Flexibles Arbeiten

5 Fragen für Chefs, die Teilzeit machen wollen

24.11.2016 von Christiane Pütter
Nur 15 Prozent der deutschen Führungskräfte arbeiten Teilzeit. Wer seine Arbeitszeit reduzieren will, sollte fünf Punkte abklären. Das empfiehlt die Organisation EAF Berlin.
  • 38 Prozent der Chefs nutzen das Home Office
  • Zitat einer Führungskraft: "Was soll mein Nachbar denken, wenn ich drei Tage hintereinander zu Hause bin?"
  • Interessierten Chefs fehlen Vorbilder
Flexible Arbeitszeitmodelle wie etwa das Home Office brauchen Strukturen.
Foto: Stokkete - shutterstock.com

Stehen Modelle wie Teilzeit und Home Office deutschen Führungskräften offen? Um diese Frage kreist die Studie "Flexibles Arbeiten in Führung", an der sich knapp 800 Manager beteiligt haben. Urheber ist die Organisation EAF Berlin, die sich als unabhängig und gemeinnützig versteht. Zu ihren Unterstützern zählen die Deutsche Bank, die Max-Planck-Gesellschaft und Porsche. Die Studie über Flexibles Arbeiten entstand in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin.

Flexibles Arbeiten hat einen guten Ruf. Das zeigen die Antworten von Führungskräften auf die Frage, was sie damit verbinden: 68 Prozent sprechen von mehr Lebensqualität, 63 Prozent von einem Zuwachs an Motivation. 58 Prozent nennen höhere Produktivität, 57 Prozent ein Plus an Kreativität.

Dennoch nutzen Chefs flexible Arbeitszeitmodelle wenig. Die EAF hat verglichen, welche Möglichkeiten die Firmen den Befragten anbieten und welche sie nutzen. Hier zeigen sich erhebliche Diskrepanzen. Am stärksten nutzen Führungskräfte die Vertrauensarbeitszeit. 79 Prozent haben diese Möglichkeit, 66 Prozent nehmen sie wahr. In allen anderen Fragen klafft die Schere teils weit auseinander, etwa beim Home Office (69 Prozent/38 Prozent), Teilzeit (82 Prozent/15 Prozent) und Jobsharing (27 Prozent/ein Prozent). Da sei also "Luft nach oben", kommentieren die Studienautoren.

Arbeitsmenge lässt sich nicht so einfach verringern wie die Arbeitszeit

Die Reduktion der Arbeitszeit sei für Führungskräfte "derzeit offenbar häufig noch schwierig", so die EAF weiter. Auf die Frage nach den Gründen dafür gaben die Studienteilnehmer fehlende Rollenvorbilder, mangelnde Unterstützung durch die oberste Firmenspitze und direkte Vorgesetzte an. Zudem sei es oft schwer, die Arbeitsmenge an verringerte Zeiten anzupassen. Nicht zuletzt scheitert flexibles Arbeiten an unklaren Regelungen (etwa zur Arbeitssicherheit zu Hause).

Was das konkret heißt, verdeutlichen einige Aussagen der Studienteilnehmer bei Workshops rund um dieses Thema. So sagt ein Teilnehmer: "Wenn jemand offiziell im Home Office ist und sich beim Fasching ein Bein bricht - bin ich dann dran?" Ein anderer sorgt sich: "Was soll mein Nachbar denken, wenn ich drei Tage hintereinander zu Hause bin?" Einer sagt aber auch: "Manche zaubern im Home Office wahre Wunder hervor, wozu sie im Büro nicht kommen."

Die EAF rät Führungskräften mit Interesse an flexiblem Arbeiten, sich folgende fünf Fragen zu stellen:

1. Wie soll das flexible Arbeitsmodell konkret aussehen? Soll die Arbeitszeit flexibilisiert werden, der Arbeitsort, oder Beides? Ab wann? Nur vorübergehend oder dauerhaft? Heißt Flexibilisierung, dass man spontan arbeiten kann oder geht es um längerfristige Absprachen?

2. Inwieweit sind die Voraussetzungen erfüllt? Welchen Umfang hat die Arbeitszeit jetzt? Muss man vor immer Ort sein oder kann Präsenz auch delegiert werden? Gibt es viele Ad hoc-Aufgaben, die sich nicht planen lassen?

Effizient Arbeiten im Home Office
Wie wird Arbeiten im Home Office effizient?
Unify gibt einige praktische Tipps, mit denen Mitarbeiter auch ihr Home Office möglichst produktiv gestalten können.
Grenzen setzen - auch zu Hause
Im eigenen Heim lauern zahlreiche Ablenkungen: Nicht abgespültes Geschirr, der Kühlschrank, Radio oder Fernseher üben ungeahnte Anziehungskräfte aus und stören die produktive Arbeit.
Ein festgelegter Arbeitsbereich, ...
... der vom übrigen Wohnraum abgetrennt ist, verhilft auch zu klaren Grenzen im Kopf. Die Gefahr der Ablenkung wird geringer.
Einen Fensterplatz buchen
Stress bremst die Produktivität. Ein Blick aus dem Fenster bietet Abwechslung, noch mehr wenn er direkt ins Grüne geht. Außerdem ist es für Bildschirmarbeiter sinnvoll, regelmäßig in die Ferne zu sehen, zumindest einige Meter hinter den Monitor.
Ein Fensterplatz ...
... verringert die Belastung der Augen und damit auch den Arbeitsstress. Tipp für alle, die keinen Platz am Fenster haben: Auch Zimmerpflanzen oder ein Zimmerbrunnen sorgen für entspannte Atmosphäre.
Mit Farben spielen
Farbe ist ein wichtiger Faktor für jeden Büroraum, egal ob in der Firma oder zu Hause. Farben beeinflussen die Stimmung wesentlich.
Neutrale Farben wirken beruhigend, ...
... während manche Orange- und Gelbtöne sogar das Hungergefühl fördern. Besonders zu empfehlen für eine produktive Arbeitsumgebung sind Zitronentöne, Pastellblau oder Cremefarben.
Auf einen ergonomischen Arbeitsplatz achten
Mitarbeiter können nur produktiv sein, wenn sie gesund sind und einen komfortablen Arbeitsplatz haben.
Das Büro zuhause ...
... soll auch nach ergonomischen Vorgaben eingerichtet werden, um gesund und leistungsfähig zu bleiben. Hier sind ebenfalls die Arbeitgeber gefragt: Sie sollten unbedingt dafür sorgen, dass alle ihre Mitarbeiter die nötigen Informationen zur Ergonomie am Arbeitsplatz bekommen.
Für Flexibilität sorgen
Auch wenn das Home Office seinen festen Platz in der Wohnung haben sollte: Stuhl und Schreibtisch festzuschrauben, hilft auch nicht weiter.
Dagegen fördert es die Kreativität ...
... gelegentlich die Position und damit den Blickwinkel auf die aktuelle Arbeit zu wechseln. Es ist ebenfalls hilfreich, Dinge neu sortieren zu können oder die Arbeit anders anzuordnen - dafür sollte auch im Home Office Platz sein.

3. Wie viel konzeptionelle Arbeit erfordert die Stelle? Welche Tätigkeiten können auch von zu Haus erledigt werden und welchen Anteil machen sie aus? Für wie viele Mitarbeiter besteht direkte Personalverantwortung? Wie oft ereignen sich unvorhergesehene Notfälle, die kein Vertreter regeln kann? Wieviel Arbeitszeit nehmen Tätigkeiten ein, die zeitlich flexibel erledigt werden können?

4. Wie sehen die Erfahrungen und Haltungen zu flexiblem Arbeiten im Unternehmen aus? Wie gehen Vorgesetzte mit Abwesenheiten um, wie Mitarbeiter? Welche Gründe gibt es für das Ablehnen flexibler Arbeit und was kann man darauf antworten? Welche Gründe gibt es für das Befürworten? Besteht ein gutes Vertrauensverhältnis zwischen den Beteiligten?

5. Wie muss der konkrete Rahmen für flexibles Arbeiten auf dieser Stelle aussehen? Was müsste im Arbeitsbereich geändert werden? Reicht die technische Ausstattung im Home Office aus? Reichen die persönlichen Kompetenzen dafür aus? Wie lassen sich Planbarkeit und Verlässlichkeit gestalten, welche Regeln müssen festgeschrieben werden? Wie sieht das Feedback zum flexiblen Arbeiten durch das Arbeitsumfeld aus? Anhand welcher Kriterien wird entschieden, ob flexibles Arbeiten gelingt?

Einer der Studienteilnehmer sagte der EAF: "Die Praktiker müssen sicherstellen, dass es funktioniert. Dadurch werden die Widerstände geringer und in zwei bis drei Jahren sind die Modelle dann standardisiert."