Cloud mit Self-Service-Portal

Berlin baut Testwolke mit HP

17.03.2011 von Johannes Klostermeier
Berlin betreibt eine Cloud-Lösung im öffentlichen Sektor auf Basis einer HP Matrix-Plattform (Server). Sie zeichnet sich durch einfachen Einsatz und Handhabung aus und soll wegweisenden Charakter für den Cloud-Einsatz im Öffentlichen Sektor haben.
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Cloud Computing ist jetzt bei den Behörden der Öffentlichen Verwaltung angekommen: Das IT-Dienstleistungszentrum Berlin (ITDZ Berlin) bietet als nach eigenen Angaben erster kommunaler IT-Dienstleister allen an das Berliner Landesnetz angeschlossenen Dienststellen testweise den automatisierten Bezug standardisierter IT-Services aus seiner privaten Wolke (Government-Cloud) an.

Das teilten ITDZ und HP in einer Hintergrundinformation mit. Auf der Cebit in Hannover sprachen vorletzte Woche im Public Sector Parc der Vorstand des IT-Dienstleistungszentrums Berlin, Konrad Kandziora und Volker Smid, Vorsitzender der Geschäftsleitung von HP Deutschland, über „Motive, Umsetzung und erste Erfahrungen" von Cloud Computing in der Berliner Verwaltung.

Seit Dezember 2010 bietet das IT-Dienstleistungszentrum Berlin den öffentlichen Institutionen des Landes eine Cloud-Computing-Lösung an.

Die ITDZ-Idee: Mit Hilfe einer flexibel skalierbaren Plattform sowie einem anwenderfreundlichen Bestellportal des IT-Dienstleisters HP sollen die Kunden des ITDZ Berlin in Zukunft „schnell, sicher und ohne großen Aufwand" Server und Storage per Mausklick bestellen, ändern und wieder abbestellen können.

Mietpostfächer als IT-Service

Das ITDZ Berlin bietet seinen Kunden schon seit einigen Jahren flexible IT-Services wie etwa Mietpostfächer an. Diese richtet der Provider je nach Bedarf ein und rechnet diese dann nach Nutzerzahl und Speichermenge ab. Die Bereitstellung und Rechnungslegung ist derzeit jedoch immer noch mit manuellem Aufwand verbunden. Nun erweitert das ITDZ Berlin sein Produktportfolio durch eine Private-Cloud Lösung mit einer weitgehenden Automatisierung bei der Servicebereitstellung sowie durch ein anwenderfreundliches Benutzerportal.

"Für den Aufbau einer Cloud-Computing-Lösung hat sich das ITDZ Berlin wegen des Potenzials zur Optimierung der eigenen Prozesse und damit Reduzierung des Aufwandes und der Kosten in der Berliner Verwaltung entschieden" sagt Kandziora vom ITDZ Berlin. "Unser Ziel ist eine größere Flexibilität und schnellere Realisierbarkeit bei der Bereitstellung von IT-Dienstleistungen für die Behörden der Hauptstadt. Über unsere Government Cloud möchten wir bestehenden und neuen Kunden IT-Services kostengünstig, prozessstabil und innerhalb sehr kurzer Zeit, quasi aus der Steckdose, zur Verfügung zu stellen – und das über gesicherte Kommunikationsverbindungen."

Konrad Kandziora, Vorstand des ITDZ Berlin: Die Beschaffungs- und Bereitstellungsvorgänge verkürzen sich.
Foto: ITDZ Berlin

Die damit verbunden Vorteile laut Kandziora: Die IT-Beschaffungs- und Bereitstellungsvorgänge sollen sich für die Kunden des ITDZ deutlich verkürzen, das interne Personal soll durch die automatisierten Mechanismen entlastet werden.

Cloud-Services für alle Berliner Dienststellen

Das ITDZ Berlin stellt somit als nach eigenen Angaben als erster öffentlicher IT-Dienstleister seine Leistungen als Self-Service innerhalb der Privat-Cloud für das Land Berlin zur Verfügung. Alle Dienststellen des Landes Berlin, also Senatsverwaltungen, Bezirksämter und weitere öffentlichen Einrichtungen der Hauptstadt, können dabei auf die Cloud-Services über das Berliner Landesnetz zugreifen.

Die aktuellen Sicherheitsstandards und Technologien werden stets den neuen Gegebenheiten angepasst, die Technik zur Absicherung werden entsprechend auf- und ausgebaut, versicherten die Projektpartner. Damit soll ein angemessenes Sicherheitsniveau erreicht werden. Durch die interne Berliner Lösung könnten die Kunden dabei gleichzeitig sicher sein, dass ihre Daten nicht auf internationalen Serverfarmen liegen. Denn es handelt sich ja um eine eigene Government-Cloud der Berliner Verwaltung, bei der aktualisierte Sicherheitsmechanismen die Vertraulichkeit und Integrität der Daten und Informationen schützen.

"Öffentliche Institutionen interessieren sich zunehmend für Cloud-Lösungen. Sie machen hochgradig flexibel, ermöglichen neue Geschäftsprozesse und steigern die Effizienz", lobt Smid von HP. Die Cloud-Computing-Plattform des ITDZ Berlin sei hier "wegweisend". Er freue sich, "dass wir mit unserem Portfolio hierzu einen Beitrag leisten können."

Für den Aufbau seines Cloud-Computing-Angebots suchte das ITDZ Berlin nach einer Komplettlösung, bestehend aus einer skalierbaren Technologieplattform sowie einem anwenderfreundlichen Benutzerportal. Nach einem mehrstufigen Auswahlprozess fiel die Wahl auf das "Cloud Start-Paket" von HP.

Dieses umfasst Beratungs- und Implementierungs-Dienstleistungen, das HP BladeSystem Matrix und ein Self-Service-Portal, das das Unternehmen auch für sein eigenes Angebot an Cloud-ähnlichen Utility Services nutzt. "Diese Kombination konnten uns nicht viele Hersteller anbieten. Auch wurden uns einige Plattformen ausschließlich über eine Internet-Schnittstelle angeboten. Dies hätte nicht unseren Sicherheitsanforderungen entsprochen", sagte Thomas Feike, Senior Produktmanager im ITDZ Berlin.

Self-Service-Portal mit schnellem Zugriff

Die Kunden des ITDZ Berlin können dabei "innerhalb von 20 bis 30 Minuten" auf die über das Self-Service-Portal bestellten Infrastruktur-Komponenten zugreifen. Die herkömmliche aufwändigere eigene Bereitstellung (Ausschreibung oder direkte Beschaffung) bis zur Herstellung der Betriebsbereitschaft (Einbau, Verkabelung etwa) entfällt. Zum Service dazu gehören auch die Erstellung und Pflege zentraler bereits gültiger und bestätigter Infrastruktur- und Sicherheitskonzepte.

Im Geschäftsportal des ITDZ Berlin ist das Cloud-Leistungsangebot für die Zeit des Tests auf vier standardisierte virtuelle Servertypen, einschließlich Storage- und Netzwerkkomponenten, ausgerichtet und modular abrufbar. Bei den Speichermedien können die Kunden zwischen einfachen und preiswerten Lösungen für Archivdaten oder aufwändigen Speichersystemen für den Betrieb einer Datenbank wählen. Als Speicherkapazitäten stehen wenige Giga- bis zu mehreren Terabyte zur Verfügung, bei den Betriebssystemen Windows oder Linux.

Hoher Automatisierungsgrad

Dabei können für den Besteller flexible Regeln hinterlegt werden, die nur die Bestellung von Services zulassen, die seine Dienststelle genehmigt hat und für die er persönlich autorisiert ist. Die Anwender erhalten im Portal einen vollständigen Überblick über die aktuell genutzten Services. Änderungen der Kapazitäten oder der Service-Levels nehmen sie selbst in diesem Web-Portal vor.

Eine schnelle Bereitstellung und Anpassung der Services werde durch den hohen Automatisierungsgrad der Matrix-Umgebung gegeben. Dabei handelt es sich um eine konvergente Infrastrukturlösung, bei der HP Software-, Server-, Storage- und Netzwerklösungen für die automatisierte Bereitstellung von Rechenzentrumsservices zusammen führt.

Mit Drag-and-Drop Services zusammenstellen

Die Kapazitäten aus der Plattform werden den Anforderungen nach Bedarf zugeteilt. Sobald sie nicht mehr benötigt werden sie wieder in den Pool zurückgegeben. Die Infrastrukturkomponenten werden so besser ausgelastet. Zudem werde dadurch auch die Bereitstellung neuer Services erleichtert. So können die IT-Experten des ITDZ Berlin zum Beispiel später auch über eine zentrale Managementkonsole verschiedene Teildienste nach Drag-and-Drop-Manier zu einem gewünschten Service zusammenstellen.

Im ersten Schritt hat das ITDZ Berlin ein HP Blade System Matrix Starter Kit in Betrieb genommen. Es wurde nach den Anforderungen des ITDZ Berlin von HP vorkonfiguriert und vor Ort installiert. Für die Inbetriebnahme des Systems im Data-Center benötigte HP einen Tag. „Das eröffnet uns für den geplanten Ausbau der Cloud-Computing-Plattform die Möglichkeit, bei Bedarf Systemerweiterungen in kürzester Zeit hinzuzufügen", sagte Feike.

Zunächst kostenlos, später verbrauchsabhängig

In der Testphase sind die angebotenen Services für den Kunden kostenlos. Das ITDZ Berlin analysiert aber, wie sie eine verbrauchsabhängige Abrechnung der IT-Ressourcen umsetzen kann. Dabei sollen die bestehenden Abrechnungs- und Controlling-Instrumente wie SAP mit der dynamischen Infrastruktur verzahnt werden. Auch die Rechnungen sollen künftig automatisiert über das hinter dem Self-Service-Portal liegende System erstellt und an die Kunden versandt werden.

Auch andere Prozesse sollen während der Testphase Schritt für Schritt weiter ausgebaut und validiert werden, etwa die Erweiterung des Service-Katalogs, das Störungsmanagement oder der Support. Dabei gelte die Prämisse: standardisiert, automatisiert und orientiert am individuellen Bedarf.

Die Kunden des ITDZ Berlin sollen das Cloud-Computing-Angebot für unterschiedliche Anforderungen nutzen können: die zeitlich befristete Server-Bestellung für das Testen eines neuen Software-Releases, die langfristige Speicherplatzerweiterung für die Langzeitdatenspeicherung oder das Nutzen von Cloud-Ressourcen als Notfall- und Backup-Rechenzentrum. Auch physische Server lassen sich über eine Plattform automatisiert bereitstellen.

Die Cloud-Anwendungsszenarien

„Die vielfältigen Möglichkeiten der bestehenden und neuen Technik für die IT-Industrialisierungen zur Verwendung in einer Cloud eröffnen uns die Chance, mit unserer Government Cloud neue Kunden durch attraktive Angebote zu gewinnen und damit unsere Position als der zentrale IT-Dienstleister für Senatsverwaltungen, Bezirksämter und öffentliche Einrichtungen der Hauptstadt auszubauen", sagte ITDZ-Vorstand Kandziora.

Quelle: CIO.de