Kearney

Anzahl der Zombie-Unternehmen seit 2010 verdreifacht

06.09.2021
Die Anzahl sogenannter Zombie-Unternehmen wächst laut einer Kearney-Auswertung stetig.

Unternehmen, die seit mehr als zehn Jahren am Markt bestehen und in drei aufeinander folgenden Jahren nicht in der Lage sind, ihre Zinslast aus dem operativen Ergebnis zu decken, werden gemäß OECD-Definition als "Zombie-Unternehmen" bezeichnet. Um die Dimension und Entwicklung dieser Unternehmen beschreiben zu können, hat Kearney für eine umfassende Analyse 67.000 börsennotierte Unternehmen aus 154 Branchen und 152 Ländern hinsichtlich der von der OECD definierten Merkmale untersucht und die Ergebnisse nach Branchen ausgewertet. Die Analyse fördert teilweise dramatische Zahlen zutage. So hat sich die Gesamtzahl der Zombie-Unternehmen weltweit seit 2010 nahezu verdreifacht.

Die Anzahl der Unternehmen, die in drei aufeinander folgenden Jahren nicht in der Lage waren, ihre Zinslast aus dem operativen Ergebnis zu decken wächst teils dramatisch.
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Problematisch sind Zombie-Unternehmen vor allem am Kapitalmarkt, da Kapitalgeber auf die Solvenz der Unternehmen bauen und darauf basierend Kapitalentscheidungen treffen. Börsennotierte Zombies schädigen das Vertrauen in die Funktionsfähigkeit der Märkte insgesamt, da sie die Gesetze des Marktes, nach denen nicht erfolgreiche Geschäftsmodelle vom Markt verschwinden müssen, partiell aushebeln. Kearney legt den Schwerpunkt der Analyse daher auf die börsennotierten Unternehmen, die über kein nachhaltiges Geschäftsmodell mehr verfügen und dennoch weiter am Markt partizipieren und damit gesunde Wettbewerber belasten.

Pandemie wirkt als Katalysator

Hauptursächlich für die Verdreifachung der weltweiten Gesamtzahl an Zombie-Unternehmen seit 2010 ist das mit der Finanzkrise begonnene Zeitalter des billigen Geldes bis hin zu heutigen Negativzinsen. Diese Entwicklung ermöglicht auch unprofitablen Unternehmen, sich zu refinanzieren und vertagt Insolvenzen in die Zukunft.

Im Zuge der Covid-19-Pandemie stieg die Anzahl der betroffenen Unternehmen im Jahr 2020 nochmals deutlich mit +13% in allen untersuchten Volkswirtschaften an. Etwa 70% und damit der überwiegende Teil der betroffenen Unternehmen fallen Jahr für Jahr in die Kategorie der Zombie-Unternehmen und werden u.a. durch die staatlichen Corona-Hilfsprogramme weiter am Leben gehalten - die Zombies kommen, um zu bleiben. Kleinere Unternehmen mit einem Jahresumsatz unter 500 Mio. US-Dollar sind insgesamt stärker betroffen als umsatzstärkere - die Größe der Unternehmen spielt also eine erhebliche Rolle.

Im internationalen Vergleich hat die Covid-19-Krise Deutschland und China stärker getroffen als die USA: Die absolute Anzahl der betroffenen Unternehmen in Deutschland und China ist jeweils deutlich angestiegen. Dennoch bleiben die USA das Land mit dem höchsten Anteil an betroffenen Unternehmen im Ländervergleich.

Sorgenkinder Real Estate und Online-Handel

Unternehmen der Automobilbranche sind im Vergleich zu anderen Branchen geringer betroffen. Deutliche Unterschiede gibt es innerhalb der Wertschöpfungskette: So ist die Zahl der betroffenen Zulieferer in den letzten Jahren ausgehend von einem geringen Stand relativ stark angestiegen, wohingegen die Anzahl der OEMs stabil niedrig ist. Im Immobiliensektor ist hingegen ein fast dreimal so hoher Anteil an Zombie-Unternehmen anzutreffen wie in der Automobilbranche. 7,4% der Real-Estate-Unternehmen verfügen gemäß den Kriterien über kein nachhaltiges Geschäftsmodell. Der Online-Handel ist mit 4,5% Zombie-Anteil überraschenderweise stärker betroffen als der stationäre Handel (ohne Lebensmittel) mit 4,2%. Innerhalb des Handels ist wiederum der Lebensmitteleinzelhandel bilanziell überdurchschnittlich gut aufgestellt.

Simulation weist auf weitere Zunahme der Zombie-Unternehmen hin

Um zukünftige Entwicklungsmöglichkeiten aufzuzeigen, hat Kearney Stressszenarien mit einem weltweit um den Faktor 1,5 und 2 gesteigerten Zinsniveau untersucht. Im Ergebnis würde sich die Anzahl der Zombie-Unternehmen um 19% bzw. 39% erhöhen. Vor dem Hintergrund des derzeit steigenden Zinsniveaus ist daher mit einer weiteren Zunahme der Anzahl der betroffenen Unternehmen zu rechnen. (dpa/ad)