Firmen müssen Planung besser strukturieren

Bei Outsourcing-Projekten den Überblick behalten

21.09.2004 von Michael Kallus
Kosten sparen, ist der wichtigste Grund für Outsourcing. Doch diese Argumentation sei deutlich zu kurz gegriffen, sagen die Analysten der Marktforschungsfirma Ovum. Es gibt wichtigere Faktoren, um den Outsourcing-Standort klug zu wählen.

Die Versuchung sei groß, möglichst viel sparen zu wollen. Besonders, wenn viele Orte mit attraktiven Konditionen konkurrieren, so Ovum. In Vietnam und den Philippinen würden die Arbeitskosten beispielsweise nur ein Zehntel von denen in Westeuropa betragen. Allerdings gebe es dabei auch deutliche Unterschiede. So schwanken die Kosten in Osteuropa stark. Löhne und Mieten in Budapest und Warschau könnten doppelt so hoch liegen wie in weniger begehrten Regionen in Ungarn und Polen.

Doch wer sich allein von Einsparungen leiten lässt, so Ovum, erhält keinen Überblick. Ist die Entscheidung für Outsourcing gefallen, gilt es, das Projekt zu strukturieren und auf das Preis-Leistungs-Verhältnis zu achten.

Stehen auf Dauer genug Fachkräfte bereit?

Einige Länder haben Bereiche entwickelt, in denen sie laut Ovum besonders glänzen. Russland empfiehlt sich für Anwendungsentwicklung, Rumänien für den Bereich künstliche Intelligenz.

Natürlich ist für gesuchte Fachkräfte immer ein gewisser Preis zu zahlen, so die Marktforscher. Aber noch schwieriger sei es, sie zu halten. Wenn also ein Ort genügend Facharbeiter bietet, ist es wichtig zu fragen, ob sie für das Projekt zur Verfügung stehen und wie sie in einem umkämpften Arbeitsmarkt auf Dauer zu halten sind.

Die indischen Metropolen Bangalore und Mumbai zum Beispiel würden sich so rasch entwickeln, dass es schwierig sei, gute Fachkräfte zu bekommen und zu halten, sagt Ovum. In den Call-Center dieser Regionen kündigt im Schnitt jeder zweite Mitarbeiter.

Ähnliches gelte in kleinen Ländern, etwa im Baltikum. Hier sei es sinnvoll im Auge zu behalten, ob sich nicht der relativ kleine Arbeitsmarkt aufbraucht, wenn sich weitere Firmen niederlassen.

Kommunikation zwischen Kontinenten

Auf die Sprache sollten Unternehmen nicht nur im Call-Center achten. Sie spielt Ovum zufolge auch bei Projekten eine Rolle, die vom Austausch zwischen verteilten Teams leben. In Indien dominiert Englisch. Das hat einige Länder angespornt, sich als Nische für anderssprachige Offshore-Projekte zu positionieren.

Unternehmen, die französischsprachige Mitarbeiter suchen würden, empfiehlt Ovum einen Blick auf Mauritius oder die Region Maghreb in Nordafrika. Lateinamerika bietet Möglichkeiten für spanische und portugiesische Aufträge, Argentinien und Uruguay stehen hier im Vordergrund. Sogar holländische Kenntnisse ließen sich rasch in Südafrika finden.

In Kommunikation und Zusammenarbeit schwingt auch die Geschichte zwischen Ländern mit, so Ovum. Viele Unternehmen aus Großbritannien hätten beispielsweise nur geringe Hemmungen, Geschäfte in Indien zu machen. Deutsche Unternehmen kennen das Land dagegen kaum, was sie eher von Investitionen abschreckt. Tschechien und Polen würden hier nicht nur geografisch näher liegen.

Wie kommt die Entscheidung bei den Kunden an?

Es ist nicht leicht vorherzusagen, wie Kunden auf Outsourcing reagieren, sagt Ovum. Wenn potenzielle Kunden das Land als riskant einstufen, könnten sie dem Outsourcer gegenüber zurückhaltender agieren. Je weniger sie von dem Ort wissen, desto eher werden sie glauben, dass die Infrastruktur unzuverlässig sei, man den Mitarbeitern nicht trauen könne, dass das Land politisch und wirtschaftlich instabil sei. Im Hinblick auf die eher risikoscheue Management-Kultur in Europa müssen Unternehmen solche Reaktionen in ihre Planung einbeziehen, so die Marktforscher.

Outsourcing auf mehrere Länder verteilen

Immer mehr Länder bieten sich für Outsourcing an. Ovum empfiehlt Unternehmen, ihre Strategie auszuweiten und in mehrere Länder auszulagern. Die Firmen könnten so von den Fähigkeiten vor Ort profitieren und das Risiko minimieren, alles auf einen Ort zu setzen.

Ovum rechnet damit, dass Indien weiter eine Schlüsselrolle einnimmt, besonders für Unternehmen, die in Großbritannien, Holland und den nordischen Ländern tätig sein wollen. Die anderen europäischen Länder werden in den kommenden fünf Jahren auf Osteuropa setzen. Ungarn, Polen, Tschechien, die baltischen EU-Mitglieder und Rumänien werden konkurrenzfähig bei den Kosten bleiben, erwarten die Marktforscher, und – wichtiger noch, näher liegen.

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