Schwerpunkt Integration: Lufthansa Cargo

Abheben mit EAI

06.10.2003 von Holger Eriksdotter
Mit dem Projekt Foresight will Lufthansa Cargo (LCAG) die Prozesse straffen. Schon die Vorüberlegungen zeigten, dass sich das hoch gesteckte Ziel ohne eine Integrationsplattform und die Ablösung des alten HandlingSystems nicht erreichen lässt.

Die ersten kommerziellen Erfolge verdankt das Flugzeug dem Frachtverkehr, angefangen mit Postpiloten wie Charles Lindbergh. Heute sind Cargo-Flieger unverzichtbare Bindeglieder internationaler Lieferketten. Ihre Pünktlichkeit ist nicht nur eine Frage des Flugplans, sondern vor allem eine der ausgeklügelten Logistik. Mehr als 50 Anwendungen arbeiten in der IT-Abteilung von Lufthansa Cargo zusammen, um Frachtaufträge - von Annahme und Flugplanung bis zur Fakturierung und Auslieferung - abzuwickeln. Die gewachsene IT-Struktur stößt indes bei steigendem Frachtaufkommen, flexibleren Tarifen und einer zunehmenden Vernetzung mit Airline-Partnern und Kunden an ihre Grenzen: Fehlende Standardisierung, die Komplexität des heterogenenSystems, redundante Datenhaltung und Lücken bei der IT-Unterstützung der Prozesskette erweisen sich mehr und mehr als Hindernisse bei der Weiterentwicklung des Geschäfts sowie der Preis- und Tarifmodelle. Auf 50 bis 100 Millionen Euro jährlich schätzt ein Branchenkenner den Umsatzausfall durch das veraltete Handling-System.

"Anfang 2002 haben wir deshalb das Projekt Foresight gestartet, mit dem Ziel, die Prozesse durchgängig zu optimieren", so Kamilla Straß, die für das EAI-Teilprojekt die Verantwortung trägt. Aus der Analyse der Istprozesse und Aufstellung der Sollprozesse entstand ein Migrationsplan, der jetzt die Basis für die 40 Einzelprojekte bildet. "In der Logistik ist Prozessoptimierung einer der zentralen Erfolgsfaktoren; die Verzahnung von Prozess- und ITManagement hat direkten Einfluss auf Qualität, Flexibilität und Kosten der Unternehmensprozesse", erklärt Straß.

Prozessoptimierung nur mit EAI

Schon in der Analysephase zeigte sich, dass sich vor allem das Herzstück der Abwicklung - das alte Handling-System Mosaik - gegen die Prozessoptimierung sperrt und eine Integrationsplattform als Rückgrat der künftigen Systemarchitektur unverzichtbar ist. Das Mosaik-System ist seit 1980 im Einsatz. Es läuft auf Unisys-Hardware und ist in Fortran geschrieben. "Neue Produktstrategien lassen sich mit dem alten System nicht mehr mit vernünftigem Aufwand umsetzen", sagt Stephan Madlung, Mitglied des EAI-Kompetenzteams und aufseiten des IT-Dienstleisters Lufthansa Systems AS für das Integrationsprojekt zuständig.

Das Projekt Foresight läuft bis 2005. Mit rund 300 Aufwandsjahren will die LCAG alte Applikationen erweitern, neue entwickeln, Standardsoftware anpassen und in die IT-Landschaft integrieren. Insgesamt soll das Einsparungen von 40 Millionen Euro jährlich bringen: rund 35 Millionen durch Prozessoptimierung und weitere 5 durch Ertragssteigerungen, die sich aus flexibleren Tarifen, besserer Frachtraumausnutzung und Qualitätssteigerung ergeben.

Kompetenzteam für EAI-Projekt

"Foresight ist kein IT-Projekt", macht Straß klar, "Ausgangspunkt war die Optimierung der Prozesse; EAI ist nur ein kleiner Teil davon." Im Zuge des Projekts wurde ein EAI-Kompetenzteam installiert; es entstanden ein Architekturleitfaden für EAI-Projekte und ein Modell für ein einheitliches Vorgehen bei der Projektabwicklung. Wesentliche Voraussetzung für den Erfolg, davon ist die EAI-Expertin überzeugt, ist die Unterstützung des Gesamtprojekts durch das Management. Nach einem aufwendigen Evaluierungsverfahren, dem Proof of Technology, das extra für die Auswahl der EAI-Software entwickelt wurde, ist die Wahl auf die Integrationsplattform von Tibco gefallen. "Wir hatten vier Systeme in der engeren Wahl. Die Plattform von Tibco erfüllt die Anforderungen am besten", berichtet Madlung. Die Erwartungen an die Integrationsarchitektur sind hoch: Sie soll neben der Migrationsunterstützung bei der Ablösung von Mosaik den Betrieb älterer Legacy-Systeme gewährleisten, verschiedene Partner- und Kundensysteme anbinden, Einsparungen bei applikationsübergreifenden Prozessen bringen, Prozessautomation und -monitoring vereinfachen und den Wartungsaufwand reduzieren. Die ersten beiden Integrationsprojekte sind gerade angelaufen und befinden sich in der Testphase.

Die logistische Abwicklung zu Lindberghs Zeiten war dagegen ausgesprochen einfach. Er warf den Postsack ins Flugzeug und flog los.