Hauptstadt fehlt Überblick über ihre Software-Lizenzen

Berliner Politiker streiten über IT-Plan

29.06.2007 von Werner Kurzlechner
Seit Jahren werkelt Berlin an allen möglichen Baustellen, um trotz klammer Kasse als würdige Hauptstadt zu erscheinen. Oft ist die Metropole an der Spree Vorreiter, bei der IT nicht: Während München vergleichsweise reibungslos auf Open Source migrierte, knatscht es in Berlin zwischen rot-roter Regierung und Opposition. Auf Anfrage der Grünen gab Innensenator Ehrhart Körting (SPD) zu, dass bei den Lizenzen der Überblick fehlt.
Berliner Rathaus: Die Grünen kritisieren die IT-Strategie des Senats.

Im Frühjahr fochten Körting und der Grünen-Abgeordnete Thomas Birk ihr letztes Scharmützel aus – in Form eines parlamentarischen Frage-und-Antwort-Spiels. Birk hatte unter anderem um eine tabellarische Liste mit den Laufzeiten der existierenden Software-Lizenzen gebeten, mit denen die Hauptverwaltung arbeitet.

Die gibt es laut Körting allerdings nicht. Die Antwort des Juristen: „Eine Übersicht über die Laufzeiten der existierenden Lizenzen in der Hauptverwaltung exisitiert nicht und wäre nur mit einem unvertretbaren Aufwand zu realisieren.“

Es fehlen in der Senatsverwaltung offenkundig Kenntnisse, die für ein absolutes Umsatteln auf quelloffene Anwendungen unabdingbar sein dürften. Immerhin gibt es laut Körting eine zentrale Aufstellung sowohl der eingesetzten als auch der benötigten Software, die derzeit aktualisiert werde.

Hintergrund des jüngsten Vorgangs sind grundlegende Differenzen in der IT-Strategie. Die Grünen werfen den IT-Verantwortlichen des Landes Berlin Ineffizienz vor, die Millionen verschlinge. Sie befürworten eine „zielführende“ Migration zu Open Source.

Der Senat hingegen hat sich bislang auf eine solche Strategie nicht festlegen lassen. Einen dereinst vom Abgeordnetenhaus geforderten Fahrplan zur Umrüstung legte die vom Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) geführte Landesregierung nicht vor. Stattdessen verkündete der Senat vergangenes Jahr seinen eigenen Ansatz: Open-Source-Software (OSS) dann verpflichtend zu machen, wenn es wirtschaftlich machbar und sinnvoll erscheine.

Test in einem Bezirksamt

Auch über die Aktivitäten seither klärte Körting den Abgeordneten Birk auf: Im Projekt Open4Future sei die Lauffähigkeit vorhandener Lizenz-Produkte auf OSS-Betriebs-Systemen geprüft worden. Auf dieser Grundlage soll zunächst ein Bezirksamt einen konkreten Umsetzungsplan entwickeln und realisieren.

Nach dem Geschmack der Grünen bleibt die IT-Landschaft der Hauptstadt mit ihren rund 58.000 Rechnern zu unübersichtlich. Die Verwaltung habe „noch nicht einmal die Voraussetzung geschaffen, aktuelle Daten für irgendeine IT-Strategie zu erheben“, so die Opposition.