IT-Manager wetten

Aufs Rechenzentrum gehört Photovoltaik

26.11.2013 von Gerald Höhne
Gerald Höhne, Vice President Corporate IT, SMA AG wettet, dass "in zehn Jahren die Mehrzahl der Rechenzentren mit Strom betrieben wird, der überwiegend aus Solarenergie gewonnen wird."
Gerald Höhne ist Vice President Corporate IT der SMA AG.
Foto: SMA AG

Bereits heute kann an guten Tagen zur Mittagszeit mehr als die Hälfte des gesamten deutschen Stromverbrauchs durch Solarstrom gedeckt werden. Durch die steigenden Strompreise ist eine Eigennutzung des selbst produzierten Solarstroms schon heute für viele Solaranlagenbetreiber wirtschaftlich sinnvoll. Darüber hinaus ist Solarstrom eine umweltfreundliche und ökologisch sinnvolle, weil erneuerbare, Energiequelle mit breiter Akzeptanz.

Rechenzentrumsbetreiber hingegen stehen vor der Herausforderung, ein hohes Maß an Energieeffizienz zu erreichen, um einerseits eine Kostendegression zu erzielen und andererseits einen Beitrag zum positiven verantwortungsvollen Image ihres Unternehmens zu leisten.

Es stellt sich daher die Frage, inwieweit es aus Sicht eines Rechenzentrumsbetreibers sinnvoll ist, erneuerbare Energien, und insbesondere Photovoltaik, als Energiequellen in Betracht zu ziehen. Nach meiner Überzeugung ist dies schon heute oftmals sinnhaft und wird künftig immer sinnvoller werden.

Meine Wette ist daher, dass in zehn Jahren die Mehrzahl der Rechenzentren in Deutschland mit Strom betrieben wird, der überwiegend mittels Photovoltaik aus Solarenergie gewonnen wurde.

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Die Technologie steht bereit

Ein Rechenzentrum mit ökologisch erzeugtem Strom zu betreiben ist kein Problem. Dies kann natürlich einfach dadurch erfolgen, indem man Stromlieferverträge mit Energieversorgungsunternehmen abschließt, die ökologisch erzeugten Strom aus erneuerbaren Energien anbieten. Es gibt schließlich keinen Unterschied hinsichtlich der Qualität des gelieferten Stroms, der ja aus der gleichen "Steckdose" kommt.

Was aber ist mit selbst erzeugtem Strom aus Photovoltaik, vulgo Solarstrom? Zunächst einmal scheint das nicht zusammenzupassen. Die bekannten Einschränkungen der Photovoltaik lassen auf den ersten Blick vermuten, dass dies eine ungeeignete Energiequelle für Rechenzentren ist. Wetterabhängige Energieerzeugung und geringe Wirkungsgrade sind nicht die Attribute, die man als Rechenzentrumsbetreiber gerne mit seiner Stromversorgung in Verbindung bringt. Man ist ja schließlich per definitionem risikoscheu. Und wie soll überschüssiger Solarstrom gut integrierbar gespeichert werden?

Jedoch ist jedem Rechenzentrumsbetreiber klar, dass ein Großteil des Stromverbrauchs gar nicht für die Versorgung der EDV-Systeme benötigt wird, sondern für deren Kühlung. Auch die Stromversorgung der Liegenschaften und Büros hat ihren Anteil am Gesamtstromverbrauch. Insofern könnte doch eine punktuellere Nutzung von Solarenergie sinnvoll sein? Und wie sieht es mit dem Abfedern von Lastspitzen aus. Und weiter: Die Batterien der unterbrechungsfreien Stromversorgung werden mit Gleichstrom geladen, der per Gleichrichter aus dem teuren Netzstrom erzeugt wird. Solarzellen hingegen erzeugen direkt Gleichstrom, mit dem Batteriesysteme ohne verlustbehaftete Wandlung geladen werden können.

Überschüssige Energie aus Solarstrom kann heute mittels Gasverflüssigung in Form von synthetisiertem Methan dauerhaft gespeichert werden. Der Wirkungsgrad liegt heute bei 60 Prozent. Eine Eigennutzung erfolgt hierbei über Brennstoffzellen. Bei den teils negativen Strompreisen an der Strombörse ist auch das ein gangbarer Weg.

Insgesamt gibt es bei näherer Betrachtung bereits heute gute Möglichkeiten der Solarstromerzeugung und -speicherung, die auch im Betrieb eines Rechenzentrums genutzt werden können.

Besser noch, diese Technologien sind bereits erprobt und werden genutzt. So betreibt das Unternehmen Apple in seinem größten und neuesten Rechenzentrum in Maiden, North Carolina, eine Solaranlage mit 20 Megawatt Leistung. Die Anlage liefert pro Jahr 42 Millionen Kilowattstunden solaren Strom. Die zusätzlich installierte Biogas-Brennstoffzelle leistet zehn Megawatt.

Autarkes RZ in Kalifornien

Der Web-Hoster AISO.net betreibt sogar sein Rechenzentrum komplett autark mit Solarstrom. Der Bau des Rechenzentrums war zwar um rund 25 Prozent teurer als vergleichbare Rechenzentren mit herkömmlicher Stromversorgung, spart dafür aber auch 4000 US-Dollar Stromkosten pro Monat. Der Wert für die Power Usage Effectiveness des AISO.net-Rechenzentrums liegt bei sehr guten 1,14.

Das Interessante am Rechenzentrum von AISO.net ist darüber hinaus die Standortwahl. Durch umwelt- und energiefreundliche RZ-Kühlung mittels vielstufiger Verdunstungstechnologie war es möglich, das Rechenzentrum im sonnenreichen Kalifornien so zu platzieren, dass die Solarstromausbeute optimiert wird.

Technisch gibt es also bereits heute Möglichkeiten. Ein vollständig autarker Betrieb eines Rechenzentrums mit Solarstrom ist natürlich ein extremes Beispiel, das aufgrund der klimatischen Bedingungen in Deutschland hierzulande so nicht realisiert werden wird. Nichtsdestoweniger können zusätzlich zum zugekauften Strom große Teile des Strombedarfs eines Rechenzentrums auf deutschen Boden über Photovoltaik abgedeckt werden.

Wirkungsgrad steigt auf 40 Prozent

Es ist klar, dass durch inkrementelle Technologie-Entwicklungen in der Photovoltaik Solarstrom immer günstiger produziert werden kann. In sonnenreichen Erdteilen wie Südeuropa, Afrika und Arabien sind die Erträge so hoch, dass zum Beispiel Saudi-Arabien große Investitionen in die Photovoltaik vornimmt, um das gesparte Öl anderweitig zu verkaufen.

Die Wirkungsgrade der Solarzellen von heute um die 20 Prozent werden sich verdoppeln. Im Labor sind bereits Solarzellen mit einem Wirkungsgrad von über 40 Prozent machbar.

Die in den vergangenen Jahren dramatisch gesunkenen Systemkosten werden sich weiter verringern, wodurch die Stromgestehungskosten für selbst produzierten Solarstrom sinken. Der Strompreis hingegen wird weiter steigen und damit auch die Strombezugskosten für ein herkömmlich gespeistes Rechenzentrum. In Deutschland liegen die Strombezugskosten für Gewerbekunden im Schnitt bei circa 12,5 Eurocent/Kilowattstunde, mit Solartechnik werden diese Kosten künftig unterboten.

Die Solarstromgestehungskosten werden sich der Zehn-Cent-Marke nähern, hat das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme berechnet. Durch die vermiedenen Strombezugskosten wird es für Rechenzentren daher immer interessanter werden, größere Anteile ihres Strombedarfs selber zu produzieren.

Fazit

Die genannten Punkte zusammengenommen komme ich zu dem Schluss, dass sich der Betrieb von Rechenzentren mittels Solarenergie bereits heute vielfach rentiert und sich in Zukunft immer stärker rechnen wird. Darüber hinaus wird der Druck zunehmen, sich als Unternehmen "grüner" aufzustellen. Ich prognostiziere daher, dass in den nächsten Jahren Data-Center-Transformationen immer stärker auch die Nutzung lokal erzeugter Solarenergie berücksichtigen, sodass in zehn Jahren die Mehrzahl der Rechenzentren in Deutschland mit Strom betrieben wird, der zum überwiegenden Teil aus Solarenergie gewonnen wird.

Ich freue mich auf Ihre Gegenwette!

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