 Prozent) befürchten, dass Service Level Agreements (SLAs) nicht den Mindestanforderungen entsprechen.

Mehr als jeder Zweite (51 Prozent) fürchtet außerdem, Datenvolumen und Bandbreiten nicht mehr überblicken zu können und daher das eigene Netzwerk nicht mehr im Griff zu haben. 45 Prozent melden Sicherheitsbedenken an.

Der CIO als strategischer Berater
CHARAKTERISTIKA laut Brocade: Man trifft ihn eher im Konferenz- als im Serverraum. Er kennt alle Business Unit Leiter beim Namen (inklusive der Namen ihrer Kinder). Ist sich der langfristigen Unternehmensstrategie bewusst und begreift Technologie als Hilfsmittel, um diese Strategie umzusetzen. Seine Tür ist immer offen, was die Leiter oft nutzen, um sich darüber zu beschweren, dass „ die anderen“ bessere Laptops bekommen. Kann die positiven und negativen Aspekte der Cloud sachkundig aus dem Ärmel schütteln und hat einen guten Überblick über die IT-Infrastruktur, allerdings wenig Interesse und Zeit für das tatsächliche Doing, außer es gibt ein Problem. ENTWICKLUNGSMÖGLICHKEIT laut Brocade: Muss sich mit den Problemen, die Auswirkungen auf die IT haben und den technischen Herausforderungen auseinandersetzen, um weiterhin eine wichtige Beratungsfunktion ausüben zu können. ÜBERLEBENSRATE/PROGNOSE: EXZELLENT
Der CIO als Vollstrecker
CHARAKTERISTIKA laut Brocade: Betrachtet alles und jeden als potentielles Sicherheitsrisiko, mag keine Veränderungen, ist ein unnachgiebiger Prinzipienreiter – selbst dann, wenn diese dem Geschäft in die Quere kommen. Sein absoluter Fokus: Wenn etwas nicht den Richtlinien (Kapitel 6, Absatz G, Punkt 9.2) entspricht, sorgt der Vollstrecker dafür, dass der entsprechende User keinen Zugang erhält. ENTWICKLUNGSMÖGLICHKEIT laut Brocade: Muss lernen, Veränderungen zuzulassen und Mitarbeiterbindung und -Fortbildung auf allen Ebenen ebenso zu schätzen wie Richtlinien und deren Durchsetzung. ÜBERLEBENSRATE/PROGNOSE: GUT
Der CIO als Mediator
CHARAKTERISTIKA laut Brocade: Hat zwischen den Augenbrauen eine Sorgenfalte, die auf seinen jahrelang zur Schau getragenen ernsten Gesichtsausdruck bei mühsamen und langwierigen Verhandlungen zurückzuführen ist. Hat ein Auge für Details und verfügt über die Gabe eines Juristen, stichhaltig darzulegen, warum jemand sehr, sehr dumm war. Er ist der IT-Ansprechpartner, wenn es darum geht, dass jemand etwas Unerlaubtes getan hat und keiner weiß, wer schuld ist. ENTWICKLUNGSMÖGLICHKEIT laut Brocade: Muss bei Technologie-Trends auf dem neuesten Stand bleiben, damit er bei Geschäften zwischen Business Units oder mit Zulieferern beraten und das Beste herausholen kann. ÜBERLEBENSRATE/PROGNOSE: HOCH
Der CIO als Dinosaurier
CHARAKTERISTIKA laut Brocade: Kennt die Zeiten als es noch keine E-Mails gab und erinnert alle anderen oft daran. Ist gut vernetzt und ein guter Personalmanager, aber stark abhängig von anderen, wenn es darum geht, die Auswirkungen von neuen Trends auf die IT zu verstehen. Kann den Mainframe immer noch ohne Hilfe neu programmieren. Ärgert sich über Anträge für neue Anwendungen, weil deren Inbetriebnahme Ressourcen in Anspruch nimmt und die sonst perfekt funktionierende Infrastruktur verlangsamt. ENTWICKLUNGSMÖGLICHKEIT laut Brocade: Muss einen Zahn zulegen, um bei den neuesten IT-Trends auf dem Laufenden zu sein, die stetigen Veränderungen in der IT zulassen und eine deutliche sichtbarere Führungsrolle innerhalb des Unternehmens einnehmen. ÜBERLEBENSRATE/PROGNOSE: NIEDRIG
Der CIO als Evangelist
CHARAKTERISTIKA laut Brocade: Kennt jede DBA (Dreibuchstabenabkürzung) in der IT, besitzt jedes nur erdenkliche technische Gerät und ist ein großer Fan von Upgrades. Ist auf dem allerneuesten Stand bei Trends und neuen Entwicklungen in allen Technologiebereichen, ist ein wandelndes Lexikon für alle möglichen Lösungen in der IT, vom neuesten Smartphone bis hin zu den Sicherheitseinstellungen der Firewall des Unternehmens. ENTWICKLUNGSMÖGLICHKEIT laut Brocade: Muss seine IT-Expertise mehr darauf ausrichten, dass das Unternehmen davon profitiert und seine Beratungskompetenz weiter ausbauen. ÜBERLEBENSRATE/PROGNOSE: HOCH

Jeder Fünfte hält es für möglich, dass Unternehmen künftig keinen CIO mehr brauchen. Seine Aufgaben gehen entweder an die Fachabteilungen oder an den CFO (Chief Financial Officer).

Schlechte Prognose für Dinosaurier-CIOs

Brocade als Initiator der Studie malt nun ein Szenario von fünf möglichen CIO-Rollen. Während der Dinosaurier noch den alten Zeiten ohne E-Mail hinterher trauert, betrachtet der Vollstrecker alles und jeden als Sicherheitsrisiko. Der Mediator vermittelt nicht nur zwischen Fachbereichen und Zulieferern, sondern auch in Konflikten mit der IT-Abteilung. Der Evangelist ist technisch immer auf dem neuesten Stand und der strategische Berater kann das ganze Unternehmen mit sachkundigen Worten bedenken - überlässt das Handeln aber gern anderen.

Die fünf CIO-Typen haben den Studienautoren zufolge ganz unterschiedliche Überlebenschancen im Unternehmen. Während der Dinosaurier gut daran tut, sich über neue Entwicklungen auf dem Laufenden zu halten, um überhaupt noch wahrgenommen zu werden, ist der Berater mit seinem Rollenverständnis sehr gut aufgestellt.