Vertrauliches Konzept

Bund will IT stärker steuern

16.10.2007 von Johannes Klostermeier
Nach einer CIO vorliegenden Studie von McKinsey in Auftrag von Bearing Point erinnern die Aufgaben für den künftigen Bundes-CIO an das Arbeitsspektrum eines Konzern-CIOs: Demnach soll er die IT-Strategie und -Architektur fortschreiben, ein IT-Rahmenkonzept entwickeln, Standards setzen, das strategische IT-Controlling durchführen und zusammen mit dem CTO die internen Dienstleister steuern.

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble, Finanzminister Peer Steinbrück und Kanzleramtsminister Thomas de Maizière sind sich eigentlich einig: Was auf dem ersten nationalen IT-Gipfel am 18. Dezember 2006 beschlossen wurde, soll jetzt umgesetzt werden. Im 12-Punkte-Programm der "Potsdamer Initiative" wurde vereinbart, die Steuerung der IT des Bundes zu verbessern. Dort heißt es: "Erforderlich sind ein professionelles Management von Großprojekten, eine effektive Umsetzungsorganisation und ausreichende Ressourcen für die Projektsteuerung. Dazu gehört die Einrichtung von zentralen IT-Verantwortlichen in den Bundesministerien für deren gesamte Geschäftsbereiche. Die IT-Strategie und -Architektur der Bundesverwaltung soll stärker als bisher in der Bundesregierung gebündelt und koordiniert werden."

Das Bundesinnenministerium hatte in Folge das Beratungsunternehmen Bearing Point und diese als Subunternehmer McKinsey damit beauftragt, einen Umsetzungsvorschlag zu erarbeiten. Die 137 Seiten starke Studie trägt den Titel "IT-Steuerung Bund/CIO-Konzept". "Bei einem strategisch so wichtigen Thema wollte man wohl eine unabhängige dritte Meinung einholen, die über Erfahrungen aus der Industrie und dem Ausland verfügt, wie die dort erfolgreichen Modelle zur IT-Steuerung aussehen“, sagt Jon Abele, Leiter des Geschäftsbereiches Public Sector bei Bearing Point.

Anfang September stellten die Berater ihr Konzept in einer mehrstündigen Sitzung Innenminister Schäuble, Finanzminister Steinbrück sowie Kanzleramtsminister de Maizière vor. "Das Feedback war im Grundsatz positiv", sagt Abele. "Derzeit wird es zwischen den beteiligten Häusern abgestimmt. Selbstverständlich ist es dem Innen- und dem Finanzministerium überlassen, ob und welche Teile sie davon umsetzen."

In Österreich, Großbritannien und den USA sind bereits CIOs in der Regierung unterwegs.

Anderswo, zum Beispiel in Österreich, Großbritannien und den USA ist eine stärkere zentrale Steuerung der Regierung schon längst Normalität. Berater Abele: "Wir haben mit den IT-Verantwortlichen in der Bundesverwaltung Gespräche geführt und Best Practices der IT-Steuerung in anderen Ländern und der Industrie herausgearbeitet. Daraus wurden Guiding Principles abgeleitet, die zeigen, was diese gemeinsam haben. In unserem Konzept haben wir Alternativen, wie eine IT-Steuerung in Deutschland konstituiert werden kann, dargestellt, bewertet und ein Modell empfohlen."

Profilbeschreibung

Das "vertrauliche" Konzept, das CIO vorliegt, sieht vor:

Für jedes Ressort soll es als zentral Verantwortlichen und als Steuerungsinstanz der IT im Geschäftsbereich zusätzlich einen Ressort-CIO im Range eines Abteilungs- oder Unterabteilungsleiters geben.

Nachfrage- und Angebotsseite werden getrennt. Ein IT-Dienstleister, "Bund CIO-Organisation", wird schrittweise als zentralisierte Einheit des Innen- oder Finanzministeriums neu geschaffen. Für das Management soll es einen Chief Technology Officer (CTO) geben.

Für die ressortübergreifende Beratung wird ein CIO-Ausschuss aus Ressort-CIOs und CTO eingerichtet.

Heftig umstritten zwischen den Häusern ist allerdings derzeit der wichtigste Vorschlag des Gutachtens:

An der Spitze soll es einen "CIO Bund" geben, der als beamteter Staatssekretär sowohl im Bundeskanzleramt als auch im Innen- oder Finanzministerium verankert ist.

Die Ressorts sollen dem Konzept zufolge ihre IT-Budgets weiterhin selbst verantworten. Aufträge für IT-Projekte, die nicht den definierten Standards genügen, müsste ihnen jedoch der Bundes-CIO genehmigen. Das würde jedoch Artikel 65 des Grundgesetzes berühren, worin explizit steht: "Innerhalb dieser Richtlinien (des Bundeskanzlers, Anm. d. Redaktion) leitet jeder Bundesminister seinen Geschäftsbereich selbständig und unter eigener Verantwortung."

Wilfied Erber, Geschäftsführer bei Bearing Point, verweist auf die Privatwirtschaft: "Die Firma E.ON ist zentral gesteuert. Ihre operativen Einheiten agieren aber dezentral und selbständig. Die IT-Steuerung liegt in der Verantwortung der einzelnen Firmen. Trotzdem ist es eine Notwendigkeit, dass E.ON einen zentralen Konzern-CIO eingestellt hat, der die Koordination übernimmt. Das können Sie auf den Bund übertragen, wo es verschiedenste Interessen gibt, wo es aber wichtig ist, dass der Bund in IT-Fragen mit einer Stimme spricht."

Gäbe es denn einen neuen starken IT-Mann des Bundes, dann würde er auf jeden Fall alle Hände voll zu tun haben. Laut Konzept soll er nämlich die IT-Strategie und -Architektur fortschreiben, ein IT-Rahmenkonzept entwickeln, Standards setzen, das strategische IT-Controlling durchführen und zusammen mit dem CTO die internen Dienstleister steuern.

Die Einführung eines obersten CIO des Bundes, würde auch die CIO-Diskussion in den Ländern positiv beeinflussen, meint man bei Bearing Point. Geschäftsführer Erber: "Dann wird jedes Land einen eigenen CIO zur Vertretung der Länderinteressen aufstellen. Das würde die IT in Deutschland im öffentlichen Bereich gewaltig nach vorne bringen."

Bis Ende Oktober wollen die Ministerien sich weitgehend geeinigt haben.