4 Preismodelle von A.T. Kearney

Anwender sollen fürs Web zahlen

31.01.2011 von Werner Kurzlechner
A.T. Kearney will Internet-User stärker zur Kasse bitten. Nur so lasse sich verhindern, dass das World Wide Web an der Fülle seiner Inhalte kollabiert, meinen die Unternehmensberater. In jedem Fall seien massive Investitionen in die Netze unumgänglich.
Bequem und günstig: Im Internet gibt es keine Maut. Das müsse sich schleunigst ändern, finden die Berater von A.T. Kearney.
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Nichts ist so billig wie die Nutzung des Internets. Über das World Wide Web kann sich jeder nach Gusto und Bedarf mit Informationen versorgen, Geschäfte lassen sich im Netz ebenfalls prima abwickeln. Und das alles kostet beinahe nichts, die Bereitstellungskosten fallen weder für Endverbraucher noch für Firmen nennenswert ins Gewicht. Schöne digitale Welt also? Mitnichten, warnen die Unternehmensberater von A.T. Kearney. Lange gehe dieser Modus Vivendi nicht mehr gut, wenn das Web nicht an seiner explodierenden Menge an Inhalten ersticken soll.

Die Berater hinterfragen also nachdrücklich die kommerzielle Tragfähigkeit des Internets und fordern eine Neuordnung der wirtschaftlichen Beziehungen entlang der Wertschöpfungskette. Im Klartext: Die Nutzer sollen stärker als bisher an den Kosten beteiligt werden, damit die Telekommunikationsanbieter auch künftig die Datenübertragung gewährleisten können.

Anzumerken ist, dass die Studie mit diesem Plädoyer von vier führenden europäischen Telkos in Auftrag gegeben wurde: Deutsche Telekom, France Telecom-Orange, Telecom Italia und Telefonica. „Als unabhängiger Beitrag zur derzeitigen politischen Debatte über ein dauerhaftes Wirtschaftswachstum, die Umsetzung der Digitalen Agenda für Europa und die Erhaltung eines offenen und wettbewerbsfähigen Internets“, wie A.T. Kearney betont

Nach Berechnung der Berater müssen die europäischen Netzbetreiber bis 2015 jährlich mit zusätzlichen Investitionen von acht Milliarden Euro über das derzeitige Ausgabenniveau hinaus rechnen. Dieser Mehraufwand sei selbst ohne flächendeckende Glasfaserverkabelung aller Haushalte und Unternehmen nötig, um das bisherige Service-Niveau zu halten.

Ansonsten drohe der Kollaps aufgrund des rasanten Wachstums der Internetangebote, insbesondere von Videos. In den kommenden fünf Jahren werde der Datenverkehr via Festnetz jährlich um ein Drittel zulegen, so A.T. Kearney. Im mobilen Internet werde es sogar eine Verdoppelung geben.

„Die jüngsten Wachstumszahlen für den Datenverkehr und die mittelfristigen Prognosen für das weitere Wachstum sind beeindruckend“, konstatiert Hagen Götz Hastenteufel, Partner bei der Unternehmensberatung. „Allerdings stellen sie das derzeitige Internet-Modell hinsichtlich seiner Zukunftsfähigkeit vor ernsthafte Herausforderungen.“

Preisgestaltung muss sich ändern

Derzeit profitierten vor allem diejenigen vom günstigen Internet, die die Datenflut verursachen: Content-Websites, Online-Service-Provider und Endverbraucher. Die Netzbetreiber verdienten demgegenüber am wachsenden Datenverkehr nicht mit – eine strukturelle Kluft, die die Investitionsbereitschaft dämpfe.

Nötig sind nach Einschätzung von A.T. Kearney wesentliche Veränderungen der Preisgestaltung und Investitionsanreize. Ansonsten sei die Innovationskraft der Industrie gefährdet – eine Gefahr auch für Unternehmen, die in neue Dienste investieren wollen und von leistungsfähigen Netzen abhängig sind.

Die Berater untersuchten vier mögliche Lösungsansätze:

Maßnahme allesamt, durch die die Nutzung des Internets deutlich teurer würde. Das Fazit von A.T. Kearney: Alle vier Vorschläge könnten zur Überlebensfähigkeit des Internets beitragen. Keine reiche aber für sich genommen aus, ein Zusammenspiel sei nötig.

Ziel: Überlebensfähigkeit des Internets

Alex Freyberg, ebenfalls Partner bei der Unternehmensberatung, appelliert an die politischen Entscheider, den Weg für neue Geschäftsmodelle frei zu machen. „Dass das Internet oder gar Prinzipien der freien Meinungsäußerung oder des freien Unternehmertums durch die Einführung von ausgewogeneren und vernünftigeren Gebühren Schaden nehmen könnten, ist nicht anzunehmen“, so Freyberg.