CIO Christian Mezler-Andelberg

"Auf keinen Fall die Nerven verlieren"

11.04.2013 von Karin Quack
Beim Großprojekt ICADM musste Christian Mezler-Andelberg bei Magna Steyr einige Schlaglöcher umfahren. Aber er kam ans Ziel. Und jetzt ist der Weg frei für die "Roadmap Level 3".
Christian Mezler-Andelberg
Foto: Magna Steyr Fahrzeugtechnik

China liegt für die Ingenieure von Magna Steyr quasi um die Ecke: Dank des Projekts "ICADM" können sie mit ihren Kollegen aus Fernost beinahe reibungslos an gemeinsamen Aufgaben arbeiten. Das erfolgreich abgeschlossene Projekt hat dazu beigetragen, den CIO des Automotive-Unternehmens, Christian Mezler-Andelberg, im Wettbewerb "CIO des Jahres 2012" unter die besten fünf IT-Manager in der Kategorie Großunternehmen zu katapultieren. Im Sonderwettbewerb "Global Exchange Award", der internationalen Erfolg gesondert auszeichnet, kam der CIO des österreichischen Unternehmens sogar auf Platz zwei.

Platz 5, „CIO des Jahres 2012, Großunternehmen …
… geht an Christian Mezler-Andelberg, Executive Director Information Management beim Automobilzulieferer Magna Steyr Fahrzeugtechnik aus Österreich.
Herausragend in schneller Gründlichkeit.
Mit deutsch-österreichischem Ingenieurshintergrund gibt Mezler-Andelberg das Tempo für seine asiatischen Kollegen vor.
Magna Steyr Fahrzeugtechnik
Größe: 10.500 Mitarbeiter weltweit<br> Branche: Automobilzulieferbranche<br> Hauptsitz: Graz<br> Produkte und Dienstleistungen: Fahrzeug-Auftragsfertigung (Mercedes-Benz G-Klasse, Peugeot RCZ, MINI Countryman, Mercedes-Benz SLS AMG lackierte Aluminiumkarosserie), Engineering-Dienstleistungen, Tank- und Batterysysteme, Dachsysteme.
Wichtigstes Projekt: ICADM – Globaler Engineering-Daten-Verbund
Ermöglicht allen Mitarbeitern die aktuelle Sicht auf Status, Reife und Struktur eines Fahrzeugprojekts. <br><br> Zeitrahmen: 2010 - 2012<br><br> Projektkosten: Der IT-Anteil schlug mit etwa 200.000 Euro (Graz, Pune, Shanghai) zu Buche.
Mezler-Andelbergs Team
Magna Steyr hat 180 IT-Mitarbeiter, 15 davon haben am eingereichten Projekt mitgearbeitet.
An eine Anekdote während des Projekts erinnert sich der CIO schmunzelnd:
„Stellvertretend für einige Diskussionen war der Ausspruch eines Fachbereichsverantwortlichen, der sagte: ‚Ich bin absolut für Standards - wenn es für mich passt.‘“.
IT-Kennzahlen und -Ausrichtung
IT-Ausrichtung: (siehe Bild)<br> IT-Budget (allg.): 31 Millionen Euro<br> IT-Benutzer: ca. 7000
Lesen, lesen, lesen …
Neben Zeit nehmen für die Familie und dem Sammeln von altem Spielzeug liebt Mezler-Andelberg das Lesen, wenn Zeit dafür bleibt. Vor allem Fachliteratur. Er empfiehlt „Die 7 Wege zur Effektivität“ von Stephen R. Covey. Für ihn das Standardwerk schlechthin zum Thema Weiterentwicklung. Und: „Watch Making“ von George Daniels. „Nachdem ich mein ganzes Berufsleben digital gearbeitet habe, war es für mich nachhaltig faszinierend zu erfahren, wie man Schritt für Schritt so ein mechanisches Wunderwerk herstellt“, sagt er.

Die Krise machte dünnhäutig

Dabei lief bei der Entwicklung des "Globalen Engineering Daten Verbunds", so der Alternativtitel des Vorhabens, zunächst nicht alles ganz nach Plan: Das Projekt wurde mehrmals unterbrochen und angepasst - statt eines Jahres lief es über zwei. Mezler-Andelberg führt die Verzögerung letztlich auf die im Jahr 2010 angespannte Lage in der Automobilwirtschaft zurück: "Nach der Krise waren die Nerven dünn."

Was macht ein guter CIO in solch einer Situation? "Auf keinen Fall die Nerven verlieren", schmunzelt Mezler-Andelberg. "In solchen Projekten kann sich der CIO doch einmal beweisen. Hier gilt es, top down zu motivieren und gleichzeitig zu beruhigen." Das ist ihm offenbar ganz gut gelungen. Denn Mitte 2012 war das System schließlich einsatzbereit.

Hat sich das Projekt ausgezahlt? Ganz sicher, sagt Mezler-Andelberg. Aber diese Frage stelle sich so gar nicht mehr. Denn inzwischen ließen sich die anspruchsvollen Engineering-Projekte der Magna-Steyr-Fahrzeugtechnik "nativ" kaum noch bewältigen: "Es gab nur ein Projekt, das wir seither ohne das System durchgeführt haben. Und dabei fielen unter anderem höhere Kosten und viel Nacharbeit an."

Doch das ist beinahe schon Geschichte. Derzeit ist Mezler-Andelberg mit einem viel umfassenderen Vorhaben beschäftigt. Unter dem Titel "Roadmap Level 3" plant der 45-Jährige, die IT der zum Automobilzulieferer Magna International gehörenden Gruppe völlig neu auszurichten.

Ein breit angelegtes Sparprogramm war der Auslöser. Aber nicht nur aus diesem Grund gehört zur neuen Strategie die Konzentration auf das Wesentliche: "Für Commodities versuchen wir, übergreifende Lösungen zu finden, entweder mit unserem internen IT-Dienstleister Magna IT oder mit anderen Partnern", konkretisiert der CIO seine Vorgehensweise.

Wo ist die IT Wettbewerbsvorteil?

Die 180 ihm unterstellten Mitarbeiter will Metzler-Andelberg künftig vor allem dort einsetzen, wo die IT tatsächlich Mehrwert für das Unternehmen schaffen kann. Aber wo genau liegen nun die Bereiche, "die dem Unternehmen Wettbewerbsvorteile bringen", wie der IT-Verantwortliche es formuliert? Um das herauszufinden, führte er - unterstützt durch einen externen Partner - lange Gespräche mit den Direktoren und Geschäftsführern aller Firmenbereiche.

Die Fragen, die Mezler-Andelberg dabei stellte, hießen sinngemäß:

Die Bestandsaufnahme offenbarte durchaus eine gewisse "Divergenz in der Wahrnehmung", räumt Mezler-Andelberg ein: "Und genau das hilft uns, unser Augenmerk zu verlagern."

Orientiert an Geschäftsbereichen

Die Befragungen sind seit Mitte Februar abgeschlossen. Jetzt gilt es, die wichtigen Themen herauszuarbeiten, zu priorisieren und die Umsetzung zu planen. Eine Folge der strategischen Neuausrichtung ist bereits evident: Die gesamte IT-Organisation orientiert sich jetzt an den Geschäftsbereichen. "Früher hatte ich 80 Prozent meiner Mitarbeiter in Querfunktionen, heute befasst sich nur noch ein Fünftel mit Governance, Security etc.", erläutert Mezler-Andelberg, "die anderen verteilen sich auf die vier Säulen des Business: Contract Manufacturing, Engineering, Dachsysteme und Energiespeichersysteme."

Neben dieser organisatorischen Änderung - und teilweise wohl auch durch sie bedingt - hat Mezler-Andelberg seinem Team auch eine neue Sicht auf die internen Kunden der IT vermittelt. Der IT-Verantwortliche redet inzwischen nicht mehr von "Anwendern", sondern von "Kollegen". Manche werden vielleicht einwenden, das sei nur ein Wort. Aber am Anfang des Denkens steht das Wort. Und das lässt sich relativ einfach ändern. (Computerwoche)