Elektronische Gesundheitskarte

Akzeptanz Ja – Einführung zäh

08.08.2011 von Hartmut  Wiehr
Seit der letzten Bitkom-Umfrage 2009 ist die Zustimmung für die E-Gesundheitskarte weiter gestiegen. Doch die generelle Einführung lässt auf sich warten.

2009 erklärten 59 Prozent der Bevölkerung in einer Umfrage des Branchenverbandes Bitkom, sie würden die Einführung einer elektronischen Gesundheitskarte (eGK) begrüßen. Überraschenderweise ist dieses Jahr die Zustimmung mit 70 Prozent der Befragten deutlich gestiegen, obwohl sich ein flächendeckender Roll-out der Karte weiter hinzieht. Auch von der Politik sind kaum positive Signale ausgegangen.

Für Bitkom-Präsident Dieter Kempf muss die Politik mehr tun für die elektronische Gesundheitskarte (eGK).
Foto: Bitkom

Der Bitkom, der sich als Interessensvertreter der IT-Industrie für fast alle Technologieprojekte einsetzt, gibt sich zufrieden und ermahnt die verantwortlichen Politiker. Bitkom-Präsident Dieter Kempf erklärte mit der Bekanntgabe der neuesten Umfragewerte: "Die Bürger sehen die Vorteile der elektronischen Gesundheitskarte offenbar sehr deutlich. Dies ist ein Auftrag an die Politik und alle Beteiligten, die Karte schnellstmöglich einzuführen und ihre Potentiale mit neuen Funktionen auch wirklich auszuschöpfen."

Die Zustimmung fällt nach Alter und Geschlecht unterschiedlich aus. Die als repräsentativ geltende Befragung von 1.006 deutschsprachigen Personen ab 18 Jahren, die das Meinungsforschungsinstitut Aris für den Bitkom durchführte, zeigt, dass die Zustimmung bei den Männern mit 71,3 Prozent noch deutlicher als bei den Frauen mit 68,1 Prozent liegt.

Auswertung nach Altersgruppen

Gravierender sind die Unterschiede nach Alter: Die Gruppe der 18- bis 29-jährigen spricht sich mit 82,3 Prozent am deutlichsten für die eGK aus, die über 65 Jahre alten Personen stimmen dagegen nur mit 54,8 Prozent für die Einführung der Karte. Der Bitkom bezeichnet das als "eine solide Mehrheit". Dennoch erstaunt gerade dieses Ergebnis etwas, da doch die Älteren in aller Regel wesentlich besorgter um das Thema Krankheit sind.

Es dauert wohl noch ein paar Jahre, bis die eGK überall eingeführt ist.
Foto: AOK

Von daher wäre auch eine größere Aufgeschlossenheit dieser Altersgruppe gegenüber der eGK zu erwarten gewesen. Leider hat der Bitkom nicht nach den jeweiligen Motiven für die Antworten gefragt. Über das reine Prozentmaterial hinaus erhält man auf Anfrage nur die Mitteilung, es gebe keine weiteren Unterlagen.

Vom Lipobay-Skandal zur elektronischen Gesundheitskarte?

Die Umfrage kommt pünktlich zum zehnten Jahrestag der Debatte um die eGK. Der Lipobay-Skandal führte dazu, dass der Konzern Bayer am 8. August 2001 sein cholesterinsenkendes Medikament vom Markt nehmen musste. Es war zu einigen Todesfällen wegen unerwünschter Wechselwirkungen mit weiteren Medikamenten gekommen. Als ein großes Problem stellte sich damals der Umstand heraus, dass es keine exakten Dokumentationen über die Medikamente gab, die den betroffenen Patienten verschrieben worden waren.

Es kam darauf hin zu dem Vorschlag, diese Informationslücke in Zukunft durch eine elektronische Gesundheitskarte zu schließen, auf der wichtige Patientendaten und die eingenommenen Arzneimittel verzeichnet werden sollten. So würde man die Datenbasis für genaue Analysen und mögliche Gegenmaßnahmen bei etwaiger Medikamentenunverträglichkeit in elektronischer Form besitzen.

Leuchtturmprojekt mit mittlerweile vielen Abstrichen

Der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder bezeichnete die eGK als "Leuchtturmprojekt". So richtig zum Leuchten ist sie bis heute nicht gekommen. Es begann ein öffentlicher Streit um die Karte, ausgefochten von zahllosen Berufs- und Interessenverbänden, wie sie gerade für das deutsche Gesundheitssystem typisch sind. Eine flächendeckende Einführung der eGK ist bis heute nicht verwirklicht worden. Außerdem wurden immer mehr Abstriche am einstigen Konzept vorgenommen.

Im Herbst soll ein neuer Anlauf starten. Bitkom-Präsident Kempf erinnert an den in der Vergangenheit geplanten Zweck der Karte: "Mit einer Gesundheitskarte, wie sie ursprünglich angedacht war, sinken die Risiken einer Fehlbehandlung. Außerdem können die Krankenkassen damit jedes Jahr erhebliche Kosten sparen."