Neuer Personalausweis

Bürger nehmen sich selbst Fingerabdruck ab

29.06.2012 von Johannes Klostermeier
Sie schießen Passbilder, lesen Fingerabdruck und Unterschrift ein: SB-Terminals beschleunigen in Göttingen und Siegburg die Anträge auf neue Personalausweise.

In Göttingen und in Siegburg können die Bürger die nötigen und zeitaufwendigen Vorbereitungen für die Erstellung des neuen Personalausweises selbst erledigen. Die Firma Intraproc aus Ratingen hat zusammen mit der schwedischen Firma Speed Identity in den dortigen Rathäusern Selbstbedienungsterminals aufstellen lassen.

Das SB-Terminal für den neuen Personalausweis oder den biometrischen Reisepass.
Foto: Speed intraproc

Nun heißt es dort „Do-it-yourself" bei der Erstellung von Personalausweis und Reisepass. Das Selbstbedienungsterminal „Speed Capture Station" des Joint-Ventures „Speed Intraproc" ermöglicht die selbständige Abnahme der nötigen biometrische Daten: Foto, Fingerabdruck (beim Reisepass, beim Ausweis auf Wunsch) und die eigene Unterschrift können die Bürger in Eigenregie erfassen.

Terminal passt sich der Körpergröße an

Für die Mitarbeiter und die Bürger sei dies „schnell, einfach und kostengünstig", schreiben die beiden Firmen in einer Erklärung. Speed Identity ist ein Anbieter von Lösungen für Passfotos und ist nach eigenen Angaben Marktführer für die Live-Erfassung biometrischer Daten für hoheitliche Dokumente und Firmenanwendungen.

Durch die eingebaute elektrische Höhenverstellung passe sich das Terminal der Körpergröße an und könne so auch von Kindern genutzt werden. Der Nutzer werde mit visualisierten Hinweisen durch die Erfassung der Daten geleitet. Es beginnt mit der Aufnahme des Fotos. Die Beleuchtung garantiere schattenfreie Fotos in gleichbleibender Qualität, sagen die Anbieter.

Geldautomaten sind schon eine Selbstverständlichkeit. Jetzt kommt der Ausweisautomat.
Foto: NCR

Nach dem Foto werden die Fingerabdrücke erfasst. Parallel zur Erfassung von Foto und Fingerabdrücken erfolgt eine Qualitätsprüfung. Werden die Anforderungen nicht erfüllt, erhält der Nutzer Hinweise zu deren Optimierung, die Erfassung wird dann wiederholt. Der Prozess wird mit der Erfassung der Unterschrift abgeschlossen.

Sachbearbeiter und Bürger sparen Zeit

Mehrere hundert Bürger haben das Terminal in Göttingen seit Februar dieses Jahres bereits genutzt. 44 Prozent der beantragten Pässe seien bisher über den Automaten vorbereitet worden, heißt es aus Göttingen. „Die Beantragung geht wesentlich schneller", sagte Christian Hampe, der im Göttinger Rathaus für Einwohnerangelegenheiten zuständig ist.

Er sieht neben der Einsparung von Papier vor allem eine deutliche Zeitersparnis - sowohl die der Bürger als auch die der Sachbearbeiter. Hampe hatte die SB-Station laut einem Bericht der "Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen" (HNA) auf der Cebit 2011 gesehen und vorgeschlagen, sie auszuprobieren.

Ohne Medienbruch gehen die Daten zum Sachbearbeiter

Von der Station gehen die Daten direkt an den Arbeitsplatz des zuständigen Mitarbeiters, erklärt der Projektleiter bei Speed Intraproc, Stefan Pahmeier. Dort wird die Authentizität noch einmal überprüft und die Daten direkt digital und medienbruchfrei in den Antrag übernommen. Nach anderthalb Stunden werden die Daten in der Station wieder gelöscht.

Die Software kommt in Göttingen von der Anstalt für Kommunale Datenverarbeitung in Bayern (AKDB), die die Schnittstelle der Station in ihr Fachverfahren OK.EWO integriert hat. In Siegburg stammt die Schnittstelle zum Abruf der erfassten Daten von der Berliner Firma HSH Soft- und Hardware für deren Meldebehörden-Software MESO.

Der neue Ausweis dauert länger in der Ausstellung. Jetzt können die Bürger schon einmal vorarbeiten.
Foto: Bundesministerium des Innern (BMI)

Das Terminal selbst kostet rund 20.000 Euro. In einer Erprobungsphase bis Mitte April war die Benutzung für die Bürger kostenlos. Die Erprobungsphase wurde jetzt ausgedehnt auf unbestimmte Zeit. Das Joint-Venture bietet zwei verschiedene Vertragsformen an: Entweder die Stadt kauft den Automaten, betreibt ihn selbst und kassiert die Einnahmen, die aber „unter dem Preis von jeder Fotokabine" liegen sollen, so Hampe. Die Stadt werde wahrscheinlich das Gerät nach der Testphase kaufen. Die Nutzung solle dann vier Euro kosten.

Ein zweites Modell sieht vor, dass der Hersteller die Station selbst betreibt und dafür ein Entgelt wie beim Passbildautomaten verlangt. Mit der Stadt Siegburg besteht ein derartiger Betreibervertrag. Seit Januar 2012 ist die Station beim Bürgerservice der Stadt Siegburg im Einsatz. „Sie wird dort von uns für die Bürger der Stadt betrieben. Für die Inanspruchnahme der Erfassungsdienstleistung zahlt der Bürger sieben Euro", sagt Pahmeier. Er hofft, dass weitere Städte Interesse zeigen. Rund 4500 Kommunen kämen deutschlandweit in Frage.

Vom BSI als einziges Produkt seiner Kategorie zertifiziert

Die Speed Capture Station ist nach Angaben der Hersteller vom BSI zertifiziert, als derzeit einziges Produkt in der Kategorie „Selbstbedienungsterminals (Live Enrollment Stations) zur Produktionsdatenerfassung, -qualitätsprüfung und -übermittlung für hoheitliche Dokumente" in der vom BSI veröffentlichten Liste zertifizierter Produkte.

Als erste Kommune testete die Stadt Monheim am Rhein im vergangenen Jahr die Speed Capture Station. Eine Befragung der Stadt und des Herstellers im Zeitraum 2010 unter 293 Nutzern ergab ein sehr positives Ergebnis:

- Die Frage „Wie schätzen Sie die Dauer des kompletten Erfassungsvorgangs ein?" beantworteten 91 Prozent mit „sehr kurz" oder „kurz".

- Auf die Frage „Wie beurteilen Sie die Bedienung des Terminals und die Benutzerführung?" antworteten 91 Prozent mit „sehr einfach" oder „einfach".

- Die Frage „Werden Sie […] die Benutzung des Terminals empfehlen? beantworteten 95 Prozent mit „ja".

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CW-Schwesterpublikation CIO.