Wo ist der Bohrer?

Bosch setzt auf vernetztes Elektrowerkzeug

18.03.2015
Die Elektrowerkzeugsparte von Bosch hat harte Konkurrenz und muss Kunden mit Innovationen locken. Künftig sollen viele Produkte internetfähig sein.

Vergessliche Handwerker als Geschäftsmodell: Die Elektrowerkzeugsparte von Bosch setzt stärker auf internetfähige Produkte - und vernetzt dazu unter anderem Werkzeugkästen mit dem Handy. In diesem Herbst soll demnach eine Technik auf den Markt kommen (PDF-Link), mit der Profis ihr Equipment digital auf Vollständigkeit prüfen oder verlorene Geräte finden können.

"Konnektivität heißt das Zauberwort", sagte Henning von Boxberg, Vorsitzender des Bereichsvorstandes Bosch Power Tools, am Mittwoch in Leinfelden bei Stuttgart. Die Vernetzung von Produkten mit dem Internet ist für die Sparte, die neben Elektrowerkzeug auch Zubehör, Gartengeräte und Messtechnik verkauft, demnach ein wichtiger Wachstumstreiber.

Weitere Beispiele für internetfähige Produkte sind Messgeräte, die sich mit dem Smartphone verbinden können oder ein Roboter-Rasenmäher, der sich per Handy steuern lässt.

2014 war die Sparte um 5 Prozent auf 4,2 Milliarden Euro gewachsen. Den Angaben zufolge legte sie dabei in allen wichtigen Märkten zu. Zur Einordnung: Bosch als Gesamtkonzern machte 2014 nach vorläufigen Zahlen rund 49 Milliarden Euro Umsatz.

Ein großer Konkurrent hierzulande ist laut Bosch die Marke Black & Decker. International sind es auch das japanische Unternehmen Makita oder TTI Techtronic Industries (China).

Die Geschichte von Bosch - Von der Zündkerze ins Internet der Dinge
Der Gründer
Die Anfänge von Bosch sind stark vom Firmengründer Robert Bosch geprägt: "Immer habe ich nach dem Grundsatz gehandelt: Lieber Geld verlieren als Vertrauen. Die Unantastbarkeit meiner Versprechungen, der Glaube an den Wert meiner Ware und an mein Wort standen mir stets höher als ein vorübergehender Gewinn." Er führt die 8-Stunden-Woche ein, ist aber auch für Sparsamkeit berüchtigt: "Der Vadder kommt, löschet die onötige Lichter aus!" warnen sich die Mitarbeiter, wenn der Firmengründer einen Kontrollgang macht.
Mit einem Magnetzünder fängt alles an
Der erste Niederspannung-Magnetzünder wird von Bosch 1887 für einen stationären Benzinmotor gebaut. Für ein Kraftfahrzeug sind diese Zünder noch viel zu groß.
Die Diversifikation beginnt
Die Weltwirtschaftskrise ist ein Anlass für die Diversifikation: 1926 kommen auch Scheinwerfer zum Produktportfolio, ein Jahr später Diesel-Einspritzpumpen, Gasgeräte von Junkers und die erste Bohrmaschine.
Der Durchbruch in den 30ern: Zündkerze...
Die Zündkerze - hier ein berühmtes Werbeplakat von 1930 - bringt Bosch den Durchbruch und macht das Unternehmen zum international agierenden Großkonzern. Bis zum ersten Weltkrieg hat Bosch kaum Konkurrenten.
... und Kühlschrank
Der erste Bosch-Kühlschrank ist kreisrund: Die Trommelform hat im Erscheinungsjahr 1933 Kostengründe, setzt sich aber nicht durch.
Die Waschmaschine
Ab 1958 hat Bosch seine erste Waschmaschine im Programm, die das Unternehmen bald zum ersten Waschvollautomaten weiter entwickelt.
ABS
Ein Patent auf ein Antiblockiersystem hatte Bosch schon 1936 eingereicht, erst 1978 ist es aber marktreif und wird in die ersten Autos eingebaut. 1995 kommt ESP auf den Markt, das nicht zuletzt dank dem berühmten "Elchtest" erfolgreich ist.
#Fail
Nobody is perfect: Eine der größten Rückrufaktionen betrifft die Hausgeräte von Bosch: Wegen Brandgefahr muss das Unternehmen 5 Millionen Geschirrspülmaschinen zurückrufen, die zwischen 1999 und 2005 hergestellt wurden.
Das vernetzte Heim
Auch bei seinen Haushaltsgeräten setzt Bosch stark auf Vernetzung und Sensortechnik: Die Backöfen und Geschirrspüler der neuen Serie 8 sind per WLAN verbunden und per iOS-App steuerbar. Per App kann man einen Backvorgang starten oder erhält per Push-Nachricht Infos über den Füllstand des Geschirrspülers. Ein Kühlschrank mit integrierter Kamera soll bald erscheinen.
Ab ins Auto
Von Bosch stammt auch das neue Kombiinstrument des neuen Hybridsportwagens i8 von BMW. Verschiedene Modi stehen zur Wahl, der Modus "Eco Pro" zeigt Übergänge zwischen E- und Benzin-Betrieb besonders detailliert an. Der Raum zwischen den Hauptinstrumenten wird flexibel für Navigations-, Radio- und Telefoninformationen genutzt.
Parklückenvermessung
Zu den vielen Fahrassistenzsystemen von Bosch gehört unter anderem die Parklückenvermessung. Ein Sensorsystem im Citroen C4 Picasso teilt dem Fahrer mit, ob eine Parklücke groß genug für sein Auto ist.
Es geht ins IoT
Bei dem IoT-Projekt "Track and Trace", auch "Vernetzte Werkzeuge in der Fertigung" genannt, testet Bosch vernetzte Industriewerkzeuge. Dank Ortung ist dann beispielsweise der Standort eines Werkzeuges immer bekannt.
Neue Kooperationen
Bosch SI arbeitet unter anderem mit MongoDB eng zusammen. Zu den Kooperationspartnern gehören Tech Mahindra und Cisco.
Übernahme von Prosyst
Die deutsche Bosch hat nie vor Firmenübernahmen zurückgescheut, Mitte Februar 2015 übernimmt Bosch die IoT-Softwarefirma ProSyst. Das auf Gateway-Software und Middleware spezialisierte Unternehmen setzt auf die OSGi-Technologie und beschäftigt rund hundert Mitarbeiter in Deutschland, Sofia und Bulgarien. Kunden sind unter andere BMW, Schneider, EnBW und viele mehr. Ergänzen soll die Software von Pro-syst die so genannte "Bosch IoT Suite", eine Eigenentwicklung der Bosch-Tochter Software Innovations.
Bosch Rexroth
Open Core Engineering von Bosch Rexroth soll eine Brücke zwischen Automatisierung von Maschinen und der IT-Welt schlagen. Ein direkter Zugriff auf den Steuerungskern ist dabei möglich.
2010: Neues Werk in Reutlingen
In der 2010 eingeweihten WaferFab in Reutlingen baut Bosch ASICs, analoge ICS, Hochleistungsbauelemente und MEMS. Fabless Production ist zwar in Mode, Bosch hat aber andere Kunden als Nvidia und Co.
Embedded-Entwicklung
Etas ist ein Embedded-Entwickler mit 700 Mitarbeitern und 135 Millionen Euro Umsatz (2008), der zu hundert Prozent der Muttergesellschaft Bosch gehört.

Boxberg zufolge erzielte Power Tools im vergangenen Jahr mehr als ein Drittel der Erlöse mit Produkten, die jünger als zwei Jahre waren. 2015 soll der Umsatz wieder deutlich wachsen. Allein in Deutschland kommen im laufenden Jahr mehr als 100 Neuheiten auf den Markt.

Potenzial sieht Boxberg auch in den aufstrebenden Märkten, etwa Brasilien, China, Indien oder Afrika. Dort bietet die Sparte speziell auf die jeweiligen Gegebenheiten abgestimmte, günstigere Produkte an. Dazu zählt auch der russische Markt, an dem Bosch trotz der aktuellen Krisensituation festhalten will. (dpa/tc)