Fernstudium für Medizinische Informatik

Brückenkopf zwischen Ärzten und Managern

18.08.2008 von Petra Winkler
Im Herbst startet das erste Fernstudium "Medizinische Informatik" für Ärzte - ein Novum im deutschsprachigen Raum. Dort lernen Mediziner systematisch die IT-Welt von Krankenhausinformationssysten bis zur Anbindung der IT an Medizingeräte kennen. Dem CIO wird das gefallen, denn zu oft haperts an der Schnittstelle zwischen IT und Medizinern in den Kliniken. Ein Gespräch mit Florian Schindler, dem Leiter des Fernstudieninstitutes der Technischen Fachhochschule Berlin (THF Berlin).
Der Biotechnologe Florian Schindler ist Leiter des Fernstudieninstitutes der Technischen Fachhochschule Berlin (TFH Berlin) und seit vielen Jahren tätig in der wissenschaftlichen Aus- und Weiterbildung von Fachkräften.

Was ist der Grund für das Fernstudieninstitut der TFH Berlin, ab dem nächsten Wintersemester das Master-Fernstudium "Medizinische Informatik" anzubieten?

Durch die räumliche und organisatorische Nähe zu den Unfallkliniken, der Charité und zum Deutschen Herzzentrum hier in Berlin bietet das Studium die idealen Voraussetzungen für eine Online-Ausbildung in diesem Hochtechnologiebereich. Den Praxisbezug ermöglicht unter anderem die enge Kooperation mit dem Deutschen Herzzentrum und seinem Ärztlichen Direktor, Prof. Roland Hetzer. Nicht zuletzt durch solche Kooperationspartner konnte wichtiges Know-how aus einem realen Klinikbetrieb in den Lehrgang einfließen.

Gibt es zu wenige Ärzte mit IT-Kenntnissen?

Ja, definitiv. Es gibt nicht genug Ärzte mit grundlegenden IT-Kenntnissen und es gibt nicht genug IT-Fachleute mit medizinischem Know-how. Unser Ansatz ist jedoch in erster Linie, medizinisch ausgebildeten Fachleuten zusätzliche fundierte IT-Kenntnisse an die Hand zu geben.

Was sind die Inhalte des Studiums?

Zentrale Themen sind neben den Krankenhausinformationssystemen (KIS) für das Krankenhausmanagement einschließlich elektronischer Krankenakte, Lagerhaltung, Rechnungs- und Personalwesen vor allem die Biosignal- und die Bildverarbeitung, die Biometrie und Epidemiologie, aber auch Themen wie die Anbindung der Medizingeräte an die IT-Systeme.

Mit welchem Zeitaufwand muss ein Teilnehmer rechnen?

Da das Fernstudium berufsbegleitend konzipiert ist, soll es ein Höchstmaß an zeitlicher Flexibilität bieten. Daher der modulare Aufbau. Wie viele Module pro Semester belegt werden, ist jedem Teilnehmer selbst überlassen. Insgesamt müssen 120 Credits erworben werden. Diese verteilen sich auf 5 Semester. Pro Credit muss man mit maximal 30 Lernstunden rechnen, jedoch liegt die Stundenzahl im Durchschnitt je nach Vorkenntnissen weit darunter.

Und welcher Abschluss ist möglich?

Der erste Teil geht über drei Semester. Wer das Studium damit beenden möchte, kann bei seiner Ärztekammer die Zusatzbezeichnung „Medizinische Informatik“ beantragen. Die Ärztekammer hier in Berlin vergibt bereits auf Antrag diese Bezeichnung.

Wer noch den zweiten Teil des Fernstudiums einschließlich Master-Arbeit über zwei weitere Semester absolviert, bekommt von der Technischen Fachhochschule Berlin den Titel eines "Master of Science" verliehen.

Sind Ihre Teilnehmer dann Ärzte mit Zusatzkenntnissen in Informatik? Oder sind es Informatiker, die medizinisches Grundlagenwissen mitbringen?

Nein, es sind zum Großteil Ärzte, die mit diesem Fernstudium zusätzlich fundierte IT-Kenntnisse erworben haben.

Ist damit die Zeit schon reif für den "IT-Arzt", womöglich sogar als eigenes Fachgebiet?

"IT-Arzt"? Klingt gut (lacht), aber ganz so weit ist es noch nicht. Im Augenblick ist es noch ausreichend, Ärzte mit IT-Kompetenz auszustatten. Es gibt natürlich Anwendungen in der Telemedizin, wo sich ein "IT-Arzt" an den Bildschirm setzt und beispielsweise die Erkrankung eines Seemanns auf hoher See diagnostiziert. Die modernen Informatik- und Kommunikationstechnologien leisten heute schon einen entscheidenden Beitrag, um Menschen zu helfen wenn nicht gar zu retten.

Welche beruflichen Möglichkeiten erwarten die Teilnehmer Ihres Master-Programms nach ihrem Abschluss?

Hier liegen bereits Erfahrungswerte aus dem Präsenz-Studiengang der TFH vor. Unsere Absolventen sind zum einen - ganz klassisch - in Krankenhäusern und Kliniken zu finden, wo sie quasi einen Brückenkopf zwischen Ärzten, Patienten, Medizingeräten und dem Krankenhausmanagement vom Einkauf bis zur Abrechnung bilden. Zum anderen werden sie von der medizinischen Industrie, von Hard- und Software-Unternehmen und vor allem auch von der Pharmaindustrie gesucht. Meist haben die Absolventen einen Arbeitsvertrag noch vor dem Abschluss in der Tasche.

Wann geht es los, wie viele Plätze gibt es und sind noch Plätze frei?

Um eine gute Betreuung gewährleisten zu können, wollen wir jetzt zum Wintersemester mit maximal 40 Teilnehmern starten. Zur Zeit sind wir in der Bewerbungsphase, das heißt, Anträge werden noch bis zum 15. September entgegen genommen.