Nach der Krise

Brocade will sich neu erfinden

04.06.2012 von Hartmut  Wiehr
SAN- und Fibre-Channel-Pionier Brocade hat Höhen und Tiefen durchgemacht. Neuen Mut schöpft der Hersteller durch die Verbreitung von Virtualisierung und Cloud.

Brocade war in den letzten Jahren durch Bestechungsvorwürfe gegen die einstige Firmenspitze unter Greg Reyes und eine offenbar fehlgeschlagene Akquisitionspolitik im Fall Foundry ins Gerede gekommen. Groß geworden war Brocade einst durch seine führende Technologie bei Fibre-Channel-Speicher (FC) und bei Storage Area Networks (SANs) und durch eine breit und offen angelegte OEM-Strategie. Der einstige Glanz blätterte ab. Laut einem Bericht im Wall Street Journal hatte sich das Unternehmen sogar selbst zum Kauf angeboten.

Mike Klayko, CEO von Brocade, will im Windschatten von Virtualisierung und Cloud sein Netzwerkunternehmen wieder flott machen.
Foto: Brocade

Selbst die noch vor Foundry aggressiv angelegte Übernahme des Konkurrenten McData, der vorher schon die übrigen FC-Switch- und Director-Anbieter CNT und Inrange aufkaufte, hatte Brocade nicht dauerhaft in seiner Führungsposition halten können. Dazu war der große Rivale Cisco, der aus der Ethernet-Welt kam, einfach zu stark. Ohne große Mühe gelang es Cisco denn auch, sich ebenfalls bei FC und SAN zu etablieren. Außerdem traten mit Juniper, Huawei, Dell und HP (Übernahme von 3Com) neue Player am Netzwerkmarkt auf.

Kunden-Events schrumpften auf Miniformate

Um Brocade wurde es langsam immer stiller, und große Kundenveranstaltungen schrumpften auf Miniformate. Der CEO Mike Klayko, seit 2005 im Amt, bemüht sich inzwischen redlich, seinem Unternehmen wieder neuen Schwung zu verschaffen. Dazu gehören eine neue Partnerstrategie und der Versuch, aktuelle Technologien und Entwicklungen zu besetzen. Bei Brocade ist man der Ansicht, dass sich "die ITK-Industrie durch aktuelle IT-Trends wie Mobility, Social Computing, Cloud Computing und Big Data nachhaltig verändert“. Mobile Endgeräte würden traditionelle Computer schon bald zahlenmäßig übertreffen und neue Anforderungen und Möglichkeiten für die Netzwerkanbieter schaffen.

Brocade spricht sich auch dafür aus, Software-Defined Networking (SDN) und OpenFlow-Lösungen mehr Verbreitung bei den Kunden zu schaffen. Im Juni 2010 gehörte Brocade laut eigener Aussage bereits zu den ersten großen Networking-Anbietern, die sich öffentlich für OpenFlow stark machten. Brocade bietet jetzt OpenFlow für seine Switching- und Routing-Produkte an, um eine Datenflusssteuerung für Ethernet-Netzwerke mit bis zu 100 Gigabit (GbE) zu ermöglichen.

SDN soll ferner den Aufbau von Cloud-Lösungen unterstützen: "Zusammen mit seinen Partnern errichtet Brocade Cloud-Networking-Lösungen für Service Provider und Netzwerkbetreiber auf der ganzen Welt.“ Damit Cloud-Services funktionieren, dürfen Netzwerke keine Aussetzer, Paketverluste oder sonstigen Beschränkungen aufweisen. Die gegebene Situation ist auch eine Chance für Netzwerkbetreiber und -ausrüster, sich in diesem neuen Marktsegment zu bewähren und neue Absatzfelder zu erschließen.

Virtuelle Server und Cloud-Dienste brauchen Netzwerke

Im Gespräch mit CIO.de Drilldown Virtualisierung skizziert Brocade-CEO Klayko, warum man im Zeitalter von Virtualisierung und Cloud-Services neue Geschäftsmöglichkeiten für sich selbst sieht. Aus vielen Kundengesprächen wisse er, dass Virtualisierung und Cloud bei den meisten von ihnen angekommen seien. So könnten Unternehmen auf der Basis von Server-Virtualisierung und internen Cloud-Angeboten neue Applikationen viel schneller als bisher zu den Mitarbeitern bringen. Umständliche Implementierung und lange Genehmigungsprozesse entfallen.

Analysten prognostizieren steilen Anstieg von Virtualisierung.
Foto: Brocade

Die weitere Zukunft von Brocade sieht Klayko gesichert: Fibre Channel und SANs werden noch mindestens ein Jahrzehnt dominierende Architekturen in den Rechenzentren bilden, vor allem weil sie optimale Voraussetzungen für Verteilung und Performance von Anwendungen bieten würden. Mit der weiteren Verbreitung von Virtualisierung und Cloud Computing würde zudem Shared Storage immer wichtiger werden, was ebenfalls den Ausbau der Netzwerke begünstige.

Dabei sei es egal, welche Protokolle die Unternehmen in einem Netz einsetzen: FC, Ethernet, CIFS, NSF, iSCSI, FCoE oder etwas anderes. Entscheidend sei die Connectivity an sich. Klayko: "Wir kümmern uns in Zukunft nicht mehr um Protokolle.“