Zero-Mail-Policy

Atos will E-Mails abschaffen

12.12.2011 von Andrea König
Atos-CEO Breton kündigt öffentlichkeitswirksam an, in den kommenden 18 Monaten E-Mails im Unternehmen abzuschaffen. Die Reaktionen darauf sind unterschiedlich.

Insgesamt 90 Prozent der E-Mails, mit denen man sich im Job Tag für Tag beschäftigt, sind nach Meinung des CEOs beim IT-Dienstleister Atos Zeitverschwendung. Thierry Breton, Atos-CEO und ehemaliger Finanzminister in Frankreich, will nicht länger dabei zusehen, dass seine rund 80.000 Mitarbeiter in 42 Ländern mit dem Schreiben von E-Mails Zeit verschwenden. Sein Plan: Innerhalb von 18 Monaten möchte er den E-Mail-Verkehr innerhalb des Unternehmens abschaffen. Davon berichtete Ende November unter anderem die britische Daily Mail.

Bei Atos sollen die Mitarbeiter sich schon in 18 Monaten keine E-Mails mehr schreiben, sondern per Telefon und Messenger kommunizieren.
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Neu sind Bretons Pläne nicht. Schon im Februar verkündete der CEO, dass er E-Mails abschaffen wolle und stattdessen Kollaborations-Plattformen und Social Communites im Unternehmen etablieren wolle. Damals hatte er sich für dieses Vorhaben noch drei Jahre Zeit gegeben, berichtete unter anderem unsere britische Schwesterpublikation Computerworld UK.

Nun soll die sogenannte "Zero-Mail-Policy" in 18 Monaten etabliert werden. Breton möchte so fördern, dass die Mitarbeiter wieder mehr miteinander sprechen - sowohl am Telefon als auch persönlich und sich über Kollaborations-Plattformen wie einen Messenger austauschen. Laut Daily Mail hält Breton nur 20 von 200 empfangenen E-Mails im Beruf für relevant. "E-Mails sind nicht länger das angemessene Tool am Arbeitsplatz. Wir müssen umdenken", zitiert die Daily Mail Breton. Breton soll besonders kritisiert haben, dass seine Mitarbeiter von wichtigen anderen Arbeitsschritten zu nutzlosen E-Mails springen und so abgelenkt werden.

Die Reaktionen auf Bretons Vorschlag sind geteilt. Dominique Jackson von der Daily Mail begrüßt den Plan des Atos-CEOs. Denn Jackson beobachtet immer wieder, wie E-Mails heute genutzt werden, um sich vor Entscheidungen oder schwierigen Gesprächen zu drücken. Was man gerade nicht bearbeiten oder entscheiden möchte, leitet man weiter. Möchte man einem unangenehmen Gespräch entgehen, formuliert man lieber eine Mail zum Thema. Jackson kann sich nicht vorstellen, wie ein Unternehmen komplett auf E-Mails verzichten kann, doch den Ansatz findet sie gut.

Andere Reaktionen auf Bretons Vorschlag fallen deutlich kritischer aus: Richi Jennings von unserer amerikanischen Schwesterpublikation Computerworld vermutet hinter der Ankündigung der "Zero-Mail-Policy" eine PR-Aktion. Denn der IT-Dienstleister hat sicherlich ein Interesse daran, eigene Lösungen als E-Mail-Alternativen ins Gespräch zu bringen. Doch auch wenn es keine PR wäre, hält er den Plan für eine "dumme Idee". Denn wenn viele unnötige E-Mails verschickt werden, würden in einem neuen Tool dort viele unnötige Nachrichten versendet werden.

Für Jennings wäre das Problem damit nicht gelöst, es würde nur auf ein anderes Tool verlagert. Deshalb sollte man seiner Meinung nach lieber daran arbeiten, E-Mails effektiver zu nutzen, als sie komplett zu verbieten.

Kritik an der Zero-Mail-Policy

Auch Jürgen Vielmeier von Basic Thinking kritisiert in einem Blogeintrag Bretons "Zero-Mail-Policy". Er schreibt von einer Ruhe dank der E-Mail: "Alle akustischen oder optischen Benachrichtigungsfunktionen in Outlook längst abgeschaltet, alle Instant Messenger geschlossen, das Smartphone auf leise gestellt und bei Facebook ausgeloggt, ist die Ruhe mittlerweile himmlisch", so Vielmeier. Er betont die Vorteile von E-Mails: "E-Mail gibt mir die Ruhe, nicht alles sofort entscheiden zu müssen, wie am Telefon oder im Chat, sondern erst einmal eine Weile darüber nachdenken zu können", schreibt Vielmeier.

Wer sich täglich über die zahlreichen E-Mails im Posteingang ärgert, kann selbst aktiv werden, die Flut von Nachrichten zu reduzieren. Wie das geht, zeigt beispielsweise der Produktivitätsblog businesslifehack im Beitrag "Inbox-Chaos! Oder wie du bereits diese Woche deine Flut von Emails bewältigst?!" Zu den Ratschlägen gehört unter anderem, die Benachrichtigung beim Eingang neuer Nachrichten abzuschalten, keine E-Mails in Kopie zu versenden und für ähnliche Anfragen E-Mail-Templates zu nutzen, um die eigene Produktivität weiter zu steigern.

Auch die Analysten von PAC haben auf Bretons "Zero-Mail Policy" reagiert und geben Tipps für einen produktiveren Umgang mit Mails. Sie raten unter anderem, in Meetings klar aufzuteilen, wer welche Aufgaben übernimmt. So verhindert man, dass später per Mail Aufgaben hin- und hergeschoben werden. Das gilt auch über Meetings hinaus: Wer seine Aufgabe genau kennt, stellt weniger Fragen und schreibt so auch weniger E-Mails.