Next Generation Workplace

Arbeitsplatz-IT frustriert Mitarbeiter

05.08.2014 von Werner Kurzlechner
IT-Profis loben die IT-Ausstattung der Arbeitsplätze, viele Mitarbeiter ärgert sie nur. Eine PAC-Studie zeigt, woran das liegt.
Nicht zeitgemäß: Die Mehrheit der User stellt der IT-Ausstattung am Arbeitsplatz ein miserables Zeugnis aus.
Foto: Accenture

Die IT-Abteilungen haben ein Selbstwahrnehmungsproblem, und zwar ein gravierendes. "Realitätsverlust der Computer-Nerds" - so müsste die Schlagzeile lauten, wenn man eine Überschrift für den Boulevard suchte. Gut, es gibt sicherlich nachvollziehbare Gründe dafür, wenn IT-Abteilungen ihre Leistungen besser einstufen als die User im Unternehmen, die eben keine Fachleute sind.

Und doch ist es ernüchternd, die Zutaten zu finden, aus den sich exakt die obige Zuspitzung kochen lässt. Wenn man nämlich eine von Computacenter beauftrage und von Pierre Audoin Consultants (PAC) erstellte Studie mit dem Titel "Der zeitgemäße Arbeitsplatz aus Sicht der Mitarbeiter" durchforstet.

60 Prozent sind unzufrieden

Die Autoren sind insofern fair mit der IT-Welt, als sie die augenfällige Diskrepanz zwischen Wahrnehmung der IT durch sie selbst und durch die Fachabteilungen nicht in den Vordergrund rücken. Schlimm genug ist die Botschaft sowieso. Es geht in der Studie um das sich rasch ändernde Arbeitsumfeld in den Unternehmen. Und darum, dass die IT-Ausstattung mit den veränderten Anforderung nicht Schritt halten. Unschön genug ist dieser Kernbefund einer Erhebung, für die 250 Mitarbeiter deutscher Firmen über die IT-Anwendungen an ihrem Arbeitsplatz befragt wurden.

Die ausgeprägte Wahrnehmungsdifferenz findet man auf Seite 17 der 41-seitigen Studie. IT-Mitarbeiter bewerten zu 80 Prozent die IT-Arbeitsumgebung für die User im Unternehmen als motivierend; der Gedanke, sie könnte frustrierend sein, kommt keinem einzigen der befragten IT-Profis. Allerdings empfindet jeder fünfte der anderen Mitarbeiter die Firmen-IT als genau das: frustrierend. Nur 26 Prozent der nicht in der IT tätigen Befragten sagen, ihre IT-Arbeitsumgebung sei motivierend.

Nur 70 Prozent der Zeit am Büroarbeitsplatz

Hinter diesem Auseinanderdriften steht die Entwicklung, dass der Büroarbeitsplatz zunehmend an Bedeutung verliert. So verbringen drei Viertel der befragten Mitarbeiter heute einen Teil ihrer Arbeitszeit außerhalb des Büros. 46 Prozent von ihnen arbeiten regelmäßig von unterwegs, 42 Prozent auch im Home Office, 33 Prozent ab und an bei Kunden und 55 Prozent auch aus anderen Niederlassungen. Insgesamt verbringen Mitarbeiter lediglich 70 Prozent ihrer Arbeitszeit am klassischen Büroarbeitsplatz.

Für die IT ergeben sich Herausforderungen, die bisher offenbar weitgehend unbewältigt sind. Rund 60 Prozent der Mitarbeiter beurteilen ihre heutige IT-Arbeitsumgebung als "nicht zeitgemäß". "Eine Modernisierung der IT-Arbeitsumgebungen ist in der Mehrheit der Unternehmen angezeigt", so PAC und Computacenter. Das Problem ist der unbefriedigte Bedarf an vielem, allen voran Mobilität, also Geräte und Apps.

Mitarbeiter nicht heiß auf BYOD

Das Thema Bring Your Own Device (BYOD) wirft darauf ein grelles Schlaglicht. Über Sinn, Notwendigkeit und Hype wird bei diesem Thema viel diskutiert. Das einerseits auch zu recht, denn es stimmt: Die Mitarbeiter reißen sich nicht um BYOD. 71 Prozent sprechen sich eindeutig für eine klare Trennung zwischen beruflichen und privaten Endgeräten und Anwendungen aus.

Mitarbeiter modernisieren auf eigene Kosten

Andererseits erzwingen die IT-Defizite im Unternehmen offenbar einen gewissen BYOD-Grad. 16 Prozent der Mitarbeiter nutzen nach eigenen Angaben eigene Software und Hardware für die Arbeit, 15 Prozent investieren auf eigene Kosten in ihre IT-Arbeitsplatzausstattung.

"Ein nicht unerheblicher Teil der Mitarbeiter verspürt beim Thema Arbeitsplatzausstattung offensichtlich einen solch hohen Leidensdruck, dass jeder sechste auf eigene Kosten in eine Verbesserung investiert", kommentieren die Studienautoren. "Die Nutzung privater Technik und öffentlich zugänglicher IT-Anwendungen zieht wiederum einen weiteren Wildwuchs in der IT nach sich, der zusätzlich für Unzufriedenheit und Ineffizienz sorgt."

Um die damit einhergehenden Risiken zu begrenzen, müssten Alternativen geschaffen sowie die Eigeninitiativen der Mitarbeiter in Strategien und Richtlinien berücksichtigt werden, so PAC und Computacenter. Dabei würden frei zugängliche Anwendungen in IT-Richtlinien oft noch ausgeklammert oder Regeln nicht klar kommuniziert. "So ist der Anteil der Befragten, die keine entsprechenden Richtlinien kennen, mit 29 Prozent überproportional hoch", heißt es weiter in der Studie.

Viel Frust, wenig Motivation -
Veränderte Anforderungen
Gearbeitet wird mittlerweile bekanntlich nicht mehr nur im Büro. Welches Ausmaß dieser Wandel inzwischen angenommen hat, zeigen die Daten in der Grafik. Logische Folge: Die Anforderungen wachsen insbesondere im Bereich der Mobilität.
Frust am Arbeitsplatz
Auch wenn es die IT selbst in der Regel anders wahrnimmt: Zu viele Mitarbeiter empfinden die Ausstattung ihrer Arbeitsplätze als Frustfaktor, nicht aber als Motivationsspritze. Das zeigt eine Studie von PAC und Computacenter, deren zentrale Ergebnisse unsere Bildergalerie zusammenfasst.
Produktivitätskiller E-Mails
De Zeitaufwand für nicht-produktive Tätigkeiten hat laut Studie immens zugenommen. "Zu Lasten von Innovationsfähigkeit und Wohlbefinden der Mitarbeiter", wie die Autoren betonen. Die meiste Zeit frisst das E-Mail-Management auf. Aber auch andere Routinetätigkeiten knabbern am Zeitbudget fürs Kerngeschäft.
Support nicht zeitgemäß
Die Grafik zeigt, dass die Befragten neben der Mobilität auch bei Support und Performance erheblichen Modernisierungsbedarf sehen.
CYOD eine Seltenheit
Über "Choose Your Own Device" (CYOD) wird viel geredet. Die PAC-Studie zeigt aber, dass die Mitarbeiter bei der Geräteauswahl nur begrenzten Einfluss haben.
IT hat die Hosen an
Über IT-Anschaffungen im Büro entscheidet nach wie vor zumeist die IT. Dieser Befund ist eindeutig.
Zensuren für die IT
Die IT im Meinungsspiegel: Auf den ersten Blick könnte man denken, dass doch viele Aussagen im grünen Bereich liegen. Tatsächlich stimmt es aber durchaus bedenklich, wenn zum Beispiel jeder Vierte die IT als Bremse für seinen Job wahrnimmt.

Wo der Schuh insgesamt drückt, wird in der Studie klar herausgearbeitet. So hat der Zeitaufwand für nicht-produktive Tätigkeiten wie Recherche, Informationsaustausch oder Selbstverwaltung deutlich zugenommen. Als größter Produktivitätskiller wird dabei die Bearbeitung von E-Mails empfunden: Zwei Drittel berichten hier von einem zunehmenden Aufwand.

Veraltete Geräte, schlechte Performance

Die befragten Mitarbeiter beklagen alles in allem eine Reihe von Problemen: 65 Prozent berichten von veralteten mobilen Geräten und Betriebssystemen, rund 60 Prozent monieren unzureichende Geräte- und App-Ausstattung, veraltete beziehungsweise schlecht bedienbare Fachanwendungen, eine schlechte lokale Netzwerkperformance sowie eine maue Internetanbindung. 56 Prozent beschweren sich über zu lange Reaktionszeiten des IT-Supports.

"Die aufgelisteten Probleme sind nur ein Auszug einer Vielzahl an Problemen und Reibungsverlusten, über die Mitarbeiter im Rahmen der Studie berichteten", führen die Autoren aus. "Aber schon diese Auswahl verdeutlicht: Die Modernisierung von IT-Arbeitsumgebungen ist nicht mit dem Austausch einzelner Endgeräte oder Anwendungen abgeschlossen, sondern erfordert ganzheitliche Strategien."

Die IT kann Innovationstreiber werden

Die von Computacenter und PAC thematisierten Herausforderungen werden von vielen anderen Experten thematisiert. Kürzlich formulierten etwa Peter Ratzer und Marwin Rieger von Deloitte auf unserer Website eine "Roadmap zum Arbeitsplatz der Zukunft".

"Die Weiterentwicklung von IT-Arbeitsplätzen ist nicht ausschließlich technologiegetrieben, vielmehr spiegelt sie die Veränderung der Arbeits- und Unternehmenskultur wider", so das Autorenduo von Deloitte. Flexible, moderne und innovative IT-Arbeitsplätze seien eine sinnvolle Maßnahme, um Talente anzuziehen und zu binden und die Wahrnehmung der Unternehmens-IT entscheidend zu verbessern. "Die IT kann hierdurch den Anspruch untermauern, Innovationstreiber zu sein", so Ratzer und Rieger.