Jedes Business ist digital

7 IT-Visionen von Accenture

25.02.2013 von Christiane Pütter
Schuhläden, die Kunden per Smartphone bei der Konkurrenz erwischen; Apps, die sozialer sind als ihre Nutzer - Accenture skizziert den künftigen IT-Einsatz.
Für Paul Daugherty, Chief Technology Officer bei Accenture, ist mittlerweile jedes Business digitales Business.
Foto: Paul Daugherty, Accenture

Jedes Business sei digitales Business, behaupten die Analysten von Accenture. Sie wollen darauf hinaus, dass der Geschäftserfolg wirklich jeder Branche heute davon abhänge, wie gut die Entscheider Daten nutzen. Das Team um Paul Daugherty, Chief Technology Officer bei Accenture, postuliert sieben Trends. Diese lauten wie folgt:

1. Digitale Beziehungen entanonymisieren: All die Kontakt- und Interaktionsmöglichkeiten mit dem Endverbraucher haben zu einer "beispiellosen Menge" an Daten geführt. Unternehmen müssen dennoch den einzelnen Kunden adressieren. Dies geht nur über die Kombination von personalisierten und Kontext-bezogenen Informationen.

Dazu ein konkretes Beispiel: Meat Pack, ein Schuhhändler aus Guatemala, operiert mit einer mobilen App, die den Nutzer ortet. Betritt ein Kunde den Laden der Konkurrenz, schickt ihm Meat Pack eine Nachricht über die eigenen aktuellen Sonderangebote auf das Handheld.

2. Unternehmens-Anwendungen verstehen sich als Lieferkette: Heutzutage würden Unternehmens-Anwendungen für spezifische Aufgaben entwickelt. Sie verarbeiten daher auch nur eine ausgewählte Anzahl Daten. Künftig werde es darum gehen, die Verarbeitung von Daten mehr als eine Art Lieferkette zu begreifen. Nicht mehr einzelne Probleme sollen gelöst werden, sondern Grundsatzfragen, die diesen Problemen zugrunde liegen.

Business Intelligence-Lösungen (BI) und Analyse-Tools müssen immer mehr Daten in Bezug setzen. "Immer mehr" heißt beispielsweise, dass Unternehmen durch Sensoren, durch in Produkte eingebettete Tools und soziale Netzwerke ständig neue Informationen erhalten. Big Data zu bewältigen heißt nicht nur, diese Informationen zu verarbeiten. Sondern auch, sie mittels Analyse-Tools in Vorhersagen über künftiges Käuferverhalten und neue Absatzmärkte zu verwandeln.

3. Den Daten Beine machen: Accenture spricht von drei großen V, nämlich Volumen, Variety und nun auch Velocity. Datengewinnung und -verarbeitung müsse immer schneller erfolgen. In-Memory-Computing und visuelle Datenaufbereitungen unterstützen Unternehmen dabei.

Der Mitarbeiter muss nicht social sein - die App schon

4. Nahtlose Zusammenarbeit: Gute Zusammenarbeit erfordert nicht unbedingt Sozialkompetenz von den Angestellten, erklärt Accenture. Aber von den Prozessen. Jede App, die ein Unternehmen einsetzt, müsse daher "social" sein.

5. Software-defined Networking: Software-definierte Netzwerke sollen Unternehmen schneller und agiler machen. Dahinter steckt eine Entwicklung, die von proprietärer Hardware weg und hin zu einer frei konfigurierbaren Infrastruktur führen soll.

Wenn Software und Hardware entkoppelt sind, müssen neue Anwendungen das interne Zusammenspiel von Routern und Switches nicht mehr verstehen, so die Idee. Accenture glaubt, dass Unternehmen Veränderungen dadurch einfacher umsetzen können.

6. Ran an den Honigtopf: Sicherheit bleibt ein zentrales Thema. Accenture sieht die Unternehmen in der Pflicht zu mehr Aktivitäten. Das Motto lautet denn auch "Active Defense". Konkret: Es ist nicht damit getan, Attacken abzuwehren, sondern Unternehmen müssen das Vorgehen der Angreifer verstehen und dann selbst aktiv werden. Ein Beispiel dafür sind sogenannte Honeypots.

Honeypots sollen von Hackern angegriffen werden und dabei die Angriffsmethode analysieren. Sie fungieren damit auch als Intrusion Detection Systeme.

Accenture plädiert außerdem dafür, Profile der Nutzer zu entwickeln. Das soll bessere Authentifizierungs-Methoden ermöglichen. Genauso sollten Unternehmen Informationen über die Angreifer sammeln und verarbeiten ("Hacker fingerprinting").

Alles as-a-Service

7. Zwischen den Wolken und den Welten wechseln: Cloud Computing ist für Accenture kein Trend mehr. Es geht nicht mehr um die Frage, ob die Cloud genutzt wird, sondern wie. Künftig werden IT-Chefs entscheiden müssen, welche Inhalte in einer Private Cloud liegen und welche in die Public Cloud dürfen. Sie werden sich in einer hybriden Welt bewegen.

Was die IT-Teams betrifft, müssen CIOs Architekten finden, die das Zusammenspiel der Fähigkeiten und Funktionen überblicken und lenken. Accenture geht vom Siegeszug des As-a-Service-Modells aus.

Cloud Computing verändert nicht nur die IT, sondern die gesamte Business-Welt. Als Beispiel nennt Accenture eine Marketing-Kampagne, die der Autobauer BMW gemeinsam mit Microsoft in Panama und Argentinien gestartet hat. Neue Automodelle sollten per Facebook bekannt gemacht werden, BMW nutzte dafür Cloud-basierte Social-Marketing-Tools von Microsoft.

BMW, Microsoft und dessen Partner Huddle Group entwickelten eine zweisprachige (englisch und spanisch) interaktive Werbe-Kampagne. Verbraucher konnten sich - ohne bei Facebook angemeldet zu sein - auf der Facebook-Site Fotos und Videos der der BMW-1-Serie ansehen. Gehostet und gemanagt wurden die Inhalte durch das Kundenbindungs-System von BMW, die Daten wurden in der Microsoft-SQL-Datenbank gespeichert.

Wenig Geld und viele Kundendaten

Binnen zwei Monaten hätten 90.000 Nutzer an der Kampagne teilgenommen und Daten abgegeben. Das Ganze habe BMW "keine größeren Investitionen" gekostet, so der Autobauer. Accenture feiert dies als Beispiel dafür, wie die Cloud jenseits der IT-Abteilung neue Geschäftsmodelle ermöglicht.

Digitale Technologien hätten sich zu einem "Strategic Imperative" entwickelt, so die Analysten. Daher das Motto "Every business is a digital business". Damit ist IT nicht mehr nur CIO-Sache. Wie Paul Daugherty sagt, müssen Unternehmen "den ‘Reset’-Knopf drücken".

Veränderungen sieht Daugherty weniger in puncto neue Technologien, sondern im Einsatz bereits entwickelter. Die Business-Seite in den Unternehmen müsse verstehen, wie stark die Welt heute Software-getrieben ist. Software-getrieben heißt für den Analysten vor allem, dass Menschen und Daten vernetzt sind.

Das berührt auch das Zusammenspiel von CIO und Fachabteilungen beziehungsweise die Rolle des IT-Verantwortlichen. Ende vorigen Jahres hatte Frank Riemensperger, Vorsitzender der Geschäftsführung von Accenture, auf CIO.de über das Selbstverständnis von CIOs geschrieben."Ich wette, dass es in zehn Jahren eine Zweiklassengesellschaft unter den CIOs geben wird: den hochstrategischen Innovativ-Manager und den reglementierten IT-Verwalter", so Riemensperger.

Zwei Klassen von CIOs

Bei einem Teil der Unternehmen werde der CIO weiterhin die Rolle eines IT-Verwalters einnehmen, so der Accenture-Chef. Nur ein Teil werde es schaffen, den CIO ohne Wenn und Aber als strategischen Kopf zu positionieren. "Entscheidend und differenzierend ist, dass die besten Unternehmen eine ‘digitale Vision‘ entwickeln: das digitale Unternehmen mit digitaler Kundenbindung, digitaler Lieferkette und digitaler Busienss Intelligence baierend auf kohärenten Daten und ausgestattet mit einer ausgefeilten Analytik", führte Riemensperger aus.