Top 10 - Markus Bentele, Rheinmetall

Anwalt der Web-2.0-Generation

26.11.2009 von Joachim Hackmann
Markus Bentele bereitet Rheinmetall auf eine Mitarbeitergeneration vor, die im Internet und Web 2.0 zu Hause ist..

Rheinmetall hat den Wettbewerb um die fähigsten Ingenieure, Wissenschaftler und Facharbeiter voll im Blick. Mit einem ganzheitlich angesetzten Collaboration-Projekt reagierte Markus Bentele, CIO des Düsseldorfer Konzerns, auf den sich abzeichnenden demografischen Wandel: "Die neue Generation der Ingenieure ist in ihrer Lösungsfähigkeit und Arbeitsweise ganz anders geprägt als unsere derzeitigen Kollegen, denn künftige Hochschulabsolventen und Fachkräfte sind mit dem Internet und den darin enthaltenen Kommunikations- und Collaboration-Möglichkeiten aufgewachsen", schildert Bentele die veränderten Rahmenbedingungen. "Ein wesentlicher Baustein in der Problemlösung ist für sie die Vernetzung. Wenn wir diesen Kollegen nicht den erforderlichen Handlungs- und Kommunikationsraum bereitstellen, sind sie ineffizient." Kann Rheinmetall dieser Generation für ihre Arbeit keine Tools wie Wikis, Chat-Rooms, Blogs, Foren und Instant Messaging anbieten, werden sich die jungen Hochschulabsolventen einen anderen Arbeitgeber suchen, warnt der CIO und Chief Knowledge Officer (CKO). (Siehe auch Enterprise 2.0 - das mittlere Management ist das Nadelöhr)

IT- und Knowledge-Management aus einer Hand

In seiner Doppelfunktion ist der CIO nicht nur für die IT von Rheinmetall zuständig, sondern gleichzeitig und darüber hinaus noch für das konzernweite Wissens-Management. Mit einem nur vierköpfigen Team stemmt der CIO/CKO so in Verbindung mit dezentralen Verantwortlichen die weltweiten Projekte im IT- und Knowledge-Management-Bereich.

Neben der Integration neuer und künftiger Kommunikationsmittel und Arbeits-Tools steht für Bentele also auch der Umgang mit Informationen und Wissen im Rheinmetall-Konzern im Vordergrund. Insbesondere die Stellschraube "individuelles Know-how" für den langfristigen Unternehmenserfolg ist ihm wichtig. Explizites Wissen lässt sich in Datenbanken speichern, das Vorhaben ist eine technische und beherrschbare Herausforderung. Viel wichtiger für den Unternehmenserfolg ist hingegen, das individuelle Know-how der Kollegen nutzbar zu machen. Im Zeitalter des Internets sind Informationsüberflutung und laufend sinkende Halbwertszeiten von Informationen und damit auch Wissen wesentliche Herausforderungen für alle Unternehmen geworden. Daher ist es bedeutsam, mit Hilfe von sozialen Softwaresystemen Menschen nicht nur zu befähigen, Informationen zu identifizieren, finden und wiederzuverwenden. Ebenso wichtig ist es, soziale Kommunikations- und Collaboration-Räume bereitzustellen, um den Wesensinhalt von Kontext und Verbindungen zu erweitern, damit also Sachinformation zu Sachkenntnis und damit zu Sachwissen gewandelt werden kann. (siehe auch Wie das Web die Unternehmen verändert)

Als international aufgestellter Konzern mit den Geschäftsbereichen Defence (Wehrtechnik) und Automotive unterhält Rheinmetall weltweit verteilte Produktionsstätten sowie Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen. Der niederlassungs- und länderübergreifende Informationsaustausch virtueller Teams in virtuellen Räumen sowie die Kommunikation über verschiedenste Kanäle ist für viele Mitarbeiter Tagesgeschäft. Die von der IT bereitgestellten Collaboration-Tools helfen hier, die Projektarbeit optimal vorzubereiten, Wissen und Experten konzernweit verfügbar zu machen sowie in einer heterogenen Infrastruktur synchron und asynchron schnell zu kommunizieren.

Soziale Netze für junge Ingenieure

Die Grundlagen für das jüngst abgeschlossene Projekt "C@R - Collaboration at Rheinmetall" wurden bereits im Jahr 2002 gelegt. Damals entstanden das Konzernportal "Gates²" sowie hiermit erste Lösungen für das Informations- und Wissens-Management mit dem Ziel, das Know-how der Mitarbeiter effizienter nutzen zu können. Im Lauf der Zeit reifte dann die Erkenntnis, dass die Lösung den neuen Anforderungen nicht mehr gerecht wurde. "Wir hatten mit einer kleinen Lösung begonnen, die zudem nicht standardkonform war", beschreibt Bentele die Defizite. Nach intensiver Marktevaluierung entschied sich das Team im Jahr 2007 für IBM Collaboration Suite bestehend aus Lotus Connections (soziale Netzwerk-Tools), Quickr (Dokumenten-Sharing) und Sametime (Instand Messaging, Online-Meetings) zur Integration in die bereits bei den Mitarbeitern positionierte Intranetwelt Gate². Bereits vorhandene Wissens-Management-Systeme wie Yellow Pages und Teamräume wurden durch die neuen und ausgereifteren Tools der IBM ersetzt und um weitere wie Blogs und Web-Konferenzen ergänzt.

Damit ist Rheinmetall auch auf künftige Entwicklungen vorbereitet, denn mit der Orientierung an Standards ist die Erweiterung der Plattform kein Problem. "Wenn der Bedarf da ist, können wir Dienste wie etwa Microblogging oder Communities zuschalten", verspricht Bentele. Entschieden werde so etwas in enger Kooperation mit den Arbeitnehmervertretungen, den Fachbereichen und den einzelnen Tochtergesellschaften, immer unter der Prämisse einer einheitlichen, konzernweiten Strategie und Umsetzung.

Collaboration findet Anklang

9000 von knapp 20.000 Mitarbeitern nutzen das Portal Gate² derzeit, so Bentele. Die Quote ist bemerkenswert, denn viele Kollegen in der Produktion haben keinen PC-Arbeitsplatz. Dennoch möchte der CIO die Akzeptanz des Portals weiter verbessern. "Wir bauen Brücken zwischen den Generationen. Die Mitarbeiter, die bevorzugt E-Mails schreiben, können mit jüngeren Kollegen interagieren, die lieber chatten", wirbt der Rheinmetall-CIO. Damit die Mitarbeiter der vielen unterschiedlichen Tochtergesellschaften Gate² häufiger aufsuchen und die Collaboration-Tools in der internen wie auch in der Zusammenarbeit mit Externen intensiver nutzen, betreibt die Mannschaft rund um Bentele hausinternes Marketing. Flyer, Newsletter, interne Zeitungsartikel, Webinare (Web-basierende Seminare), Informationsveranstaltungen und Gesprächsrunden regen die Mitarbeiter zum digitalen Informationsaustausch an, unterstützen neue Anwender und geben Platz für Detailfragen.

Mit der Einführung von Collaboration-Technologien hat Rheinmetall einen Paradigmenwechsel eingeläutet, betont Bentele. Die Lösung soll Reichweite und Reichhaltigkeit von Informationen verbessern und die Mitarbeiter enger vernetzen. Für den international aufgestellten Konzern ist es besonders wichtig, dass unabhängig von Ort und Zeit Daten, Informationen und Erfahrungen effizient in die Geschäftsprozesse einfließen können. Das Unternehmen, so Bentele, wandelt sich gleichsam vom "Produktionsort" zum "Denkplatz".

Markus Bentele, Rheinmetall

Position: Chief Information Officer (CIO) und Chief Knowledge Officer (CKO).

Branche: Wehrtechnik und Automobilzulieferer (21.000 Mitarbeiter).

Ein CIO ist dann erfolgreich … wenn er Leidenschaft und Unternehmertum in sich vereint.

Er liest gerade … Thomas Lünendonk, Jörg Hossenfelder: "Dienstleistungen Vision 2020".

Er ärgert sich über … den Satz: "Das haben wir immer schon so gemacht."

Ein Leben ohne Blackberry ist für mich ... nicht mehr vorstellbar. Flexibilität und Mobilität sind meine bestimmenden Aspekte.

Wichtigstes Projekt: C@R - Collaboration at Rheinmetall.

Beschreibung: Herausforderung, Sicherung und Ausbau von Wissen und Kompetenzen im Spannungsfeld von virtuellen Unternehmensstrukturen und demografischem Wandel: Enterprise Business Collaboration 2.0.

Kernprodukte: IBM Lotus Quickr Version 8.0.2; Lotus Sametime 8.0; Lotus Connections 1.0.

Herausforderungen: Fehlender technischer Zugang von Mitarbeitergruppen; Angst vor der Arbeit mit neuen Technologien; Zeitknappheit; nicht alle Bausteine sind für alle Mitarbeiter in gleichem Maß von Bedeutung; standortbezogene Infrastrukturprobleme wie mangelnde Leitungskapazitäten.

Zeitrahmen: zwölf Monate.

Projektmitarbeiter: vier (IT-Mitarbeiter allgemein: Full Outsourcing).