Verschwendung von Steuergeldern

Bundesregierung schlampt beim Lizenz-Management

28.08.2018 von Martin Bayer
Die Bundesregierung hat offenbar keine Ahnung, welche Software zu welchen Kosten wo in der Bundesverwaltung eingesetzt wird. Das hat eine Anfrage aus den Reihen der Bundestagsfraktion "Die Linke" ergeben. Abhilfe soll nun ein "Grobkonzept Lizenzmanagement" schaffen, das derzeit erarbeitet wird.

Die Bundesregierung verschleudert Steuergelder durch Misswirtschaft bei Softwarelizenzen. Das wirft Victor Perli, Bundestagsabgeordneter von "Die Linke" und Mitglied des Haushaltsausschusses im Bundestag den Regierungsparteien CDU/CSU und SPD vor. Der Politiker wollte wissen, wieviel Geld für welche Software-Produkte insgesamt in welchen Behörden ausgegeben wird, und ob gebrauchte oder nicht genutzte Lizenzen zwischen Behörden getauscht werden, um zu sparen und Steuergelder möglichst effizient einzusetzen. Die Antworten, die Perli auf seine Fragen erhielt, fielen ernüchternd aus (PDF-Link).

Mit dem Miss-Management bei der Verwaltung von Softwarelizenzen verschleudert die Regierung Steuergelder.
Foto: canbedone - shutterstock.com

Demzufolge hat die Bundesregierung keine Aufstellung darüber, welche Software-Produkte für welchen Preis von welcher Behörde verwendet werden. Unbekannt sei nicht nur der Lizenzbestand an sich, sondern auch, ob und in welcher Form überhaupt entsprechende Informationen und Daten darüber in den einzelnen Behörden vorliegen, musste die Regierung einräumen. "Gegenwärtig existieren keine konsolidierten und standardisierten Vorgaben und Prozesse für Lizenzbeschaffung und -management in der Bundesverwaltung."

Dieses Eingeständnis kommt für die Regierungskoalition zu einem ungünstigen Zeitpunkt, bemühen sich die Regierenden doch gerade, ihre Digitalisierungsbestrebungen ins Rampenlicht zu stellen. Doch alle Beteuerungen, innovative Digitalisierungsprojekte vorantreiben zu wollen, wirken unglaubwürdig, wenn es nicht einmal gelingt, die grundlegenden Hausaufgaben eines funktionierenden IT-Betriebs in den Griff zu bekommen.

Bundesrechnungshof kritisiert Lizenzeinsatz

Von einem effizienten kostensparenden Softwareeinsatz kann offenbar keine Rede sein. Überschüssige Lizenzen aus Volumenverträgen mit den Herstellern sowie nicht mehr benötigte Softwarelizenzen würden weder weiterveräußert noch in der bestehenden Lizenzbörse anderen Bundesbehörden angeboten. Das hat eine von 2014 bis 2017 vom Bundesrechnungshof durchgeführte Querschnittsprüfung ergeben.

Zwar sei den Behörden die Existenz der Lizenzbörse bekannt gewesen, heißt es in der Antwort der Bundesregierung. Jedoch hätte die überwiegende Zahl der Bundesbehörden rechtliche Bedenken gehabt, ob und in welchem Umfang eine Veräußerung beziehungsweise Abgabe der Lizenzen rechtlich zulässig sei.

Diese Zweifel kann Linken-Politiker Perli nicht nachvollziehen. Schließlich gebe es zahlreiche Urteile zur Rechtmäßigkeit des Weiterverkaufs oder Tauschs gebrauchter Software oder überschüssiger Lizenzen aus Volumenverträgen. "Dieses Versäumnis könnte einen Verstoß gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung bedeuten, der Sparsamkeit bei der Verwendung der Steuergelder vorschreibt", lautet Perlis Schlussfolgerung.

"Desorganisation und Geheimniskrämerei"

Bei Millionen-Ausgaben für Software guckt die Regierung einfach nicht hin, ärgert sich Linken-Politiker Victor Perli.
Foto: Victor Perli / Die Linke

"Seit 30 Jahren nutzen wir Computer und Software. Bis heute gibt es auf Bundesebene aber kein organisiertes Software-Lizenzmanagement. Wenn sich jede Behörde eigenständig um ihre Software und Lizenzen kümmern muss, ist das ganz sicher nicht wirtschaftlich", erklärt Perli. "Die Desorganisation und Geheimniskrämerei der öffentlichen Hand bei ihrer Software liegt auch am massiven Lobbydruck großer Firmen, die nicht wollen, dass ihr Monopol in Frage gestellt wird."

Der Politiker verweist unter anderem auf die Antwort der Regierung aus einer früheren Anfrage, wonach der Bund für einen Zeitraum von fünf Jahren mehr als 250 Millionen Euro allein an Microsoft zahle. "Jobcenter klagen wegen Cent-Beträgen gegen Bedürftige, aber bei den Millionen-Ausgaben für Software guckt die Regierung einfach nicht hin", ärgert sich der Politiker und fordert: Das Parlament müsse regelmäßig kontrollieren.

Die IT-Chefs der Bundesländer
Markus Richter, Bundes-CIO
BAMF-Vizepräsident Markus Richter ist Bundes-CIO. Er löste Klaus Vitt ab, der Ende April 2020 in den Ruhestand ging.
Christian Pfromm, CDO von Hamburg
Christian Pfromm ist seit Januar 2018 neuer CDO der Stadt Hamburg Sein genauer Titel lautet: "Chief Digital Officer / Leiter des Amtes für IT und Digitalisierung". Der CDO berichtet an den 1. Bürgermeister der Stadt Hamburg und an den Chef der Senatskanzlei. Zuvor war Pfromm von Juni 2011 bis Dezember 2017 Group CIO der BHF-Bank AG. CIO Jörn Riedel berichtet an ihn.
Andreas Meyer-Falcke, Beauftragter der Landesregierung NRW für Informationstechnik (CIO)
Der langjährige nordrhein-westfälische Landes-CIO Hartmut Beuß verabschiedet sich zum 31. August 2020 in den Ruhestand. Seine Nachfolge im Wirtschafts- und Digitalministerium als Beauftragter für Informationstechnik tritt Andreas Meyer-Falcke an. Meyer-Falcke kommt von der Landeshauptstadt Düsseldorf, wo er seit August 2012 als Beigeordneter für die Bereiche Personal, Organisation, IT, Gesundheit und Bürgerservice tätig ist. In der Rolle trägt er unter anderem die Verantwortung für die Digitalisierung der Kommunalverwaltung.
Bernd Schlömer, Landes-CIO von Sachsen-Anhalt
Bernd Schlömer ist seit Oktober 2021 CIO des Landes Sachsen-Anhalt. Er folgte auf Rüdiger Malter, der das Amt seit April 2020 innehatte.
Fedor Ruhose, Landes-CIO von Rheinland-Pfalz
Staatssekretär Fedor Ruhose (SPD) verantwortet als CIO und CDO die IT und digitale Transformation des Landes Rheinland-Pfalz.
Hartmut Schubert, CIO in Thüringen
Hartmut Schubert ist seit Dezember 2014 Staatssekretär im Thüringer Finanzministerium. Der Titel CIO kommt in der „Richtlinie für die Organisation des E-Government und des IT-Einsatzes in der Landesverwaltung des Freistaats Thüringen“ nicht vor. Dennoch erfüllt Schubert, der Beauftragte des Freistaats Thüringen für E-Government und IT, genau die Aufgaben und die Funktion des CIO. Mit dem Kabinettbeschluss der Richtlinie vom 7. Juli 2015 erhält Thüringen deshalb als letztes Bundesland einen Landes-CIO.
Thomas Popp, Staatssekretär für Digitale Verwaltung und Verwaltungsmodernisierung als Mitglied der Sächsischen Staatsregierung (CIO)
Im Januar 2020 ernannte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) CIO Thomas Popp zum Staatssekretär für Digitale Verwaltung und Verwaltungsmodernisierung als Mitglied der Staatsregierung (CIO). Popp war bisher Landes-CIO in Sachsen.
Ina-Maria Ulbrich, Staatsekretärin, Mecklenburg-Vorpommern
Ina-Maria Ulbrich ist seit November 2016 Staatsekretärin im neu geschaffenen Ministerium für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung Mecklenburg-Vorpommern. Aus "Landesentwicklung" wurde nun "Digitalisierung". Die Juristin wurde 2002 Regierungsrätin und Referentin im Umweltministerium, beim Landkreis Ostvorpommern und im Wirtschaftsministerium. Von 2006 bis 2008 leitete sie das Büros des Ministers für Verkehr, Bau und Landesentwicklung, von 2008 bis 2011 war Ulbrich Leiterin des Büros des Ministerpräsidenten. Ulbrich vertritt das Land auch im IT-Planungsrat.
Ralf Stettner, CIO in Hessen
Ralf Stettner ist Chief Information Officer und Bevollmächtigter der Hessischen Landesregierung für E-Government und Informationstechnologie (CIO) und folgt damit Patrick Burghardt, der im Januar 2024 das Amt des Oberbürgermeisters von Rüsselsheim übernahm. Stettner hatte von Ende 2018 bis Anfang 2024 die Position des Chief Information Security Officers (CISO) in der hessischen Landesverwaltung inne und war Leiter der Abteilung Cyber- und IT-Sicherheit und Verwaltungsdigitalisierung im Hessischen Ministerium des Innern und für Sport.
Stefan Krebs, CIO in Baden-Württemberg
Seit dem 1. Juli 2015 leitet Stefan Krebs die IT-Geschicke des Landes Baden-Württemberg als Beauftragter der Landesregierung für Informationstechnologie (CIO/CDO). Der Diplom-Verwaltungswirt kennt sich mit Banken und IT-Sicherheit aus. Zu seinen ersten Aufgaben gehörte die Feinplanung für die schrittweise Bündelung der bisher dezentralen IT-Einheiten der Landesverwaltung.
Sven Thomsen, CIO von Schleswig-Holstein
Seit Mitte Juli 2013 lenkt Sven Thomsen als CIO des Landes Schleswig-Holstein die Geschicke des Zentralen IT-Management Schleswig-Holstein (ZIT-SH). Im ZIT-SH sind die Aufgaben der ressortübergreifenden IT- und Finanzensteuerung für alle Fragen der Informations- und Kommunikationstechnologie zentralisiert. Wie auch in Hamburg ist Sven Thomsen nicht Staatssekretär und gehört nicht dem IT-Planungsrat an. Im IT-Planungsrat wird Schleswig-Holstein durch Knud Büchmann, Beauftragter der Landesregierung Schleswig-Holstein für Zentrale IT-, Organisations- und Personalentwicklung vertreten. Seit Mitte 2017 ist Thomsen an das neue Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung (MELUND) angedockt.
Elena Yorgova-Ramanauskas, CIO im Saarland
Elena Yorgova-Ramanauskas, ist seit Juni 2022 Chief Digital Officer (CIO) im Saarland. Seit 2022 ist sie Staatssekretärin im Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitales und Energie.
Judith Gerlach, Staatsministerin für Digitales in Bayern
Die Landtagsabgeordnete und Rechtsanwältin Judith Gerlach (CSU) ist seit November 2018 Staatsministerin für Digitales in Bayern. Das Ministerium wurde neu geschaffen. Das neue Staatsministerium übernimmt die Grundsatzangelegenheiten und die Koordinierung der Digitalisierung Bayerns, die bisher bei der Staatskanzlei angesiedelt waren. Das Ministerium soll sich außerdem um die strategischen Fragen der digitalen Verwaltung kümmern.
Jörn Riedel, CIO von Hamburg
Seit 2008 hat Hamburg einen CIO. Den Posten hat seitdem Jörn Riedel inne. Angesiedelt ist er bei der Finanzbehörde der Hansestadt. Beim dortigen Amt für Organisation und Zentrale Dienste ist Riedel Abteilungsleiter für E-Government und IT-Steuerung. Anders als in anderen Bundesländern ist CIO Riedel nicht Staatssekretär - und gehört nicht dem IT-Planungsrat an. Hamburg vertritt in dem Bund-Länder-Gremium der Staatsrat der Finanzbehörde, Jens Lattmann. CIO Jörn Riedel verantwortet derzeit gleich mehrere übergreifende IT-Projekte in Hamburg.
Cornelius Everding, CPIO von Brandenburg
In Brandenburg fließen die Fäden in IT-Angelegenheiten nicht bei einem CIO zusammen sondern beim CPIO - dem Chief Process Innovation Officer. Mit dieser Bezeichnung soll die Orientierung an Prozessen betont werden, sagte gegenüber CIO.de Cornelius Everding, der das Amt seit seiner Schaffung im August 2008 innehat. Everding sieht sich nicht als alleine für IT zuständig an, sondern setzt auf einen Dreiklang: Mit dem CPIO kümmern sich um IT-Themen der zentrale IT-Dienstleister von Brandenburg und der sogenannte RIO-Ausschuss, die Runde der Ressort Information Officers. Aktuelles Thema ist das Forschungsprojekt "Stein-Hardenberg 2.0". Der Bund, Hamburg und Berlin, der öffentlich-rechtliche IT-Dienstleister Dataport und das Potsdamer Institut für E-Government bearbeiten die Frage, wie sich das Gemeinwesen mit modernen Werkzeugen organisieren lässt. Den CPIO hat Brandenburg beim Innenministerium angesiedelt. Amtsinhaber Everding ist nicht Staatssekretär, weshalb er - wie Kollegen aus anderen Ländern - nicht im IT-Planungsrat sitzt. Dort spricht Innenstaatssekretär Rudolf Zeeb für das Bundesland.
Hans-Henning Lühr, Staatsrat im Bremer Finanzressort
In Bremen ist die CIO-Funktion beim Staatsrat des Finanzressorts angesiedelt, Hans-Henning Lühr. Ihm direkt zugeordnet ist die Stabsstelle "Zentrales IT-Management und E-Government", die von Martin Hagen geleitet wird. Ein aktuelles Projekt der Bremer IT ist der einheitliche "Verwaltungs-PC": Ziel ist eine Standardisierung und die Professionalisierung des IT-Supports über alle Dienststellen hinweg. Im IT-Planungsrat vertritt Lühr Bremen.
Horst Baier, CIO von Niedersachsen
Das Land Niedersachsen hat am 20. März 2020 Horst Baier zum IT-Bevollmächtigten ernannt. Formal agiert der 57-Jährige als IT-Bevollmächtigter und leitet die Stabsstelle "Informationstechnik der Landesverwaltung".
Stefan Latuski, CIO der Bundesagentur für Arbeit
Stefan Latuski leitet ab 1. August 2023 als CIO die IT-Geschicke der Bundesagentur für Arbeit - zunächst kommissarisch.

Das soll künftig wohl passieren. So plant die Bundesregierung eigenen Angaben zufolge für die Zukunft die Einführung eines zentralen Lizenzmanagements in der Bundesverwaltung. Die Gesamtprojektleitung der IT-Konsolidierung Bund (PDF-Link), die das Projekt federführend betreut, habe zu diesem Zweck bereits im Juni 2018 ein "Grobkonzept Lizenzmanagement" vorgelegt. Diese sollen im Laufe der kommenden Monate konkretisiert werden, hieß es in der Antwort auf Perlis Anfrage.

Regierung will Softwarelizenzen besser managen

Der Plan sieht offenbar vor, den Lizenzbestand der Bundesbehörden im Zuge der Betriebskonsolidierung sukzessive zu erfassen und zu analysieren. Darüber hinaus sollen ein einheitliches Einkaufssystem sowie ein Management-System für die vertragliche und technische Verwaltung von Softwarelizenzen eingeführt werden.

Ferner ist geplant, einheitliche Vorgaben für die Erfassung der Lizenzbestände zu entwickeln sowie die Softwareportfolios der Bundesverwaltung zu konsolidieren. Wann der Plan fertig ist und die Maßnahmen greifen, steht allerdings noch in den Sternen. Einen Zeitplan für ein funktionierendes Lizenzmanagement in der Bundesverwaltung gibt es offenbar nicht.